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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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über Ehre. Doch was wir hier vorhaben, ist kein Unterfangen nach Vagabundenart mehr – deshalb muss jeder von euch Männern jetzt schwören, bei was immer ihm am heiligsten ist, dass er morgen mit mir sein wird. Dass er mit mir ist, was immer bei meinem Zusammentreffen mit dem Herzog passiert – ob ich mich nun dumm oder klug anstelle, ob ich gelassen bleibe oder in Wut gerate oder mir in die Hose mache, ob der Alb der Perversheit mich heimsucht oder nicht -, meine Entscheidung akzeptiert und mit mir lebt oder stirbt.«
    An dieser Stelle hatte Jack mit einer langen, unangenehmen Pause oder sogar Gelächter gerechnet. Aber Gabriel Gotos Schwert war schon gezückt, bevor Jacks Worte aufgehört hatten, in dem engen Hof widerzuhallen. Die Neulinge fuhren zurück. Mit einer einfachen, geschickten Bewegung drehte Gabriel sein Schwert um und streckte es Jack mit dem Heft voran entgegen, und im Schein des Feuers funkelte die Klinge. »Ich bin ein Samurai«, sagte er nur.
    Padraig, der kräftige Ire, trat vor und spuckte ins Feuer. »Wir haben eine Redewendung«, sagte er auf Englisch zu Jack. »Ist das eine persönliche Fehde, oder kann jeder mitmachen? Also ich bin dabei, und das sollte genügen. Wenn du aber willst, dass ich bei irgendetwas schwöre, dann tue ich das beim Grab meiner Mutter über dem Meer in Kilmacthomas, und du sollst verflucht sein, wenn du meinst, das wäre nicht so viel wert, wie ein Samurai zu sein.«
    Moseh nahm sich den Stofffetzen mit der indianischen Perlenstickerei vom Hals, küsste ihn und warf ihn Jack zu. »Wirf das ins Feuer, wenn ich dich im Stich lasse«, sagte er, »und lass es sich mit dem Staub des Khan el-Khalili vermischen.«
    Vrej: »In dem Bemühen, wiedergutzumachen, was meine Familie dir schuldet, bin ich dir bis hierher gefolgt, Jack. Ich schwöre bei meiner Familie, dass ich mich dir erkenntlich zeigen werde.«
    Monsieur Arlanc: »Ich glaube nicht an Schwüre. Aber ich glaube an meine Bestimmung, diese Angelegenheit ordnungsgemäß zu Ende zu führen.«
    Van Hoek: »Ich schwöre bei meinem rechten Arm, dass ich nie wieder Piraten in die Hände fallen werde. Und dieser Investor ist in den Augen Gottes ein Pirat.«

    »Aber Käpt’n, Ihr seid doch Linkshänder!«, sagte Jack in dem Versuch, die Stimmung, die er allmählich bedrückend fand, etwas aufzuheitern.
    »Damit der Schwur gilt, muss ich mit meiner starken linken Hand die rechte abschneiden«, erwiderte van Hoek, der den Scherz überhaupt nicht verstanden hatte. Genau genommen hatte Jacks flapsige Bemerkung ihn in einen so gefühlsbetonten Zustand versetzt, wie seine Mitsklaven ihn allesamt noch nicht gesehen hatten. Plötzlich zückte er sein Entermesser, legte seine rechte Faust mit ausgestrecktem kleinen Finger auf eine Bank und ließ das Entermesser herabsausen. Das letzte Glied des kleinen Fingers flog in den Staub. Van Hoek steckte seine Waffe wieder in die Scheide, hob den abgeschnittenen Finger auf und hielt in den Schein des Feuers. »Hier ist dein Schwur!«, brummte er und schleuderte ihn ins Feuer. Danach sank er in die Knie und fiel ohnmächtig in den Staub.
    Nun wurde ein gewisses Unbehagen spürbar, denn die anderen fragten sich, ob von ihnen erwartet würde, dass sie sich irgendeinen Körperteil abschnitten. Aber Nyazi zog einen roten Koran aus den Falten seines Gewands, und er, Nasr al-Ghuráb und der Türke von Monsieur Arlancs Galeere scharten sich um das Buch, sprachen heilige Worte auf Arabisch und verkündeten außerdem, dass sie, wenn sie überlebten, nach Mekka pilgern würden. Desgleichen leisteten Jewgeni, Surendranath und der Nubier Furcht einflößende Eide bei ihren jeweiligen Göttern. Mr. Foot, der mit leicht ungehaltener Miene am Rand der Feuerstelle umhergeschlichen war, tat kund, dass er es überflüssig fände, Loyalität zu schwören, da »das ganze Unternehmen« seine Idee gewesen sei (womit er anscheinend auf die unglückselige Kaurimuschel-Reise vor vielen Jahren anspielte), und dass es »keinesfalls angehen« würde, seinen Kameraden gegenüber irgendetwas anderes als Loyalität zu zeigen, und dass es »absonderlich« und »schockierend« und »ungehörig« und »unfassbar« von Jack sei, auch nur anzudeuten, er, Mr. Foot, könnte sich irgendwie anders verhalten.
    »Ich schwöre bei meinem Land – dem Land freier Männer«, sagte Dappa, »das gegenwärtig nur etwa sechzehn Bürger und kein Territorium hat. Aber es ist das einzige Land, das ich habe, und deshalb schwöre ich bei

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