Confusion
und die Zwischenräume mit Stroh vollzustopfen, damit die Barren nicht klirrten. Erst als sie die Kisten fest zugenagelt hatten, waren frische – und unwissende – Rudersklaven an Bord gebracht worden.
Sie hatten auch eine neue Trommel bekommen. Am Tag nach ihrer Errettung von Spanier und Sturm hatte Jack Shaftoe in einer regelrechten Zeremonie die alte über Bord geworfen. Es war die Hälfte eines großen Holzfasses gewesen, deren Öffnung man mit einer noch
behaarten Kuhhaut bespannt hatte; nur an den Stellen, wo die Trommel geschlagen worden war, war sie abgewetzt gewesen. Mit ihren weißen und braunen Flecken war sie, einer unbeschrifteten Landkarte gleich, eine Zeitlang trotzig neben ihnen auf und ab gehüpft, eine kleine bewegliche Welt im Meer, bis Jack sie mit einem Ruder unter Wasser gestoßen hatte. Jeronimo hatte derweil seine eigene Zeremonie vollzogen: Während sein Blick über das geronnene Blut auf den Planken und die erschöpften, halb aufgescheuerten Ruderer geglitten war, hatte er gesagt: »Jetzt sind wir alle Blutsbrüder.« Was er vermutlich als eine sakramentartige Segnung gedacht hatte. Für Jack barg die Vorstellung, zur selben Familie zu gehören wie Jeronimo, jede Menge schwerwiegende Nachteile. Diese Befürchtungen hatte er jedoch für sich behalten, um die Stimmung nicht zu verderben. Jeronimo hatte zu seinen neuen Brüdern auch die Galeerensklaven hinzugezählt, die nicht zu den Verschwörern gehörten, und versprochen, dass er seinen Anteil am Erlös darauf verwenden würde, sie freizukaufen. Darauf hatten die Sklaven, die verstehen konnten, was er sagte, nur die Augen verdreht. Während die Tage vergingen, waren seine Versprechungen wie Pilze nach einem Herbstregen aus dem Boden geschossen, bis hin zu einem Plan für den Bau oder Kauf eines veritablen Dreimasters, dessen Besatzung aus freien Sklaven bestehen und der in See stechen sollte, um irgendwo ein neues Land zu gründen. Doch wie sie dann im Schneckentempo über die Landkarte in Richtung Algier gekrochen waren, hatte sich eine Niedergeschlagenheit über ihn gelegt, und er war zu seiner Vorhersage eines Blutbads in Ägypten – oder vielleicht schon in Malta – zurückgekehrt.
In Begleitung einer anderen, schwerer bewaffneten Galiot hatten sie Algier hinter sich gelassen – wie sie hofften, für immer. Sie waren zügig ostwärts gerudert, an vielen kleinen Korsarenhäfen vorbei, bis sie die Mündung des Golfs von Tunis überquert und Kap Bon erreicht hatten, eine felsige Krummsäbelspitze, die direkt auf das hundert Meilen südöstlich liegende Sizilien deutete. Hier hatten sie bis auf ein Dutzend alle ihre Rudersklaven ausgeschifft und dann die Segel gesetzt, um in tiefes Gewässer zu gelangen – das erste Mal seit ihrer Flucht vor Bonanza, dass sie kein Land mehr in Sicht gehabt hatten. Der Raïs hatte unverzüglich den Befehl gegeben, die türkische Flagge der Galiot zu streichen und an ihrer Stelle die französische zu hissen.
Dermaßen verkleidet – falls man eine neue Flagge als Verkleidung betrachten konnte – segelten sie nun unter den Geschützen verschiedener mittelalterlich wirkender Festungen, die von unterschiedlichen geheimen Sekten papistischer Ritter auf Klippen und Felsen gebaut worden waren, von denen aus man nordwärts über die Straße von Sizilien schaute. Es gab keine Kanonenschüsse in ihre Richtung, und als sie ein paar Stunden später eine Landspitze umfuhren und ihr Blick in den großen Hafen von Malta fiel, wurde ihnen klar, warum: Unterhalb der weißen Terrassen und der mit Blumen geschmückten Mauern von Valletta lag eine ganze französische Flotte vor Anker. Nicht nur Handelsschiffe – obwohl es auch davon mindestens ein Dutzend gab -, sondern auch Kriegsschiffe. Drei Fregatten, die als Geschützplattformen dienten, und eine Schar taktisch einsetzbarer Galeeren.
Und – wie van Hoek als Erster bemerkte – auch die Météore war da. Offensichtlich hatte sie hinter ihnen die Straße von Gibraltar passiert und dann direkt Kurs auf Malta genommen, um dort zu der Flotte zu stoßen und auf die Galiot zu warten. Jack borgte sich einen Kieker, um einen Blick auf die Jacht zu werfen, und wurde mit dem Anblick einer neuen Flagge belohnt, die an deren Besanmast gehisst worden war. Es war ein Banner mit einem Wappen, das er zuletzt in Flachrelief geschnitzt auf einem Türsturz im Hôtel d’Arcachon in Paris auf sich hatte zusausen sehen. »Dieses Arrangement aus Lilien und Negerköpfen würde ich
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