Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
Vom Netzwerk:
Lösegeld für dich nicht zahlen wollte oder konnte.« Dann, nachdem Vrej eine ganze Weile nichts gesagt hatte: »Ich werde dich nicht mehr danach fragen.«

    »Danke«, sagte Vrej, als presste er die Worte durch einen Würgegriff hindurch.
    »Dennoch ist es bemerkenswert, dass wir auf derselben Ruderbank gelandet sind«, fuhr Jack fort.
    »Im Winter wimmelt es in Algier von erbarmungswürdigen Sklaven, die sich ihren Weg in die Freiheit zu erträumen versuchen«, räumte Vrej ein, die Stimme immer noch gepresst und unsicher. Doch während er weitersprach, verloren sich allmählich der Ärger oder die Trauer, die für ein paar Minuten von ihm Besitz ergriffen hatten. »Zuerst hielt ich Moseh für einen von denen. Doch wie sich dann ein Gespräch aus dem anderen ergab, erkannte ich, dass er ein Mann von Intelligenz war, und fing schon an zu überlegen, ob ich mich mit ihm zusammentun sollte. Doch als ich erfuhr, dass er einen neuen Banknachbarn namens Jack Shaftoe bekommen hatte, betrachtete ich das als ein Zeichen Gottes. Ich stehe nämlich in deiner Schuld, Jack.«
    » Du stehst in meiner Schuld?!«
    »Schon seit der Nacht, als du aus Paris geflohen bist. Damals sind meine Familie und ich dir gegenüber eine Verpflichtung eingegangen, und falls notwendig, werden wir bis ans Ende der Welt fahren und unsere Seelen verkaufen, um sie zu erfüllen.«
    »Du denkst dabei doch wohl nicht an diese verfluchten Straußenfedern?«
    »Du hast sie uns zu treuen Händen übergeben, Jack, und uns in dieser Sache zu deinen Kommissionären gemacht.«
    »Die waren Ramsch – so gut wie wertlos. Bitte sieh dich in keiner Weise mir gegenüber verpflichtet...«
    »Das ist eine Sache des Prinzips«, erwiderte Vrej. »Ich heckte also meinen eigenen Plan aus, der genauso kompliziert war wie der von Moseh, aber längst nicht so interessant. Die Einzelheiten werde ich dir ersparen und dir nur das Ergebnis erzählen: Ich wurde an deine Ruderbank verkauft, Jack, und de facto an dich angekettet – obwohl Ketten aus Eisen nichts sind im Vergleich mit den Ketten aus Schuld und Verpflichtung, die uns seit jener Nacht 1685 in Paris verbinden.«
    »Das ist außerordentlich zuvorkommend von dir«, sagte Jack. »Aber das Einzige auf der ganzen Welt, was mir noch größeres Unbehagen bereitet, als jemandem verpflichtet zu sein, ist, dass jemand anderes sich mir verpflichtet fühlt. Deshalb werde ich, wenn wir in Kairo ankommen, gerne ein paar zusätzliche Pfund Kaffee annehmen, um den
Erlös aus dem Verkauf dieser Straußenfedern zu decken, und dann können du und ich unserer Wege gehen.«
     
    Nachdem sie vor einer Sturmfront her durch die Straße von Gibraltar gefahren waren, hatte es sie einige Tage gekostet, das Unwetter im Alboran-Meer, dem Vorzimmer des Mittelmeers, heil zu überstehen. Als der Sturm sich gelegt hatte, waren sie südostwärts mit Kurs auf die Gipfel des Atlasgebirges gesegelt, bis die Barbarei-Küste ganz in der Nähe des Korsarenhafens Mostaganem in Sicht gekommen war. Den hatten sie nicht angelaufen – zum einen, weil sie keine Anker mehr besaßen, zum anderen, weil Nasr al-Ghuráb die strikte Anweisung zu haben schien, keinen Kontakt mit der Welt aufzunehmen, bevor sie nicht das Ziel ihrer Reise erreicht hatten. Doch ein paar Meilen die Küste aufwärts, dort wo ein Fluss von den nördlichen Hängen des Atlas herunterkam und sich ins Meer ergoss, hatte al-Ghuráb eine bestimmte Flagge hissen lassen. Bald darauf war eine Bergantine aus einer versteckten Bucht herausgerudert und längsseits zu ihnen gegangen, wobei sie mit Bedacht einen Abstand von einem Bugschuss eingehalten hatte. Nach einigem Zurufen in beide Richtungen war das Skiff der Galiot mit zwei Korsaren und Dappa an Bord hinübergeschickt worden, um Fässer mit frischem Wasser und anderen Proviant zu holen. Diese Bergantine war ihnen dann auf ihrer langsamen Fahrt entlang der Küste bis zum Hafen von Algier gefolgt, langsam deswegen, weil sie fast nie Hand an die Ruder gelegt hatten; niemand wollte, die meisten waren gar nicht dazu imstande und der Raïs hatte sie nicht dazu aufgefordert.
    In Algier waren die meisten der regulären Rudersklaven in das Peñon, die wuchtige spanische Festung mitten im Hafen, gebracht und fürs Erste so sicher eingeschlossen worden, dass sie niemandem von dem, was sie gesehen hatten, erzählen konnten. Auf dem Rückweg waren leere Holzkisten mitgekommen, und die Verschwörer hatten sich eilig darangemacht, die Goldbarren hineinzupacken

Weitere Kostenlose Bücher