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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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aufgebraucht, falsche Berichte von Wilhelms Heimgang zu feiern.«
    Roger seufzte. »Ihr seid wie eh und je ein Quell hochverräterischer Scherze. Nur gut, dass wir uns auf einem Wassertaxi getroffen haben, wo die Einzigen, die uns zufällig hören können, kein Wort Englisch sprechen.« Dies ein spielerischer Seitenhieb auf den Cockney, der die Riemen bediente. Hätte Daniel den gleichen Scherz gemacht, wäre er über Bord geworfen und der Bootsführer wäre in Old Bailey wegen nur allzu verständlichen rechtschaffenen Zorns freigesprochen worden. Roger dagegen sagte es irgendwie mit einem Zwinkern, das so gut war wie ein Trinkgeld von einem Pfund.
    »Wenn wir uns in einem Kaffeehaus unterhalten«, fuhr Roger fort, »zucke ich jedes Mal zusammen, wenn dieser Ausdruck in Euer Gesicht tritt und Eure Lippen sich teilen.«
    »Bald werde ich Gomer Bolstrood, jenem anderen aufwieglerischen Verleumder, übers Meer folgen, und Euer Zusammenzucken wird ein Ende haben.« Daniel, der auf der nach hinten weisenden Bank saß, schaute sehnsüchtig in Richtung Massachusetts.

    »Ja, das behauptet Ihr nun schon seit ungefähr zehn Jahren...«
    »Eher sieben. Aber mit numerischen Quantitäten riskant zu spielen und zu verlieren ist natürlich eine Voraussetzung – manche würden sagen, eine Notwendigkeit – Eures Amtes.« Daniel drehte den Kopf ein paar Grad nach links und nickte in Richtung des Westminster Palace, der von der Biegung bei Lambeth aus noch einige Sekunden lang sichtbar war. Er spielte damit auf das Schatzamt an, eine Lawine schlecht bedachter Anbauten an der dem Fluss zugewandten Seite des erwähnten Palastes. Dort hatte sich Daniel mit Roger getroffen, und dort waren sie vor ein paar Minuten mit dem Boot losgefahren.
    Roger drehte sich um und folgte, allerdings zu spät, Daniels Blick.
    »Ich habe auf Euren Amtssitz geblickt«, sagte Daniel. »Er scheint hinter all den ungeheuren Stapeln von Bauholz verschwunden zu sein, die sich in den letzten Jahren an der Flussbiegung von Lambeth angesammelt haben, und zwar infolge der Tatsache, dass niemand etwas kaufen kann, weil es kein Geld gibt.«
    Roger blinzelte ein einziges Mal ganz langsam, womit er Daniel zu verstehen gab, dass der Schlag ihn ziemlich verletzt hatte, dass das Opfer jedoch in nachsichtiger Stimmung war.
    »Ich wäre Euch sehr verbunden«, sagte Roger, »wenn Ihr Euch der sehr wichtigen Neuigkeit widmen würdet, die ich gerade vor Euer verwünschtes Ohr zu bringen versuche. Vierzig Männer – größtenteils Gentlemen und Adelige Englands – haben sich gestern bei Turnham Green versammelt, um den König von England bei dessen Rückkehr von der Jagd zu überfallen und zu ermorden.«
    »Wo wir gerade von einem verwünschten Ohr sprechen...«
    »Ja! Er war auch dabei.«
    Die Leute hörten nur sehr ungern Gesprächen zwischen Daniel und Roger zu, denn die beiden kannten einander viel länger, als es anständig, angemessen oder gut für sie war, und konnten sich deshalb in einem verstümmelten Jargon privater Anspielungen unterhalten. Verwünschtes Ohr war eine Anspielung auf Charles White, den jakobitischen Tory, der es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, Whigs ein Ohr abzubeißen und diese Körperteile dann (so ging jedenfalls das Gerücht) ähnlich gesinnten Freunden privat als Trophäen vorzuführen.
    »In Calais, in Dünkirchen«, fuhr Roger fort, »werdet Ihr Schiffe sehen, die mit französischen Truppen vollgestopft sind und nur darauf warten, dass dieses Signalfeuer auflodert, damit sie Segel setzen können.«
    »Wie ich sehe, seid Ihr wütend. Ich verstehe auch, warum. Wenn ich
es nicht bin, so liegt das daran, dass sich alles nur immer dermaßen öde wiederholt, dass ich kaum meinen Ohren traue! Haben wir das nicht alles schon gehabt?«
    »Was für eine merkwürdige Reaktion.«
    »Ach ja? Das Gleiche könnte ich von dem verwünschten Geld sagen. Wann bekommen wir eigentlich Geld, Roger?«
    »Mancher, Daniel, würde sagen, die bedauerlichen Phänomene, auf die Ihr anspielt, seien anhaltende, hartnäckige oder ständige Bedrohungen unserer Freiheiten als Engländer und müssten dementsprechend mit männlicher Kraft angegangen und bewältigt werden. Dass Ihr auf diese Weise die Augen verdreht und sie als öde Wiederholungen verspottet – als säht Ihr einem Theaterstück zu -, ist sehr seltsam.«
    »Deshalb stehe ich ja auch im Begriff, mich zu entschuldigen und mich ins Foyer zu verfügen, um Luft zu schnappen.«
    »Das Foyer ist hier eine bemühte

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