Confusion
dem Boden trocknete, fing er an zu brennen. Das passierte in Schüben und zog sich länger hin, als Jack lieb war. Er und alle anderen innerhalb des Hufeisens waren zur Untätigkeit verurteilt, da sie gar nichts sehen konnten. Hinter ihnen tröpfelte der Konvoi durch die Furten wie Melasse, die an einem eiskalten Teller hinabrinnt. Es würde Stunden dauern, bis sie alle drüben waren. Und Jack war davor gewarnt worden, die Marathen zu unterschätzen. Ihren Tieren einen Schrecken einzujagen war eine Sache, den Willen ihrer Männer zu brechen eine ganz andere. Diese waren nämlich keine einfachen Bauern mit Stöcken, sondern Veteranen, die Kasten wie den Mahar und den Mang angehörten, deren ganzes Leben auf den Kriegsdienst ausgerichtet war. Derlei Warnungen hatte er zunächst wenig Beachtung geschenkt, denn in England gab es nichts, was dem entsprach; dann hatte Surendranath einen losen Vergleich zwischen diesen Kasten und den Janitscharen der Türken gezogen, was Jack schließlich doch eine Ahnung vermittelt hatte. Daraufhin hatte er die Schleuderer angewiesen, ein paar der Flaschen in Reserve zu behalten, und als das letzte der Phosphorfeuer ausgebrannt war, bestand er darauf, dass die Söldner wieder vorrückten und ihre früheren Positionen einnahmen. Die Bogenschützen sollten sich zu den Schleuderern an den Flanken gesellen, damit sie aus dem Schutz des Flussufers heraus schießen konnten. All diese Maßnahmen wurden bald von der angreifenden Infanterie der Mahar und Mang auf die Probe gestellt; und so kam es, dass Jack, sosehr er es auch hatte vermeiden wollen, am Ende genötigt war, mit Mr. Foot auf der einen und Monsieur Arlanc auf der anderen Seite aus der Deckung des Zelts herauszureiten, quer über die Landenge zu galoppieren und dafür zu sorgen, dass die zähen marathischen Kämpfer unter lautem Geschrei bis zu den Schluchten von Dharoli zurückrasten. Jack, Foot, Arlanc und ihre Pferde leuchteten nämlich alle in der Dunkelheit. Niemand hatte gewagt, auch nur einen Pfeil auf sie abzuschießen.
»Mr. Foot!«, rief Jack einem glühenden Klecks zu, der in flinkem
Zickzack demoralisierten Feinden nachjagte. »Macht kehrt und lasst uns zum Fluss reiten. Jetzt liegt nur noch Staub zwischen uns und dem Großmogul von Shahjahanabad; und er tut gut daran, uns willkommen zu heißen, wenn er nicht will, dass wir in seiner Stadt Urin aufkochen.«
BUCH FÜNF
Das Komplott
Mrs. Blighs Kaffeehaus, London
SEPTEMBER 1693
»Roger, Ihr seid jetzt ein bedeutender Mann und reicher als der Großmogul.«
»Das habe ich auch schon gehört, Daniel – aber das macht nichts -, ich höre es gern noch einmal.«
»Außerdem seid Ihr in gewisser Weise gelehrt.«
» Lernfähig zu sein ist besser – aber bitte fahrt mit Eurer Schmeichelei fort, die so untypisch für Euch ist.«
»Nun denn. Welche metaphysische Bedeutung messt Ihr der Tatsache bei, dass Ihr außerstande seid, eine Tasse Kaffee zu bezahlen?«
»Aber Daniel, ich habe doch gerade bezahlt, und zwar nicht eine, sondern zwei .«
»In Wirklichkeit habt Ihr das keineswegs, my Lord. Ihr habt Schulden gemacht, die in Mrs. Blighs Hauptbuch vermerkt wurden.«
»Stellt Ihr meine Solvenz in Frage, Daniel?«
»Ich stelle die Solvenz des ganzen Landes in Frage! Leert Eure Börse. Hier auf dem Tisch. Wir wollen einmal nachsehen.«
»Seid nicht vulgär, Daniel.«
»Ach, jetzt bin ich es, der vulgär ist.«
»Seit man Euch den Stein geschnitten hat, habt Ihr Euch anscheinend im Alter zurückentwickelt.«
»Ich wette mit Euch um den gesamten Inhalt meiner Börse, dass Eure kein einziges Stück Metall enthält, das sich in Billingsgate gegen einen Eimer Fischköpfe eintauschen ließe.«
»Wenn der Inhalt Eurer Börse so viel wert wäre, wärt Ihr längst unterwegs nach Massachusetts. Das weiß jeder.«
»Seht Ihr? Ihr habt Angst, die Wette anzunehmen.«
»Warum schlagt Ihr ausgerechnet auf mich ein? Was kann ich dafür, dass England kein Geld hat?«
»Weil Ihr jetzt ein bedeutender Mensch seid, umschwirren Euch Gerüchte wie Möwen einen Heringsfänger, und ich möchte, dass Ihr etwas dagegen unternehmt, damit ich nach Amerika fahren kann … also. Nun gut, my Lord, ich lasse Euch ein paar Minuten Zeit, Eurer Heiterkeit Herr zu werden. Wenn Ihr hören könnt, was ich sage, so winkt mir zu – ah, fein. Roger Comstock, es ist schön für Euch , dass Ihr Kredit habt und Kaffee oder Häuser kaufen könnt, indem Ihr einfach darum bittet . Viele andere mächtige Menschen
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