Confusion
schwächer und fiel achtern zurück.
»Ich höre zu, Sir«, sagte Bob, »aber achtet darauf, nicht zu lange an einer Stelle stehen zu bleiben und zu deklamieren, damit Euer Holzbein nicht im Schlamm stecken bleibt.«
»Haltet den Mund, Shaftoe!«, sagte Barnes; doch neuerliche Saugund Schlürfgeräusche verrieten, dass er Bobs Rat zu spät gehört hatte. Man hörte ein langes, angestrengtes Ächzen, das mit einem schmatzenden Ploppen endete, als er seine Prothese aus dem Schlamm zog.
»Ja, Sir.«
»Es geht alles den Bach hinunter, Mann! Alles ohne Ausnahme. Ein Eliteregiment, sagt Ihr? Dann wird man vielleicht irgendeine zugige Kammer im Tower von London reservieren und ein Schild an die Tür nageln, auf dem ›King’s Own Black Torrent Guards‹ steht, und wenn ich großes Glück habe und wenn my Lord Marlborough interveniert, lässt man mich vielleicht ab und zu hinter diese Tür, damit ich den Federfuchser spielen kann. Bei fürchterlich wichtigen Staatsakten bewegt man mich dann vielleicht dazu, eine Rumpfkompanie zusammenzukratzen und sie in Uniform zu stecken, damit sie vor irgendeinem Botschafter oder dergleichen paradieren kann. Aber ich sage Euch, Bob, in einem Jahr wird jeder in diesem Regiment mit Ausnahme von ein paar Glückspilzen ein Landstreicher sein. Wenn Jimmy und Danny desertiert sind und sich auf den Weg gemacht haben, dann nur deshalb, weil sie die Klugheit besaßen, dies vorauszuahnen.«
»Mmph. Ich habe mich oft darüber verwundert, wie viel Zeit Ihr über den Winter in dem Haus dort drüben verbracht und Briefe aus London gelesen habt.«
»Ich habe es an den sonderbaren Blicken bemerkt, mit denen Ihr mich bedacht habt.«
»Seit dem Jahr Unseres Herrn 1689«, sagte Bob, »habe ich insgesamt ungefähr drei Wochen in England verbracht. Da ich nicht lesen kann, besteht mittlerweile alles, was ich von dort weiß, aus Gerüchten. Eure Voraussagen erscheinen mir unwahrscheinlich – wenn Ihr recht behaltet, heißt das, England ist wahnsinnig geworden. Aber ich habe keine eigenen Erkenntnisse, die ich Euren in einer Debatte entgegensetzen könnte; und im Übrigen bin ich gar nicht in der Position, Eure Entscheidung aufzuheben, Sir, wenn Ihr wild entschlossen seid, das Winterquartier Eures Regiments in ein Ausbildungslager für Landstreicher zu verwandeln.«
»Es ist mehr als das. Um ihretwillen möchte ich, dass diese Männer die kommenden mageren Jahre überleben. Und um Englands willen möchte ich dieses Regiment erhalten. Selbst wenn wir für einige Jahre aufgelöst werden, kommt doch der Tag, an dem man uns wieder aufstellt, und an diesem Tag möchte ich die King’s Own Black Torrent Guards lieber aus diesem Haufen als aus irgendeiner zufälligen Ansammlung von Verbrechern, Elendsgestalten und Iren neu konstituieren.«
»Ihr wollt, dass sie am Leben bleiben – wenn möglich auf ehrliche Weise«, übersetzte Bob, »und Ihr wollt, dass ich Bescheid weiß, wo sie zu finden sind, damit wir sie wieder zusammenrufen können, falls sich die Notwendigkeit ergibt und falls Geld da ist, um sie zu bezahlen.«
»Richtig«, sagte Barnes. »Natürlich können wir ihnen das so nicht sagen!«
»Natürlich nicht, Sir«, sagte Bob. »Sie müssen selbst dahinterkommen.«
»Genau wie Jimmy und Danny. Alsdann! Es wird Zeit, Euren Brief zu lesen. Holt mir einen brennenden Busch, und ich werde für Euren Moses den Jehova spielen.«
Bizarre Geistreicheleien wie diese waren der Preis, den Bob Shaftoe dafür bezahlen musste, dass er einen Oberst hatte, der ausgebildeter Kleriker war. Er stapfte hinüber zu dem schwachen Lagerfeuer, das Hauptmann Jenkins’ Kompanie mitten in ihrem Lager entzündet hatte, requirierte von ihrem Reisighaufen einen mit der Wurzel ausgerissenen Strauch und schob ihn in die Glut, bis er Feuer fing. Während er zu Barnes zurückeilte, hielt er den Strauch wie einen Kandelaber hoch und schwenkte ihn von Zeit zu Zeit, damit er aufflammte. Glimmende Blätter rieselten auf die Seite und auf die Epauletten und
den Dreispitz von Barnes, und er schüttelte oder pustete sie beim Lesen weg.
»Es kommt von Eurer schönen Herzogin«, sagte Barnes.
»Das hatte ich schon vermutet.«
Barnes las ein Stück, blinzelte und seufzte.
»Darf ich erfahren, was da steht, Sir?«
»Es betrifft die Frau Eures Herzens.«
»Abigail?«
»Sie befindet sich in einem Haus keine dreißig Meilen von hier – einem Haus, das vorläufig unbewacht ist, da der Eigentümer im Tower von London inhaftiert worden
Weitere Kostenlose Bücher