Conan-Saga 22 - Conan der Verteidiger
der ohnedies bald sterben mußte.
Schließlich schob Conan den leeren Krug von sich und kaute am letzten Stück Wurst. Dann holte er sich eine der Binsenfackeln von der Wand und machte sich daran, einen Weg aus dem Palast zu finden.
Bald stellte er jedoch fest, daß diese uralten Gänge ein wahres Labyrinth waren. Keiner verlief gerade, immer wieder kreuzten sie sich mit anderen und verliefen in unmöglichen Biegungen. Nun wunderte er sich nicht mehr, daß man die Geheimgänge unter dem Palast bisher nicht mehr wiederentdeckt hatte, war es doch schwierig genug, sich in diesen zurechtzufinden.
Als er eine weitere pechschwarze Kreuzung überquerte, bemerkte er, daß seine Fußabdrücke sich mit anderen mischten – mit ebenfalls frischen! Er bückte sich, um sie näher zu betrachten, und richtete sich fluchend auf. Auch das waren seine eigenen Spuren. Er war also im Kreis herumgelaufen, und es könnte sein, daß er es weiter tat, bis er verhungerte.
Grimmig entschlossen folgte er seiner eigenen Fährte, bis er zu einer Gabelung kam. Die Spur im Staub führte nach links, so bog er nach rechts ab. Kurz darauf stieß er erneut auf seine eigenen Fußabdrücke, doch diesmal verlor er keine Zeit mit Verwünschungen. Er rannte zur nächsten Biegung, und wieder nahm er den entgegengesetzten Weg als zuvor, das nächstemal ebenfalls und alle weiteren Male.
Nun fielen die Gänge leicht schräg ab, trotzdem lief Conan weiter, auch als er Korridore erreichte, die so dicht mit trockenen Spinnweben behangen waren, daß sie von seiner Fackel Feuer fingen. Umzukehren versprach keine größere Chance des Entkommens, als weiter vorwärts zu laufen, im Gegenteil, er würde vermutlich nur den Goldenen Leoparden in die Arme rennen.
An einer Gabelung bog der Cimmerier nach rechts ab – das letztemal war er nach links gelaufen – und blieb stehen. Weit vor ihm glühte etwas, das ganz sicher kein Ausgang ins Freie war. Leicht auf und ab hüpfend kam es näher.
Hastig eilte er zurück und tauchte in die andere Abbiegung. Auf leisen Sohlen huschte er zwanzig Schritt weit, dann warf er die Fackel nach vorn, soweit es ging. Die Flammen flackerten, dann erloschen sie, und er stand in tiefster Finsternis.
Mit dem Dolch in der Hand duckte er sich, der Gabelung zugewandt. Wenn die Näherkommenden die andere Richtung nahmen, wäre er zwar ohne Licht, aber am Leben. Wenn nicht ...
Gedämpftes Licht näherte sich der Gabelung. Es wurde allmählich heller und beleuchtete zwei Gestalten mit Schwertern in den freien Händen. Der Cimmerier lachte fast. Es waren Hordo und Karela, aber jene Karela, die er früher gekannt hatte. Die grauen Seidengewänder der nemedischen Edlen hatten goldenen Brustschalen und einem schmalen Goldgürtel, besteckt mit Smaragden tief um die wohlgerundeten Hüften, weichen müssen. Vom Gürtel hingen Streifen blaßgrüner Seide, und um die Schultern hatte sie ein smaragdgrünes turanisches Cape geworfen.
»Hordo!« rief Conan. »Hätte ich gewußt, daß du kommen würdest, hätte ich nicht den ganzen Wein allein getrunken.« Scheinbar gleichmütig schlenderte er den beiden entgegen.
Die zwei wirbelten herum, sie hoben sowohl die Schwert- als auch die Fackelhand, während sich Männer in Schuppenpanzer im Korridor drängten, der zur Gabelung führte. Machaon, Narus und weitere vertraute Gesichter seiner freien Söldnerschar kamen ins Licht.
Hordo bemerkte Conans Wunden, erwähnte sie jedoch nicht. »Das sieht dir gar nicht ähnlich, daß du mir den ganzen Wein wegtrinkst. Aber vielleicht finden wir irgendwo noch welchen.«
Karela warf dem Einäugigen einen mörderischen Blick zu und schob ihre Fackel in Machaons Hand. Mit sanften Fingern untersuchte sie Conans Verletzungen und zuckte zusammen, als spüre sie den Schmerz, den er dabei empfinden mußte.
»Ich wußte, daß du deine Meinung ändern würdest«, sagte Conan und griff nach ihr.
Sie schlug ihm die Hand übers Gesicht und wich einen Schritt zurück. Mit halberhobener Klinge fauchte sie: »Ich sollte dich zu den Wölfen zurückwerfen!«
Irgendwo in der Finsternis, hinter den Gerüsteten, rief eine Stimme, aber sie war zu weit entfernt, als daß man sie hätte verstehen können. Eine zweite antwortete, und beide wurden noch leiser, als die Rufenden sich entfernten.
»Sie sind hinter mir her«, sagte Conan leise. »Wenn ihr einen Weg hier heraus wißt, dann schlage ich vor, daß wir ihn nehmen. Sonst müssen wir möglicherweise gegen ein paar hundert Goldene
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