Conan-Saga 23 - Conan der Unbesiegbare
wippten. Wenn die Sonne hoch stand, stolzierten dahinter Pfauen zwischen fremdartigen Blumen von weither, und geschmeidige Maiden tanzten für den betrunkenen König. Jetzt, in dunkler Nacht, hoben sich Elfenbeintürme mit Bogenfriesen und goldverzierte Kuppeln vom Himmel ab.
Conan zählte im Schatten des Platzes um den Palast die Schritte der Wachen, wenn sie aufeinander zumarschierten und sich wieder voneinander entfernten. Stiefel und Umhang hatte er im Schulterbeutel, um lautes Aneinanderschlagen seines Handwerkzeuges zu verhindern. Das Schwert hatte er sich um den Rücken geschlungen, so daß der Griff über der rechten Schulter emporragte, und der karpashische Dolch steckte in seiner Scheide am linken Unterarm. Er hielt ein Seil aus schwarzgefärbter Rohseide mit einem Enterhaken an einem Ende. Als die Wächter vor ihm sich wieder auf halbem Weg trafen und sich trennten, rannte er aus seiner Deckung. Seine bloßen Füße verursachten kaum einen Laut auf den grauen Pflastersteinen des Platzes. Im Laufen begann er das Seil zu schwingen. Er hatte nicht viel Zeit, bis die Wachen das Ende ihrer Runde erreichten und umkehrten. Beim Fuß der Mauer angelangt, warf er den umwickelten Enterhaken hoch. Mit einem gedämpften Klacken krallte er sich fest. Probehalber zog Conan daran. Dann kletterte er daran die Mauer so schnell hoch wie ein anderer eine Treppe.
Er legte sich flach auf die Mauerbrüstung und betrachtete den Enterhaken. Nur eine Spitze hatte sich festgehakt, und ein Kratzer im Stein verriet, daß sie gerutscht war. Noch ein Fingerbreit mehr ... Aber für solche Überlegungen war jetzt keine Zeit. Er zog das schwarze Seil hoch und ließ sich in den Garten fallen. Zusammengekauert, um die Wucht des Aufpralls zu dämpfen, landete er zwischen raschelnden Büschen direkt an der Mauer.
Über ihm näherten sich die Wächter einander. Ihre Schritte schallten auf dem Stein. Conan hielt den Atem an. Wenn sie den Kratzer bemerkten, würden sie zweifellos Alarm schlagen. Die Wachen tauschten gemurmelte Worte aus und trennten sich wieder. Conan wartete, bis ihre Schritte sich entfernten, dann rannte er leichtfüßig vorbei an hohen Farnen, die über seinen Kopf reichten, und Kletterpflanzen mit hellen Blüten.
Irgendwo im Garten schrie ein Pfau wie eine klagende Frau. Conan verfluchte denjenigen, der mitten in der Nacht in den Garten gewandert sein und den Vogel geweckt haben mußte. Zweifellos würden seine Schreie die Aufmerksamkeit der Wachen erregen. Er beschleunigte den Schritt. Er mußte unbedingt im Palast sein, ehe jemand kam, um nachzusehen.
Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß je höher er sich über einem Erdgeschoßeingang befand, desto wahrscheinlicher war, daß man glaubte, er habe ein Recht, im Innern zu sein, falls er gesehen wurde. Begab er sich von einem unteren zu einem oberen Stockwerk, hielt man ihn vielleicht auf, doch nie im umgekehrten Fall, nein, nie. Sah ihn tatsächlich jemand, würde er ihn für einen Diener oder Leibwächter halten, der von seinem Herrn zu seiner Unterkunft zurückkehrte, und er würde sich nichts dabei denken. Im Laufen studierte er die weiße Marmorwand des Palasts und hielt Ausschau nach Balkonen, hinter denen kein Licht brannte. In Dachnähe, etwa hundert Fuß über dem Garten, entdeckte er einen solchen.
Die bleiche Marmorwand war mit einem Blumenrelief verziert, das Fingern und Zehen guten Halt bot. Für einen, der als Kind an den steilen Felswänden Cimmeriens gespielt hatte, war das so gut wie ein Pfad. Während er ein Bein über die Marmorbrüstung des Balkons schwang, schrie ein Pfau erneut, und diesmal verstummte sein Schrei fast sofort wie abgewürgt. Conan spähte zu den Wächtern auf ihrer Runde hinunter. Es schien ihnen nichts aufgefallen zu sein. Trotzdem war es angebracht, die Anhänger so schnell wie möglich in die Hand zu bekommen und wieder zu verschwinden. Welcher Narr da auch herumwanderte – und möglicherweise Pfauen abwürgte –, würde die Wachen ganz sicher früher oder später aufmerksam machen.
Er glitt durch die Damastvorhänge an der offenen Balkontür und war schon halb durch das Gemach dahinter, als ihm bewußt wurde, daß er nicht allein war. Unter dem Baldachin des großen Bettes atmete jemand, der sich plötzlich unter den Decken rührte.
Blitzschnell den Dolch ziehend, sprang er zum Bett. Seidene Schleierbehänge rissen, und sein wilder Angriff warf ihn mitsamt dem, der im Bett gelegen hatte, auf der anderen Bettseite auf den
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