Confusion

Caroline. Ich habe die beiden in Berlin getroffen; die kleine Caroline ist so bezaubernd, wie Ihr behauptet habt, und ebenso intelligent. Eleonore hat sich mit dem Kurfürsten von Sachsen verlobt, einem geradewegs einem Märchen entsprungenen Menschenfresser, der
eine Mätresse hat, die noch schlimmer sein soll. Wahrscheinlich schickt man Briefe an sie am besten an den kurfürstlichen Hof in Dresden.

Eliza an Samuel de la Vega
    5. MAI 1692
    So eigenartig ist Frankreich: Man nennt Leute Juden, die überhaupt nichts Jüdisches haben. Das Ganze ist natürlich eine lange Geschichte, von der ich Euch mehr erzählen werde, wenn wir uns wiedersehen. Es lässt mich an Amsterdam denken, wo sich Juden finden, die tatsächlich Juden sind – ein viel logischerer Ansatz!
    Das ist aber nicht der einzige Grund, warum ich Euch schreibe. Einige Jahre lang habe ich mich kaum bemüht, den Rohstoffmarkt in Amsterdam zu verfolgen, da dies aus der Entfernung von Versailles unmöglich kompetent zu leisten ist. In letzter Zeit jedoch habe ich mich in Silber engagiert. Die Einzelheiten sind unwesentlich. Es genügt, wenn ich sage, dass ich unbedingt von etwaigen Bewegungen auf dem Silbermarkt unterrichtet werden muss, zu denen es in der ersten Junihälfte kommen mag. Meine Informationsquellen sind nicht mehr das, was sie einmal waren, und so bin ich in die Lage eines kleinen Mädchens versetzt, das sich die Nase an der Fensterscheibe plattdrückt; ich muss die Entwicklungen am Markt beurteilen, indem ich das Verhalten bedeutenderer und besser informierter Investoren beobachte.
    Das Haus von Hacklheber ist, was Edelmetalle angeht, zwar nicht das größte, wahrscheinlich aber das am besten informierte Unternehmen. Dem entsprechend habe ich beschlossen, mich nach diesem Unternehmen zu richten. Es wäre für mich von großer Bedeutung, wenn die Hacklhebers ihrem Amsterdamer Lagerhaus plötzlich eine größere Menge (einige Tonnen) Silber entnähmen. Ihr wisst, wo es sich befindet. Wenn meine Vermutung zutrifft, so würden die Barren direkt zu einem Schiff auf dem Ijsselmeer geschafft.
    Könnt Ihr jemanden erübrigen, der ein Auge auf das Lagerhaus
der Hacklhebers hat? Während der Zeitpunkt näher rückt, werde ich präzisere Informationen darüber liefern können, wann genau der Transfer stattfinden könnte. Die Informationen, die ich benötigen werde, sind folgende: den Namen des Schiffes, mit dem die Barren transportiert werden, und eine vollständige Beschreibung seiner Besegelung etc., damit es auch aus der Entfernung identifiziert werden kann, sowie Datum und Zeit seiner Abfahrt aus Amsterdam.
    In den kommenden Wochen werde ich sehr viel unterwegs sein, sodass es wenig Sinn hat, wenn Ihr versucht, meinen Aufenthaltsort zu erraten. Vielmehr solltet Ihr mir die Einzelheiten zu Händen meines guten Freundes und Vertrauten Kapitän Jean Bart aus Dünkirchen schicken. Kapitän Bart ist ein vertrauenswürdiger Mann; es ist nicht nötig (und es wird keine Zeit dafür sein!), die Botschaft zu verschlüsseln. Über das rasche Verschicken von Botschaften wisst Ihr mehr als ich, weshalb ich, was diesen Punkt angeht, schweigen werde; ich vermute aber, Ihr werdet Reiter von Amsterdam nach Scheveningen schicken und die Botschaft dort einem schnellen Boot mit Ziel Dünkirchen anvertrauen wollen. Es müsste reichlich Zeit sein, dies in die Wege zu leiten; doch wenn Ihr bei der Bereitstellung des Bootes Hilfe braucht, informiert einfach Kapitän Bart.
    Ich denke, ich habe Euch nun so viele Informationen geliefert, dass Ihr selbst gewinnträchtige Wetten auf dem Silbermarkt platzieren könnt; falls Ihr am Ende mehr ausgegeben als gewonnen habt, so richtet Eure Beschwerden an mich in St. Malo, und sie werden Gehör finden.
    Eliza

Eliza an den Marquis von Ravenscar
    15. MAI 1692
    Euer Gnaden jüngster Brief an mich war so liebenswürdig, dass er die angestrengten Hervorbringungen der französischen Schmeichler beschämt hat. Ich muss Euch allerdings darauf aufmerksam
machen, dass er unterwegs irgendeinem boshaften Buben in die Hände gefallen sein muss, der ihm ein höchst unflätiges Postskriptum angefügt hat.
    Es war überaus aufmerksam von Euch, alle meine albernen Fragen über die Münze zu beantworten. Wie Ihr schon vermutet haben dürftet, denke ich daran, mich an einer Transaktion zu beteiligen, die mir nur dann Gewinn bringen wird, wenn der Silberpreis Ende Mai zufällig steigen sollte. Ich hoffe und bete nur, dass in der Zwischenzeit nicht