Confusion
das sich 92 bei Cherbourg massiert hatte, aber sie war immerhin so groß gewesen, dass ihre Überreste selbst jetzt noch – eine Woche, nachdem der Anschlag fehlgeschlagen und die Invasion aufgeschoben worden war – Liegeplatz in Anspruch nahmen. Zweitens hörte Jean Bart, obwohl er und seine Heimatstadt wie stets wohlgenährt waren, immer wieder Berichte aus dem Landesinneren von Frankreich, denen zufolge Menschen in großer Zahl verhungerten; deshalb war er mit seiner Flotte Richtung Norden gesegelt und über einen hundert Schiffe zählenden Konvoi hergefallen, der russischen und polnischen Weizen aus dem Baltikum geladen hatte. Er hatte das holländische Geschwader besiegt, das den Konvoi in Richtung Amsterdam eskortierte, und den gesamten Konvoi nach Dünkirchen umgeleitet. Die Schiffe wurden so rasch entladen, wie Kräne und Schauerleute nur arbeiten konnten, und der Weizen wurde in endlosen Wagenkolonnen, welche die aus der Stadt herausführenden schmalen Straßen verstopften, in das ausgehungerte Frankreich transportiert. Drittens mochte es in Frankreich schlimm stehen, aber im Norden stand es noch schlimmer; es waren Berichte eingegangen, laut denen im gerade zu Ende gehenden Winter einer von drei Finnen gestorben war. Und Schottland ging es nicht viel besser. Weiter nördlich als Finnland und Schottland kam man nicht, und so waren diejenigen Finnen und Schotten, die sich bis an die Küsten hatten durchschlagen und auf Schiffe hatten gelangen können, Richtung Süden gesegelt und in Häfen zusammengeströmt, wo es Nahrungsmittel gab. Viele waren in Dünkirchen gelandet.
Kein anderes Schiff hätte unter solchen Umständen den Wellenbrecher von Dünkirchen passieren können; doch als die Nachricht, dass die Météore unerklärlicherweise zurückgekehrt sei, die Befehlskette hinaufgelangt war, gab Kapitän Bart Order, Platz für sie zu schaffen; und so war die Météore nach einiger Warterei durch einen schmalen Gang zwischen baltischen Weizenfrachtern, Flüchtlingsbooten, Truppentransportern und gewöhnlichen Dünkirchener Fischer- und Schmugglerbooten zum Ankerplatz von Barts Kaperflotte geschleppt worden und hatte einen Ehrenplatz neben Barts Flaggschiff Alcyon erhalten. Als Erster war ein mit einem Holzschwert bewaffneter, sechsjähriger Junge an Bord gekommen; als Zweite eine Adelige. Im Vergleich zum letzten Mal, als Daniel sie gesehen hatte, war sie abgemagert, abgespannt und mit reichlich Schönheitspflästerchen versehen, aber er erkannte
sie als die Herzogin von Arcachon und (in England und in Ländern, die Wilhelm anerkannten) die Herzogin von Qwghlm. Und nachdem er zwei Stunden lang mit ihr geredet hatte, war er überrascht von der Erkenntnis, dass sie immer noch schön war; nur anders.
Und ihr inneres Feuer war gebändigt worden. Von den Pocken, nahm er zunächst an. Dann vermutete er, dass es am Alter lag – aber sie war noch keine dreißig Jahre alt. Bei näherer Überlegung kam er zu dem Schluss, dass sie einiges erreicht hatte und deshalb nicht mehr so ungestüm sein musste. Sie war zweifache Herzogin. Sie hatte mehr Vermögen gemacht, als sie verloren hatte. Sie hatte diesen sechsjährigen unehelichen Sohn, der ein prächtiger Bursche zu sein schien und allem Anschein nach zu den ungewöhnlichen Kindern zählte, die bis ins Erwachsenenalter überlebten. Sie hatte eine dreijährige Tochter und einen Säugling, Louis de Lavardac, der erst ein paar Wochen alt war – das ließ darauf schließen, dass sie mindestens ebenso viele Fehlund Totgeburten sowie Säuglingsbegräbnisse durchgemacht hatte. Männer steuerten Jachten über das Meer und schenkten sie ihr, bloß um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Und so war ihr Feuer vielleicht aus freiem Entschluss gebändigt; dank ihres Urteilsvermögens hatte sie erkannt, wann sie zurückstecken, ihre Investitionen und ihre Kinder wachsen und ihre Pläne zur Reife kommen lassen musste.
Am zweiten Tag seines Aufenthalts in Dünkirchen – dem Tag mit dem vollkommen blauen Himmel – wurde Daniel zum Essen an Bord der Alcyon eingeladen, und nachdem er, Eliza, Jean Bart, der Marquis d’Ozoir und einige andere Gäste eine Zeitlang um den Tisch gesessen, Kaffee getrunken, geredet und die Mahlzeit sich hatten setzen lassen, stand Bart auf und nahm Jean-Jacques oder Johann, wie er allgemein genannt wurde, mit hinüber auf die Météore, um ihre Takelage zu inspizieren. Daniel schlenderte mit Eliza über die verschiedenen Decks, sog Luft und Sonne ein und sah
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