Confusion
diesem Hurensohn überhaupt etwas geben?«
Van Hoek, mit grimmigem Vergnügen: » Weiterhin zu verbergen, was der Raïs bislang verborgen hat, hieße, den Investor um zwölf Dreizehntel von dem zu betrügen, was ihm sonst zukommen würde. Wozu dann solche Skrupel wegen des verbleibenden Dreizehntels?«
Moseh: »Ich bin auch der Meinung, dass wir den Investor entweder gründlich betrügen sollten, oder gar nicht. Allerdings würde ich für vollkommen offene Geschäfte plädieren. Wenn wir einfach dem Plan folgen und dem Investor seinen Anteil geben, werden wir alle frei sein und Geld in den Taschen haben.«
Jeronimo: »Es sei denn, er beschließt, uns zu betrügen.«
Moseh: »Das ist aber jetzt nicht wahrscheinlicher als zuvor!«
Jack: »Ich glaube, es war immer sehr wahrscheinlich.«
Jewgeni: »Wir können dem Investor nicht hier und jetzt von der Dreizehn erzählen. Dann wird er nämlich sagen, wir hätten bisher, als Teil eines Plans, ihn zu betrügen, versucht, sie vor ihm zu verbergen, und das als Vorwand nutzen, sich der Galiot zu bemächtigen.«
Van Hoek: »Jewgeni ist ein kluger Mann.«
Jack: »Jewgeni hat den Charakter des Investors klar erkannt.«
Moseh stützte den Kopf in die Hände und massierte sich dabei die kahlen Stellen, wo einmal Stirnlocken gewachsen waren. Vrej Esphahnian schien ein Unbehagen bis hin zur Übelkeit zu verspüren. Jeronimo war zu schauderhaften Prophezeiungen zurückgekehrt, die die anderen schon gar nicht mehr hörten. Schließlich sagte Dappa: »Nirgendwo auf der Welt sind wir schwächer als hier und jetzt. Das ist nicht der Zeitpunkt, um große Geheimnisse preiszugeben.«
Damit sprach er, wie es schien, für die gesamte Verschwörertruppe.
»Also gut«, sagte Moseh, »wir erzählen ihm erst in Ägypten davon und hoffen, dass der unerwartete Reichtum ihn derart erfreuen wird, dass er über vergangene Täuschungen hinwegsieht.« Er hielt inne und seufzte. »Und was den anderen Punkt betrifft: Warum will er, dass sowohl der Raïs als auch der hochrangige Janitschar im Langboot kommen, um die Sklaven abzuholen?«
»Das ist reine Routine«, erwiderte der Raïs . »Es wäre höchst merkwürdig, wenn er es anders machte.« 10
»Vergiss nicht, wir haben es hier mit einem französischen Herzog zu tun. Der hält sich ans Protokoll, was auch passiert«, pflichtete Vrej ihm bei.
»Nur einer von uns kann als Janitschar durchgehen. Ich werde es machen«, sagte Jack. »Besorgt mir einen Turban und alles andere.«
»Selbst wenn dieser Herzog mir mitten ins Gesicht starrte, glaube ich nicht, dass er mich erkennen würde«, sagte Jack. »Während meiner Anwesenheit in seinem Haus war mein Gesicht die meiste Zeit bedeckt – sonst hätte er mich niemals fälschlicherweise für Leroy gehalten. Erst ganz am Ende habe ich den Kragen meines Capes heruntergeschlagen...«
»Aber wenn in deiner Geschichte auch nur ein Fünkchen Wahrheit steckt«, gab Dappa vorsichtig zu bedenken, »dann war das ein Augenblick größter Dramatik, der alles übertraf, was je auf einer Bühne inszeniert wurde.«
»Was willst du damit sagen?«
»Dass du in diesen kurzen Momenten vielleicht einen lebhaften Eindruck im Gedächtnis des Herzogs hinterlassen hast.«
»Das will ich doch hoffen!«
»Nein, Jack«, erwiderte Moseh freundlich, »das solltest du nicht .«
Nur Moseh, Dappa und Vrej wussten, dass der Investor einige Jahre lang auf der Suche nach dem Mann, den die Moslems Ali Zayback nannten, die letzten Sümpfe, Wadis und Riffe des Mittelmeers durchkämmt hatte. Moseh und Dappa waren Jack zu dem Verkleidungssack gefolgt, um mit Worten und Gesten ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen.
Vrej dagegen war ganz unbekümmert: »Damals hatte Jack lange Haare und ein stoppeliges Gesicht und war schwerer. Jetzt, wo er Kopf und Gesicht rasiert hat, einen Turban trägt und so ausgezehrt und wettergegerbt ist, dürfte er, glaube ich, kaum erkannt werden – vorausgesetzt, er lässt seine Hose an.«
»Welchen Grund sollte ich wohl haben, sie auszuziehen?«, fragte Jack hitzig.
Das Langboot kam zu ihnen herausgefahren. Jack und der Raïs stiegen ein. Dappa kam auch mit, als Dolmetscher – sie waren sich nämlich alle einig, dass Jack seine Kenntnisse in Vagabunden-Französisch lieber nicht preisgeben sollte. Das Langboot brachte sie allerdings gar nicht zur Météore , sondern in einen Teil des Hafens, in dem zu beiden Seiten einer langen steinernen Pier nicht weniger als ein halbes Dutzend Kriegsgaleeren
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