Conan-Saga 17 - Conan der Eroberer
»Ist er hier?«
»Weshalb sucht Ihr ihn?« entgegnete sie.
»Er hat etwas, was mir gehört, und das gestohlen wurde.«
»Ich führe Euch zu ihm«, erbot sie sich sofort und weckte dadurch Conans Mißtrauen.
»Versucht nicht, mich hereinzulegen, Mädchen!« knurrte er.
»Ich habe nicht die Absicht«, versicherte sie ihm. »Ich empfinde keine Zuneigung für Thutothmes.«
Conan zögerte, dann entschied er sich. Schließlich war er nicht weniger in ihrer Gewalt, als sie in seiner.
»Halt dich an meiner Seite«, wies er sie an. Er nahm die Finger von ihrer Kehle und legte sie um ihr Handgelenk. »Aber hüte dich! Machst du auch nur eine verdächtige Bewegung ...«
Sie führte ihn den schrägen Korridor immer tiefer hinunter, bis schließlich keine Pechlampen mehr glommen. Er hielt sich dicht neben der Frau an seiner Seite und tastete sich mit den Füßen vorsichtig weiter. Als er sich einmal an seine Begleiterin wandte, drehte sie ihm das Gesicht zu, und er erschrak, als er sah, daß ihre Augen wie goldene Feuer in der Finsternis brannten. Zweifel befielen ihn, und vage, schreckliche Befürchtungen erwachten, aber er folgte ihr durch ein Labyrinth schwarzer Korridore, das selbst seinen Richtungssinn verwirrte. Insgeheim verfluchte er sich, daß er sich in diesen dunklen Irrgarten hatte führen lassen, doch jetzt war es zu spät, umzukehren. Wieder spürte er Leben und Bewegung in der Finsternis um ihn und fühlte Gefahr und gierigen Hunger fast greifbar in der Schwärze. Er glaubte, ein schwaches schabendes Geräusch gehört zu haben, das auf ein gemurmeltes Wort des Mädchens sofort verstummte. Da war er sich nicht mehr sicher, ob er sich nicht getäuscht hatte.
Schließlich brachte sie ihn in einen Raum, der von schwarzen Kerzen in einem siebenarmigen Leuchter gespenstisch erhellt wurde. Er wußte, daß sie sich tief unter der Erde befanden. Die Wände und Decke des quadratischen Raumes waren aus glänzendem schwarzen Marmor, und auf die Art der alten Stygier ausgestattet. Ein Ebenholzdiwan war mit schwarzem Samt bezogen, und auf einer Plattform aus schwarzem Stein lag ein reichverzierter Sarkophag.
Erwartungsvoll blieb Conan stehen und blickte auf die dunklen Türbogen in den Wänden. Aber das Mädchen machte keine Anstalten weiterzugehen. Mit katzengleicher Grazie streckte sie sich auf dem Diwan aus, verschränkte die Finger hinter dem schmalen Kopf und betrachtete Conan unter den langen geschwungenen Wimpern.
»Nun?« fragte er ungeduldig. »Was soll das? Wo ist Thutothmes?«
»Es ist doch keine Eile«, antwortete sie lässig. »Was ist schon eine Nacht – oder ein Jahr, oder auch ein Jahrhundert? Nehmt Eure Maske ab und laßt Euer Gesicht sehen.«
Verärgert zerrte Conan das schwere Stück vom Kopf. Das Mädchen nickte zufrieden, als sie das narbige Gesicht und die funkelnden Augen betrachtete.
»Es steckt Kraft in Euch – große Kraft! Ihr könntet einen Ochsen erwürgen.«
Unruhig verlagerte er sein Gewicht. Sein Mißtrauen wuchs. Mit der Hand um den Dolchgriff spähte er durch die dunklen Türöffnungen.
»Wenn Ihr mich in eine Falle geführt habt, werdet Ihr nicht lange genug leben, Euch über Eure List zu freuen. Steht Ihr jetzt von Eurem Diwan auf und haltet Euer Versprechen, oder muß ich ...«
Er verstummte. Sein Blick war auf den Sarkophag gefallen, auf dessen Deckel die Gestalt des in ihm Ruhenden in Elfenbein, mit der vergessenen lebensnahen Kunst uralter Zeit, abgebildet war. Das geschnitzte Gesicht war Conan auf beunruhigende Weise vertraut. Er erschrak, als ihm bewußt wurde, wem es ähnelte: dem Mädchen, das lässig auf dem Ebenholzdiwan ruhte. Sie hätte dem Künstler Modell stehen können, wenn nicht feststünde, daß der Sarkophag zumindest Jahrhunderte alt war. Archaische Hieroglyphen waren in den glänzenden Deckel geprägt. Conan, der in seinem abenteuerlichen Leben so manches gelernt hatte, kramte in seinem Gedächtnis, dann las er stockend die Glyphen: »Akivasha!«
»Ihr habt von Prinzessin Akivasha gehört?« fragte das Mädchen auf dem Diwan.
»Wer nicht?« entgegnete er. Der Name dieser so schönen wie verruchten Prinzessin alter Zeit war jetzt noch in Balladen und Legenden auf der ganzen Welt bekannt, obgleich zehntausend Jahre vergangen waren, seit die Tochter Tuthamons rauschende Feste in den schwarzen Sälen des alten Luxurs gegeben hatte.
»Ihre einzige Sünde war, daß sie das Leben und alles, was es geben konnte, liebte«, sagte die Stygierin. »Um das Leben
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