Conan-Saga 40 - Conan der Held
wurden so in die Hauptstadt geschafft. Dadurch wirkte der junge schlanke Eunuch im kostbaren Gewand des königlichen Palasts besonders fehl am Platz. Boshafte oder erstaunte Bemerkungen über sein Parfüm oder die weibisch elegante Kleidung wurden nur hinter vorgehaltener Hand gemacht, denn ein kräftiger eingeölter Sklave ging dicht hinter ihm und trug Ballen und Reisekörbe.
Der Eunuch suchte ganz offensichtlich jemanden. Langsam schritt er an der niedrigen Reling entlang. Ab und zu stellte er einem mitreisenden Bauern eine Frage, der dort saß, oder rümpfte angewidert die Nase und stolzierte weiter. Endlich bekam er Antwort auf seine Frage.
Neben einem von Fliegen umschwärmten Ochsen hockte der Besitzer und bewegte – wie sein Haustier – die zahnlosen Kiefer. Er kratzte sich unter dem zerrissenen Turban und zeigte dann nach achtern. Dort standen mehrere kräftige Burschen an langen Rudern mit breiten Blättern und steuerten das Floß, damit es sich nicht plötzlich drehte und das Heck zum Bug wurde.
»Conan?« Der Eunuch hob das Gewand, um es vor Wasser und anderen Flüssigkeiten zu schützen, die über das Deck nach hinten spülten. »Ist Unteroffizier Conan von der Expeditionsgarde bei euch Seeleuten?« Der Würdenträger blieb in sicherem Abstand neben dem bulligen Leibwächter stehen und betrachtete den bunten Haufen im Heck.
Die Steuerleute grinsten ihm unverhohlen ins Gesicht. Die weißen Zähne in den harten sonnengebräunten Gesichtern blitzten. Mehrere spuckten sogar verächtlich aus. Nur der Größte verzog keine Miene. Der Bursche trug keinen Turban. Seine blauschwarze Mähne wehte frei im Wind. Bekleidet war er mit den Fetzen der Tunika der Expeditionsgarde, obwohl man die Uniform nur noch schwer erkennen konnte. Er gab das Ruder an einen anderen weiter und trat vor.
»Ich bin Conan und komme aus Venjipur«, erklärte er mit barbarischem Akzent. »Und dies ist mein Waffenbruder, Unteroffizier Juma.« Er zeigte auf einen ebenfalls nur noch mit Uniformfetzen bekleideten Schwarzen, der auf einer Kiste neben ihm saß und eine Tonflasche mit Wein an die Lippen führte. »Bist du König Yildiz' Abgesandter?«
Bei dieser Frage brüllten einige der Seeleute vor Vergnügen laut los. Doch sie verstummten und sahen staunend, wie der Sklave des Eunuchen auf ein Nicken seines Herrn hin einen Korb öffnete und eine weiße Brieftaube losschickte. Der Vogel schlug ein paarmal unsicher mit den Flügeln und flog dann zielstrebig der aufgehenden Sonne entgegen, nach Osten. Der Eunuch verschwendete keinen weiteren Blick an sie, sondern verbeugte sich knapp vor dem Riesen mit der schwarzen Mähne.
»Sei gegrüßt! Ich bin Sempronius, der Erste Assistent des Sekretärs am Königlichen Kanzleigericht. Man sagte mir, daß du an Bord dieses ... Bootes seist; aber ich erwartete natürlich nicht, dich hier hinten zu finden.« Der Eunuch war wie gesagt ein schlanker Mann mit ausgesprochen feinen Zügen und war vom Turban bis zu den Schnabelschuhen in Seide gekleidet. Er bewegte sich geschmeidig und voller Energie. Als sein Blick über das Deck schweifte, verbarg er seinen Abscheu vor dem Pöbel und der Horde wilder Burschen im Heck keineswegs. Er drückte ein mit Lavendel getränktes Taschentuch vor die Nase, um dem Gestank der Kühe und wohl auch einiger Menschen zu entgehen.
»Nun, wir haben eine reguläre Passage genommen, wie in deiner Meldung stand«, erklärte der Cimmerier. »Aber dann wurden starke Hände gebraucht, um durch die Stromschnellen zu steuern und die Flußpiraten abzuwehren.« Conan sprang von dem Balken am Heck herab und zog Juma hoch. Der Kushite gab einem Steuermann die Flasche, da er schon leicht bezecht war, winkte ihm noch fröhlich zum Abschied und folgte Conan nach vorn. Sempronius war schon vorausgegangen und wartete ungeduldig. »Unser Gepäck und die Geschenke für den König sind dort drüben verstaut«, rief Conan und zeigte auf einen niedrigen Holzverschlag, wo die verderblichen Güter untergebracht waren, um sie trocken zu halten.
»Geschenke aus dem Süden?« Sempronius betrachtete die Bündel und Ballen mit unverhohlener Habgier. »Habt ihr vielleicht guten ... Lotus oder Hanf dabei?«
»Nein«, antwortete der Cimmerier und schaute Juma an. »Wir bringen Yildiz einen exotischen Baum im Topf, mehrere Rattansachen und ein paar andere kleine Geschenke.«
»Aha.« Sempronius hatte bereits jegliches Interesse an der Ladung verloren. »Nun, es ist meine Aufgabe, euch auf den
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