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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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um, bis die Stämme geformt und die Balken ausgeliefert sind.«
    »Ich hatte nicht gewusst, dass die Hindus eine Seefahrernation sind«, sagte Jimmy, »abgesehen von kleinen Fischerbooten und ähnlichem.«
    »Die meisten dieser Kulis werden in ihr Grab oder genauer gesagt auf ihre Scheiterhaufen sinken, ohne je Meerwasser gesehen zu haben. Sie haben schon immer die Hügel durchstreift, sind dorthin gegangen, wo sie Arbeit fanden, und haben Bauholz für Gebäude, Palankins und alles Mögliche andere geliefert. Als ich König wurde, kamen sie allmählich aus ganz Hindustan hierher.«
    » Irgendwas musst du ihnen zahlen. Ich dachte, du hättest kein Einkommen.«

    »Das kommt aus einer anderen Börse. Diese Leute bezahle ich nicht aus Steuergeldern.«
    »Woher kommt das verdammte Geld denn dann?«, fragte Jimmy.
    »Aus mehr als einer Quelle. Das werdet ihr noch früh genug erfahren.«
    »Er und der Banyan müssen mordsmäßig Geld gemacht haben, als sie diese Karawane nach Shahjahanabad brachten«, bemerkte Danny.
    »Es waren nicht nur ich und der Banyan, sondern die ganze Verschwörergruppe – oder besser, die Hälfte von ihr, die nicht Kottakkal, der Piratenkönigin aus Malabar, in die Falle gegangen war.«
    »Aha! Da hast du sie also, deine orientalische Dekadenz!«, rief Danny Jimmy zu, der für einen Augenblick sprachlos war.
    »Ihr habt ja keine Ahnung«, murmelte Jack.
     
    Sie brauchten fast zwei Stunden, bis sie Enoch und Surendranath aufgespürt hatten, die ein ganzes Stück über die Grenze von Jacks Königreich hinaus in eine Art gesetzlose Zone zwischen ihm und einer Marathen-Hochburg gewandert waren. Mitten durch dieses Niemandsland lief ein kleiner Fluss in einer breiten Rinne – einem Flussbett mit steilen Ufern, das das Wasser genauso langsam und geduldig in die schwarze Erde gegraben hatte, wie die Kulis ihre Balken zurechtschnitzten.
    »Ich hätte vorhersehen müssen, dass wir Enoch im Schwarzen Tal von Vhanatiya finden würden«, sagte Jack, als sie den Alchimisten endlich unten entdeckt hatten.
    »Wer ist dieser Kerl mit dem Turban?«, fragte Jimmy, während er in das Flussbett hinabspähte. Zehn Faden unter ihnen am Grunde der Schlucht stand Enoch in knietiefem Wasser und unterhielt sich mit einem Hindu, der unweit von ihm an einer flachen Stelle hockte.
    »Männer wie den habe ich schon ein oder zwei Mal gesehen«, sagte Jack. »Er ist ein Carnaya , was euch sicher nichts sagen wird.«
    »Er ist offensichtlich Goldgräber«, sagte Danny. Der Carnaya hielt eine runde Pfanne zwischen den Händen und schwenkte sie herum, wodurch ein schaumiger Schwall von schwarzem Flusssand an ihrem Rand entlangwirbelte.
    »Wenn wir hier in der Christenheit wären, wo in der Tat alles offensichtlich ist, wäre er Goldgräber«, sagte Jack. »Aber hierzulande gibt es kein Gold, und nichts ist einfach.«
    »Dann muss er Achate suchen«, sagte Jimmy.

    »Ausgezeichnet geraten. Aber hier gibt es auch keine Achate.« Jack legte seine Hände zu einem Trichter an den Mund und brüllte: »Enoch! Es ist ein langer Weg nach Dalicot, und wir wollen nicht nach Einbruch der Dunkelheit in diesem Land erwischt werden!«
    Enoch schenkte ihm so gut wie keine Beachtung. Jimmy und Danny stapften in das Flussbett hinab, wobei die von ihnen losgetretenen Steine ihnen in den Fluss vorausrollten, der dadurch – sehr zum Ärger des Carnaya – getrübt wurde. Enoch beendete seine Unterhaltung. Es wurde viel und bedeutungsvoll hierhin und dorthin gezeigt, und Jack bekam den Eindruck, dass Richtungen angegeben wurden. Jimmy und Danny warfen einen Blick auf die Pfanne des Carnaya und auf die schweren Säcke, die er mit dem Ertrag seiner Sandwäsche gefüllt hatte.
    Sie schafften es rechtzeitig, die ganze Karawane wieder oben zu versammeln und für einen Gewaltmarsch nach Dalicot fertigzumachen. »Vergesst nicht, einen Blick auf Euren Taschenkompass zu werfen«, riet Enoch, bevor sie aufbrachen.
    »Ich weiß, wo wir sind«, erwiderte Jack. Enoch brachte ihn trotzdem dazu, den Kompass zu befragen. Jack zog ihn hervor und nahm den Deckel ab: Es war nur eine mit Wachs überzogene Magnetnadel, die in einer winzigen Schale mit Wasser schwamm; um ihn lesen zu können, musste man den Kompass auf etwas Festes legen und ein oder zwei Minuten warten. Jack legte ihn auf einen Felsen am Rand des Schwarzen Tals von Vhanatiya und wartete zwei Minuten, dann fünf. Aber die Nadel zeigte in eine Richtung, die offensichtlich nicht Norden war. Und als Jack

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