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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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dort an Bord gehen. Daniel, ich hoffe, Ihr seid in der Stimmung für eine kleine Leiterkletterei.«
    »Um das zu sehen, würde ich sogar an einem Seil hinaufklettern«, gab Daniel zurück.
    »Hmm... vor die Wahl gestellt, an einem Seil hinaufzuklettern oder auf der Jacht eines Herzogs nach Frankreich zu fahren, würde jeder, der bei Verstand ist, sich für Letzeres entscheiden... also fasse ich Eure Bemerkung als verbindliche Erklärung auf, dass Ihr in drei Tagen in Dünkirchen sein werdet«, sagte Roger.
     
    Früher in seinem Leben hätte Daniel die Geschütze der Météore gezählt, doch nun hatte er vorwiegend Augen für die Schnitzarbeiten und den Zierrat. Die Schiffsbauer hatten das Schiff so gestaltet, als wäre es von vorn bis achtern mit Girlanden aus goldenem Lorbeer behängt und geschmückt. Über die ganze Breite des Achterschiffs spreizte Viktoria ihre Schwingen und fasste mit einer Hand all die Kränze und Girlanden wie Zügel zusammen, während sie mit der anderen ein Schwert schwang. Über den ausgebreiteten Schwingen befand sich eine Reihe von Fenstern. »Eure Kajüte«, erklärte Roger, »wo uns eine Erfrischung erwartet.«
    Dort aßen sie gebratene Wachteln, die in der Kombüse der Météore zubereitet worden waren, »die komplett ausgeräumt und neu gebaut werden musste«, sagte Roger, »um die Verschmutzung zu beseitigen; denn der verstorbene Herzog hatte selbst für einen Franzosen abstoßende Vorlieben.« Das azurblaue Tischtuch war mit goldenen Lilien geschmückt; Daniel hatte den Verdacht, dass es einmal eine Flagge gewesen sein könnte.

    »Dann gehört dieses Schiff jetzt also Euch, Roger?«
    »Bitte seid nicht vulgär, indem Ihr von Eigentümerschaft sprecht, Daniel; wie jedermann weiß, wurde die Météore in Cherbourg als Prise genommen, als sich die Froschfresser das letzte Mal anschickten, bei uns einzumarschieren, und fiel damit als Bagatelle dem König zu, der nach Belieben darüber verfügen konnte; er hatte vor, sie der Königin zu schenken, und ließ sie deshalb generalüberholen...«
    »Was, die Königin?«
    »Das Schiff. Doch als die Pocken sie dieser Welt entrissen – nämlich die Königin, nicht das Schiff – wurde die Météore zum unnützen Spielzeug, das kaum den Unterhalt wert war...«
    »Ihr habt dieses Schiff gratis bekommen?«
    »Zum Teufel mit sämtlichen Puritanern und ihrem vulgären Kostenfimmel!«, bellte Roger und schwang einen winzigen Wachtelschlegel vor Daniels Stirn, als handelte es sich um die Keule des Herkules. »Worauf es ankommt, ist, dass die Familie de Lavardac der Météore einen großen sentimentalen Wert beimisst. Und Eliza de Lavardac müsste jetzt gerade in Dünkirchen sein.« Roger verlor einen Moment lang die Konzentration. »Ich hoffe, es stimmt nicht alles, was die Leute über sie und die Pocken sagen.«
    Daniel hatte miterlebt, wie die einzige Frau, die er je geliebt hatte, von den Pocken gefressen und ausgespien worden war, und wünschte dringend einen Themenwechsel. »Allmählich begreife ich. Die Whigs gelten als die Partei der Bank und des Krieges. Von der Bank heißt es, sie sei dabei zu scheitern, und der Krieg ist zum Erliegen gekommen.«
    »Ich muss doch bitten«, warf Roger mit einem weiteren mahnenden Schwingen des Wachtelschlegels ein, »die Bank wird ein ungeheurer Erfolg werden, und wir werden über die Franzosen obsiegen, alles zu seiner Zeit; aber es würde uns sehr helfen, wenn wir es vermeiden könnten, die nächsten Wahlen an Harley und Bolingbroke und seine Bande zu verlieren.« Er sprach von den Torys.
    »Und deshalb möchtet Ihr den Franzosen irgendein Friedensangebot machen. Eliza wird als eine Art Brücke zwischen Frankreich und England gesehen. Ihr würdet ihr und ihrem Mann eine Freude bereiten, wenn Ihr die Météore zurückgebt. Und ich soll...?«
    »Ungefähr in der Funktion mitfahren, in der Ihr Euch in den Tagen vor der Revolution nach Den Haag begeben habt«, sagte Roger, »nämlich als der denkbar unmöglichste Diplomat.«
    »Je häufiger ich auf solche Missionen geschickt werde, desto möglicher
muss ich erscheinen«, sagte Daniel, »aber ich werde hinfahren und Eliza dieses Boot übergeben, wenn Ihr wollt. Und von dort heißt es dann weiter nach Hannover.«
    »Bemerkenswert, dass Ihr Hannover erwähnt«, sagte Roger. »Ich möchte, dass Ihr unserer nächsten Königin eine Botschaft überbringt, die zu heikel ist, als dass ich sie Papier anvertrauen könnte.«
    »Sprecht Ihr von Sophie von Hannover? Ihr

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