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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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das werden
wir in Kürze am Übergang über die Narmada tun. Statt zuzusehen, wie all diese Burschen ihre Krummsäbel, Kitars, Khandas, Jamdhars, Tranchangs und so weiter mit den Marathen kreuzen, werden wir den gordischen Knoten zerschlagen.«
    »Für dich mag das ein Sprichwort von großer Bedeutung sein, aber für mich ist es sinnlos«, sagte Surendranath, »und ich hätte gern so etwas wie einen richtigen Schlachtplan, bevor wir auf den Feind stoßen, was wahrscheinlich heute Nacht passieren wird.«
    Damit sprach Surendranath etwas an, was Jack ohnehin schon belastet hatte, nämlich die Tatsache, dass sie so sehr damit beschäftigt gewesen waren, den Phosphor herzustellen und sich anschließend von dessen Herstellung zu erholen, dass sie kaum darüber nachgedacht hatten, was sie nun damit machen sollten. Deshalb war nach Padraig, Vrej, Monsieur Arlanc und Mr. Foot geschickt worden, die jetzt auf dem Weg zu Jack und Surendranath waren. Van Hoek hatte sich am Abend zuvor die Fingerspitzen abgehackt und wurde, durch den Schock und das Opium noch benommen, in einem anderen Palankin hinterhergetragen.
    »Das Land, das wir gerade durchquert haben«, sagte der Banyan, »ist zwar landschaftlich kaum dazu angetan, dich ehrfurchtsvolle Briefe nach Hause schreiben zu lassen, aber es ist der gefährlichste und am wenigsten besiedelte Teil Hindustans.«
    Sie waren im Hafen von Surat, der in der Nähe der Taptimündung liegt, an Land gegangen und hatten sich seitdem in Richtung Norden bewegt, einer Karawanenstraße folgend, die ein paar Meilen landeinwärts parallel zur Küste verlief. Von Zeit zu Zeit überquerten sie kleinere Flüsse wie den Tapti, die sich aus dem Hochland rechts von ihnen zum Golf von Khambat zu ihrer Linken hinunterschlängelten. Alle wussten, dass der größte dieser Flüsse Narmada hieß und dass sie ihn heute erreichen würden, aber die Gegend war hier so flach, dass es keiner Hinweise darauf bedurfte, wie nah oder fern der große Fluss wohl noch war. Diese Küstenebene erinnerte Jack ein bisschen an das Nildelta, denn sie war gut bewässert, mit vielen Dörfern bevölkert und bot dem Reisenden eine abwechslungsreiche Landschaft mit Sümpfen, Bauernhöfen und Wäldchen aus verschiedenen Baumarten, die angepflanzt (oder zumindest stehen gelassen) wurden, da sie Früchte, Öl oder Fasern lieferte. »Weiter im Norden werden wir wildere und ungewohntere Landschaften sehen«, versprach Surendranath, »aber dann werden wir außer Gefahr sein.

    Wenn du dir Hindustan als einen großen Diamanten vorstellst, dann ist das Narmada-Tal, das zu durchqueren wir uns anschicken, wie ein Riss, der mitten durch ihn hindurchläuft. Hindustan war von jeher in mehrere Königreiche aufgeteilt. Ihre Namen ändern sich, ebenso wie ihre Grenzen – mit einer Ausnahme, und das ist die Narmada, die eine natürliche Grenze zwischen dem Norden und dem Süden darstellt. Nördlich von ihr kommen und gehen die Invasoren, und die Herrschaft über die Städte und Festungen geht von einer Dynastie auf die andere über. Im Süden verhält es sich anders. Von hier aus kann man sie nicht sehen, aber dort verläuft eine Bergkette, das Satpuragebirge, in Ostwestrichtung quer durch Hindustan. Die Narmada entwässert dessen Nordhänge, denn sie fließt mehrere Tagesreisen weit durch eine gerade, tiefe Schlucht entlang der Nordflanke des Gebirges. An seinem westlichsten Zipfel liegen die Rajpiplahügel, und wenn es nicht so dunstig wäre, könnten wir sie rechts von uns in der Ferne sehen. Eine Tagesreise von hier entfernt ziehen sich die Rajpiplahügel von der Narmada zurück, die, aus der Enge der Schlucht befreit, anfängt zu mäandern, sich durch diese Ebene schlängelt und zu einer Mündung wie der des Tapti erweitert, die wir gerade hinter uns gelassen haben.
    Wie sich herausstellte, unterschieden sich die Mongolen kaum von anderen kriegerischen Rassen, die den Norden in Jahrtausenden zuvor beherrscht hatten, das heißt, die Waffen und Taktiken, die ihnen in den Ebenen und Wüsten gute Dienste geleistet hatten, erwiesen sich als ungeeignet, um den Bergwall des Satpuragebirges zu durchbrechen. Aber im Gegensatz zu anderen, die sich damit zufriedengegeben hatten, die Narmada zu ihrer südlichen Grenze zu machen, hegten sie den Ehrgeiz, ganz Hindustan dem Dar al-Islam einzuverleiben, und drangen so auf der einzig passierbaren Straße nach Süden vor; das ist zufällig genau die Straße, auf der wir uns gerade bewegen. Küstenstädte wie

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