Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl

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brachten Wagenladungen voll schwarze Erde aus ihren Erdminen in anderen Teilen des Jagir und kippten sie in das Loch. Dann zerstampften sie sie mit Holzstößeln und vermischten sie mit dem Wasser aus dem Graben. Die Flüssigkeit, die obenauf schwamm, schöpften sie ab und gossen sie in eine bunte Sammlung von Töpfen und Tiegeln. Diese wurden über Feuern aus Holz, das die Angehörigen der Holzspalterkaste von den Hügeln heruntergeschleppt hatten, zum Kochen gebracht. Wenn die Flüssigkeit in den Töpfen nahezu eingekocht war, gossen sie sie in flache irdene Schalen und ließen sie in der Sonne stehen. Nach einer Weile füllten diese Schalen sich mit einem weißlichen Pulver...
    »Wer zum Teufel ist dieser Mann in der Robe, und warum isst er meinen Salpeter?«, fragte Schwert des Göttlichen Feuers, während er seine Augen mit einer Hand gegen die Sonne abschirmte und zu den Schalen hinüberschaute.
    Alle folgten seinem Blick und sahen, dass tatsächlich eine Gestalt in einem langen, gebrochen weißen Gewand – einer Mischung aus einer europäischen Mönchskutte und einer arabischen Dschellaba – an einer Handvoll Salpeterbrei nippte, den er aus einer der Schalen geschöpft hatte. Sein Gesicht wurde von der Kapuze seines Gewands verborgen, die er sich zum Schutz vor der Sonne über den Kopf gezogen hatte.
    Zwei Rowzinder und drei Bogenschützen zu Fuß – ungefähr die halbe Leibwache von Schwert des Göttlichen Feuers – rappelten sich auf, setzten sich in Richtung Großes Loch in Bewegung und brachten unterwegs ihre Waffen in Schussbereitschaft. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Besucher in der Kutte selbst eine Art Leibwache bei sich hatte: zwei berittene Männer, die von hinten kamen, sich rechts und links von ihm postierten und deutlich machten, dass sie Musketen besaßen.

    »Eure Majestät, dies dürfte ein besser als sonst organisierter Attentatsversuch sein«, sagte der Zamindar , trat zu seinem Palankin und zog ebenfalls eine Muskete daraus hervor. »Darf ich vorschlagen, dass Ihr in das Große Loch in der Erde hinabsteigt?«
    Der König seinerseits zog eine Pistole aus seinem Gewand und prüfte die Pfanne. »Das passt nicht zum Bild eines Attentats«, bemerkte er. »Vielleicht sind sie wandernde Kartoffelhändler.« Er trieb den Esel vorwärts und ritt an seinen Leibwächtern vorbei, die beim Anblick der Musketen wie angewurzelt stehen geblieben waren.
    Als er sich dem Mann in der Kutte näherte, war er überrascht – aber dann auch wieder nicht -, einen roten Bart zu sehen. Der Besucher zog seine Kapuze zurück, um wallendes silbergraues Haar zu enthüllen. Er spuckte Salpeter auf den Boden und schmatzte eine Weile wie ein Weinkenner mit den Lippen.
    »Leider ist es mit vielem verunreinigt, was kein Salpeter ist«, sagte er. »Es könnte als Ballast für Schiffe dienen, aber nicht zur Herstellung von Schießpulver.«
    »Seltsam, dass Ihr das erwähnt, Enoch, denn ich werde bald Ballast brauchen.«
    »Ich weiß«, erwiderte Enoch Root. »Unglücklicherweise wissen es viele andere in der Christenheit auch, Jack.«
    »Das ist ausgesprochen ärgerlich, wo ich doch so viel dafür bezahlt hatte, einen Schreiber zu bekommen, der sich mit Geheimschrift auskannte.«
    »Die Geheimschrift wurde entschlüsselt.«
    »Wie geht es Eliza?«
    »Sie ist Herzogin in zwei Ländern.«
    »Weiß sie, dass ich in einem König bin?«
    »Sie weiß, was ich bis zu meiner Abreise wusste. Nämlich, dass Gerüchte über einen christlichen Hexenmeister kursieren, der vor ein paar Jahren mit einer Karawane auf dem Weg nach Delhi von Marathen überfallen wurde, die auf Elefanten aus den Hügeln herabkamen. Die Marathen hatten die Oberhand, bis bei Einbruch der Dunkelheit sie und ihre Elefanten gleichermaßen durch ein kaltes Feuer in Panik versetzt wurden, das die Krieger und die Pferde der Karawane hell leuchten ließ, sie aber nicht verzehrte. Diese Karawane erreichte Delhi ohne weitere Zwischenfälle, und Aurangzeb, der Großmogul, erhob den Sieger, wie es bei ihm schon lange Brauch war, in den Rang eines Omerah und belohnte ihn mit einem dreijährigen Jagir .«

    »Also habt Ihr beschlossen, herzukommen und zu sehen, wer Euer alchimistisches Wissen zu so üblen Zwecken nutzte.«
    »Ich bin aus vielen Gründen gekommen, Jack, aber das war keiner von ihnen... Ich wusste, wer der Hexenmeister war.«
    »Habt Ihr mir die Sache mitgebracht, um die ich gebeten hatte?«
    »Darüber sprechen wir später«, sagte Enoch weise.