Confusion

sechste gemeint haben.«
    »›Du sollst nicht ehebrechen‹?«, sagten Jimmy und Danny wie aus einem Mund.
    »Ich sehe, die Papisten haben ihre Spuren bei euch hinterlassen, Jungs – schon wieder meine Schuld.«
    »Seine königliche Hoheit meinten das vierte Gebot – ›Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren‹«, rief Enoch Root, der zusammen mit Surendranath immer weiter zurückgefallen war, sich aber noch in Hörweite befand.
    Danny räusperte sich leicht. »Genau zu diesem Zweck sind wir hierhergekommen – das heißt, um unsere Mum zu ehren. Nur mussten wir dazu eine Rechnung mit unserem Dad begleichen.«
    »Nun, da ihr sie beglichen habt«, sagte Jack und zeigte auf verschiedene Schwellungen in seinem Gesicht, »haltet den Mund, denn ich versuche, euch Bildung zu verschaffen. Bevor wir einen theologischen Disput begannen, hatte ich über den Palast des Großmoguls in Shahjahanabad außerhalb von Delhi gesprochen. Er erhebt sich über die Schwemmebene eines Flusses, und in dieser Ebene lässt der Großmogul Scheingefechte zwischen Armeen von Hunderten von Elefanten und ebenso vielen Pferden und Kamelen inszenieren. Die Ausgaben allein für das Elefantenfutter sind horrend.«
    »Nichts wie hin! Das muss ich sehen!«, rief Jimmy, der ganz glänzende Augen bekommen hatte.
    »Sei doch nicht so ein Idiot«, sagte Danny. »Siehst du nicht, dass er versucht, uns ein Bild orientalischer Dekadenz zu zeichnen?«
    »Das sehe ich so deutlich wie dein hässliches Gesicht! Aber ich bin nicht diesen ganzen verdammten Weg geritten, um Dad eins überzubraten und dann wieder nach Hause zu reiten! Ich wäre mir nicht zu schade, vor meiner Abreise noch ein winziges Beispiel orientalischer Dekadenz zu sehen – vorausgesetzt, Ihr wärt damit einverstanden, Hochwürden.«
    »Ihr werdet orientalische Dekadenz und so manches andere sehen, wenn ihr nur mal den Mund halten würdet – aber ihr werdet sie nicht in meinem Königreich sehen. Worauf ich hinauswollte, ist nämlich Folgendes: Unter diesen Omerahs befindet sich eine ansehnliche Zahl von christlichen Artilleristen – Überläufer und vagabundierende Soldaten aus den Armeen von König Louie und dem Heiligen Römischen Kaiser. Aurangzeb braucht sie, weil sie die Al-jabr beherrschen, eine Art
mathematische Hexerei, die wir klugerweise den Arabern gestohlen haben. Durch die Anwendung dieser Al-jabr können sie nämlich vorhersagen, wo Kanonenkugeln landen werden, was in einer Schlacht eine nützliche Information darstellt. Folglich kann Aurangzeb einfach nicht auf sie verzichten.«
    »Was hat denn das mit dir zu tun, Dad, der du doch Al-jabr nicht von Gelaber unterscheiden kannst?«, fragte Danny.
    »In den umwölkten und wilden Phantasien des Großmoguls bin ich einfach noch ein weiterer europäischer Hexenmeister. Was bedeutet, dass ich in diesem Moment auf einem seidenen Kissen in Shahjahanabad ruhen könnte, während irgendein hinduistisches Mädchen sich auf meinen Chakras vergnügt. Doch stattdessen bin ich hier!« Und an dieser Stelle war Jack insgeheim froh, dass seine Söhne ihn den ganzen Weg über ständig unterbrochen hatten, denn die zeitliche Abstimmung funktionierte wie in einem ordentlich einstudierten Bühnenstück: Er trieb seinen Esel vorwärts auf die kahle Spitze eines Hügels und beschrieb einen weiten Bogen mit dem Arm. »Schaut euch diese Ländereien ganz genau an, meine Söhne – denn eines Tages werden es nicht eure sein!«
    »Dann scheiß doch drauf – wir haben sie schon gesehen«, sagte Jimmy. »Wo geht’s nach Shahjahanabad?«
    »Wie ihr sehen könnt, ähnelt mein Jagir diesen großen, flachen, irdenen Schalen, in denen wir Salpeter machen. Es hat einen flachen, harten, mit einer salzigen Schlammkruste überzogenen Boden, und das Wenige, das darauf wächst, wird sofort gegessen. Die schrägen Seiten der Schale sind dann diese Hügelketten, die es auf allen Seiten umgeben – außer an einer Stelle, hier unter uns, die – um im Vergleich zu bleiben – den Ausguss der Schale darstellt. Das ist ein Sumpfgebiet, eine Art Reptilienparadies, das bis zur Bucht von Bengalen reicht.«
    »Entschuldige, Dad, aber das Rayan Eurer königlichen Hoheit dauert noch wie viele Monate – vier?«
    »Einhundertsechzehn Tage und ein paar Stunden.«
    »Und da sollen Danny und ich uns dafür interessieren?«
    »Wenn ihr bloß mal zehn Minuten am Stück ruhig sein würdet, käme ich dazu«, sagte Jack und nutzte die Höhe, um Surendranath und Enoch Root zu