Confusion
einen gewissen Neuigkeitswert. Bei jeder anderen Gesellschaft, welche die d’Arcachons in den zurückliegenden Wochen gegeben hatten, war es der Kapitän irgendeines Linienschiffes gewesen, der sich in Gegenwart seines Herrn, des Großadmirals von Frankreich (denn Étienne hatte den Titel geerbt) servil und katzbuckelnd gezeigt hatte. Heute allerdings war es Pontchartrain, der streng genommen über Étienne d’Arcachon stand! Étienne hatte jedoch keinen Anlass zu kriechen, da er und Pontchartrain von so hohem Rang waren, dass man sie praktisch als Gleiche betrachten konnte. Pontchartrain war am Morgen unerwartet mit einer Jacht aus Cherbourg gekommen. Während des Essens hatte er unentwegt versucht, Eliza auf sich aufmerksam zu machen, und das nicht, weil er mit ihr anbändeln wollte. Sie hatte den Grafen eingeladen, ihr und Étienne beim Bassett Gesellschaft zu leisten. Dann hatte sie, damit die Herren nicht die Klingen miteinander kreuzten und die Damen einander nicht vergifteten, für die anderen Plätze am Tisch besagte Madame de Bearsul und besagten Monsieur d’Erquy ausgesucht, eben weil sie Niemande waren,
die das Gespräch nicht allzu sehr stören würden. So hatte sie sich das jedenfalls gedacht. Natürlich hatten sich beide (wie erwähnt) als ganz und gar eigenständige Geister erwiesen, die einen freien Willen, Intelligenz und ihre eigenen Vorstellungen besaßen. D’Erquy war zu Ohren gekommen, dass Eliza uneinbringliche Darlehen von Kleinadeligen wie ihm kaufte, die dumm genug gewesen waren, dem Staat Geld zu leihen. Die de Bearsul war auf eine Position im Haushalt irgendeiner höheren und mächtigeren Persönlichkeit bei Hofe aus. Für Pontchartrain, der es gewohnt war, fast jeden Tag mit dem König zusammenzutreffen, hätten sie genausogut Ameisen oder Läuse sein können. Deshalb hatte er nach ungefähr fünf Spielen Elizas Blick mit seinen braunen Augen festgehalten und die eigenartige Bemerkung über die Engländer und ihren Mangel an Hartgeld gemacht.
Bassett war ein einfaches Spiel, was auch der Grund war, warum Eliza es ausgesucht hatte. Jeder Spieler bekam dreizehn aufgedeckte Karten und setzte Geld auf beliebig viele davon. Dann teilte der Geber abwechselnd vom unteren und vom oberen Ende des Stapels weitere Karten aus, und aus dem Vergleich der dabei entstehenden Paare ergab sich der Gewinn oder Verlust von Wetten. Mit zunehmender Spieldauer erhöhten sich die Wetten um einen Faktor von bis zu sechzig. Der Kartengeber hatte reichlich zu tun. Étienne hatte seine Bassett-Kartengeber-Prothese anlegen müssen, eine gewölbte Hand, in deren Fingern sich Sprungfedern verbargen, sodass man damit ein Spiel Karten festhalten konnte. Die Spieler waren unterschiedlich stark beschäftigt, je nachdem, auf wie viele von ihren Karten sie zu setzen beschlossen. Eliza und Pontchartrain hatte nur symbolische Beträge gesetzt und damit zu verstehen gegeben, dass ihnen mehr am Gespräch als am Glücksspiel lag. D’Erquy und die de Bearsul gaben sich dem Spiel stärker hin, und ihre Aufschreie, Ächzer, unterdrückten Flüche und plötzlichen Ausbrüche von Gelächter lieferten einen wildbewegten, abgerissenen Continuo für das Duett der beiden anderen.
»Meine englischen Freunde beklagen sich schon seit Jahren über diesen Mangel an Münzen – und besonders seit Ausbruch des Krieges«, sagte Eliza, »aber nur Ihr, Monsieur, hattet den Scharfblick, dies als Verteidigungsstrategie zu durchschauen.«
»Eben das ist die Schwierigkeit – ich habe es erst recht spät durchschaut«, sagte Pontchartrain. »Wenn man eine Invasion plant, macht man natürlich auch Pläne zur Bezahlung der Soldaten. Das ist genauso
wichtig wie ihre Bewaffnung, Ernährung und Unterbringung – vielleicht sogar noch wichtiger, weil bezahlte Soldaten sich selbst behelfen können, wenn es an Waffen, Essen und Obdach fehlt. Aber sie müssen in jeweils am Ort gültigen Geld bezahlt werden – das heißt, in der gängigen Münze des Landes, in das man einmarschiert. In den Spanischen Niederlanden ist das einfach...«
»Weil sie spanisch sind«, sagte Eliza, »und man die Soldaten demzufolge in Stücken von Achten bezahlen kann...«
»Die wir überall auf der Welt bekommen können«, sagte Pontchartrain. »Aber englische Pennys kann man nur in England bekommen. Angeblich werden sie im Tower...«
»... von London geprägt, ich weiß«, sagte Eliza, »aber warum sagt Ihr angeblich ?«
Pontchartrain warf die Hände in die Luft. »Kein
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