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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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nicht schon genommen hatte. Die Antwort lag eine halbe Meile weiter die Straße entlang, wo sich am Westrand des Damms eine alte Burg erhob. Es war kaum mehr als eine Ruine: bloß vier moosbewachsene Mauern mit Erhebungen an den Ecken, die an Türme denken ließen. Doch die oberen Ränder der Mauern starrten von Musketenläufen, und der sie umgebende Weiler war mit Schanzwerken befestigt worden. Vom Dorf gingen mehrere Wege Richtung Westen aus. Ein kurzes Stück diese Wege entlang hatten sich diverse jakobitische Regimenter postiert, sodass sie sich auf jede Streitmacht stürzen konnten, die es über den Damm bis in die Todeszone um die Burg schaffte.
    Bob verbrachte mehr Zeit, als ihm gut tat, damit, die Standarten der irischen Infanterieregimenter ausfindig zu machen und zu versuchen, Baron Youghals Farben zu identifizieren. Das würde ihm verraten, wo in etwa Mr. McCarthy der Kerzenmacher mit der Kompanie der Partrys lag. Aber er gewann keine klaren Erkenntnisse, da sich die meisten dieser Regimenter weiter südlich und auf der anderen Seite des Sumpfes, über zwei Meilen entfernt, in den Hügel eingegraben hatten und ihre Farben von vornherein nicht sonderlich groß oder prächtig gewesen waren.
    »Das ist eine ausgezeichnete Stellung«, sagte Bob bewundernd. »Sie könnte gar nicht besser sein – für die Iren.«
    Hauptmann Barnes warf ihm einen scharfen Blick zu, wurde jedoch milder gestimmt, als er begriff, dass Bob lediglich Tatsachen feststellte und dem Feind so etwas wie ritterlichen Respekt zollte. »Heute werden wir Dragoner sein, bis man uns etwas anderes sagt.«
    »Wo sind denn unsere Pferde?«
    »Die müssen wir uns vorstellen.«
    »Phantasiepferde sind viel langsamer als richtige.«
    »Wir werden gar nicht aufsitzen müssen. Dragoner sollen in die Schlacht reiten, dann absitzen und wie Infanteristen kämpfen«, erinnerte ihn Barnes. »Wir sind hierher marschiert, das ist wahr. Aber das liegt in der Vergangenheit. Jetzt ist es so, als wären wir alle soeben aus dem Sattel gestiegen.«
    »Deshalb hat man uns auch hierhergestellt, dicht neben die Kavallerie – wir sollen sie unterstützen«, meinte Bob und schaute Barnes in die Augen. Barnes ließ durch nichts erkennen, dass er anderer Meinung war. Bob wandte sich von General MacKays Teil des Schlachtfeldes – dem Sumpf in der Mitte – ab und dem von General Ruvigny – Straße, Damm und Dorf – zu. Auf den ersten Blick schien Letzteres die schwierigere Aufgabe zu sein, doch er fühlte sich unerklärlicherweise erleichtert darüber, dass sie nicht Tausende von Iren aus dem Labyrinth von Gräben, das diese in den Torf gegraben hatten, würden scheuchen müssen.
    »Wir sollen auf der Straße vorrücken, nehme ich an«, fuhr Bob fort. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der Burg zu und versuchte, die Farben auf ihren Mauern und in dem Dorf drum herum zu zählen.
    »Immer noch besser, als durch diesen Sumpf vorrücken zu müssen«, bemerkte Barnes.
    »Alles wäre besser als das«, sagte Bob. »Wenn ich getroffen werde, möchte ich mit Sonne in den Augen fallen, nicht mit Dreck in der Lunge.«
     
    Bob, normalerweise die Art von Soldat, die stets im dichtesten Getümmel zu finden war, hatte nun die ungewohnte Gelegenheit, still zu sitzen und genau wie ein General zusehen zu dürfen, wie sich die Schlacht entwickelte. Das lag daran, dass die Kavallerie, der sie zugeteilt waren, in den ersten Stunden nicht in das Geschehen eingriff; kein General, der seine fünf Sinne beisammenhatte, würde sein Regiment angesichts dieser Abwehrstellungen über den Damm schicken. Tatsächlich wurde das Gros von de Ruvignys Kavallerie schon sehr früh auf den mehrere Meilen entfernten linken Flügel kommandiert und ließ nur ein Regiment zurück, das die Straße decken sollte. Wären die Black Torrent Guards richtige Dragoner (mit Pferden) gewesen, wären sie vermutlich ebenfalls abgerückt. So aber saßen sie in dem am wenigsten aktiven Bereich des Schlachtfeldes fest.
    Überall sonst an der Front aber ging man zum Angriff über. Bob konnte lediglich die Fußtruppen in der Mitte sehen, doch das ferne
Getrappel Tausender von Hufen und die Bewegungen der zur Verstärkung in die Schlacht geworfenen berittenen Truppen in der irischen Nachhut verrieten ihm, dass am anderen Ende ein größeres Kavalleriegefecht im Gange war.
    MacKays Infanterie verbrachte die ersten Stunden der Schlacht damit, an ihrem irischen Pendant zu scheitern, obwohl man gerechterweise sagen musste, dass

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