Confusion
sie kamen wieder hervor, um von ihren Herren gehörig verprügelt zu werden. Ungefähr zur selben Zeit wurde beobachtet, wie aus einer der Luken Rauch drang. Es ist wahrscheinlich, dass einer der Diener auf der Flucht vor dem Hagelsturm eine Kerze mit nach unten gebracht hatte. Vielleicht hatten sie sogar ein Feuer zum Kochen angezündet. Die Wahrheit wird man nie erfahren. Jedenfalls war jetzt klar, dass irgendwo da unten zwischen den unzähligen Ballen Ware, die die Kaufleute in den Laderaum gestopft hatten, ein langsam schwelendes Feuer entfacht worden war.«
Van Hoek stand auf und entschuldigte sich, denn aus dem Blickwinkel eines Schiffskapitäns war die Geschichte hier zu Ende. Es hatte keinen Sinn, weitere Einzelheiten zu hören. Die anderen blieben da und hörten weiter zu.
»Nun könnte man viele gewichtige Predigten über das Possenspiel aus Habgier und Torheit halten, das im Verlauf der darauffolgenden Tage gegeben wurde. Die richtige Maßnahme wäre gewesen, die Pumpen zu besetzen und alles im Laderaum mit Salzwasser zu durchtränken. Das hätte jedoch die gesamte Seide vernichtet und unermessliche Verluste gezeitigt, und zwar nicht nur für die Kaufleute, sondern auch für die Schiffsoffiziere und verschiedene königliche Beamte in Manila und Acapulco, die selbst Waren im Laderaum hatten. Also schob der Kapitän die Entscheidung hinaus, und das Feuer schwelte weiter. Männer mit Eimern wurden hinuntergeschickt, um das Feuer zu finden und zu löschen. Manche kamen zurück und berichteten, der Rauch sei zu dick – andere kamen überhaupt nicht mehr zurück. Manche meinten, die Luken sollten geöffnet und Seidenballen aufs Deck hinausgebracht werden, wogegen andere, die mehr von Feuern verstanden, argumentierten, dass dann durch die hereinströmende Luft das Feuer auflodern und im Handumdrehen die ganze Galeone verzehren würde.
Wir sichteten euer Schiff in einer Fata Morgana und feuerten in der Hoffnung, ihr würdet uns zu Hilfe kommen, ein Kanonensignal ab. Selbst darüber herrschte Uneinigkeit, da manche euch für holländische Piraten hielten. Doch dann erzählte uns der Kapitän, ihr wäret ein mit Quecksilber beladenes Handelsschiff, und gestand, heimlich mit euch vereinbart zu haben, dass er euch im Gegenzug für einen Anteil an euren Gewinnen über den Pazifik führen und euch in Acapulco den Weg ebnen würde.«
»Waren alle empört und bestürzt?« »Keiner hat auch nur mit der Wimper gezuckt. Das Kanonensignal wurde unverzüglich abgefeuert. Keine Antwort drang an unsere Ohren: nur die Stille des Pazifik. Daraufhin breitete Tollheit sich auf der Galeone aus wie eine Seuche. Es gab eine Revolte – nicht nur eine Meuterei, sondern einen Bürgerkrieg mit drei Fronten. Wie gesagt: Eines Tages wird er Predigern als großartiges Gleichnis dienen, das sie von ihren Kanzeln herunter verkünden, aber er endete so, dass diejenigen, die den Laderaum freimachen wollten, obsiegten. Luken wurden geöffnet – Rauch quoll heraus, den Ihr am Horizont gesehen haben müsst, ein paar Ballen wurden herausgehievt -, und dann loderten, genau wie manche vorausgesagt hatten, Flammen von unten herauf. Ich sah, dass sogar die Luft brannte. Eine Flammenwand kam auf mich zu und drückte mich an die Reling, und ich kippte über Bord. Ich kletterte auf einen der Ballen, die ins Wasser geworfen worden waren. Mit dem Wind kroch das Schiff allmählich von mir weg, und ich beobachtete die finale Katastrophe aus sicherer Entfernung.«
Edmund de Ath neigte leicht den Kopf, sodass Bogen aus reflektiertem Kerzenlicht am tränenerfüllten unteren Rand seiner Augen glänzten. »Gott der Allmächtige sei den hundertvierundsiebzig Männern und der einen Frau, die umkamen, gnädig.«
»Die eine Frau könnt Ihr von Eurer Liste streichen, jedenfalls einstweilen«, sagte Jack. »Wir haben sie eine Viertelstunde nach Euch aus dem Wasser gefischt.«
Es gab eine lange Pause, und dann sagte Edmund de Ath: »Elizabeth de Obregon hat überlebt?«
»Wenn Ihr das überleben nennt«, antwortete Jack.
»Er hat geschluckt!«, sagte Monsieur Arlanc am nächsten Tag, nachdem er Jack am Bug abgefangen hatte. »Ich habe gesehen, wie sein Adamsapfel sich bewegte.«
»Natürlich hat er geschluckt – er aß ja zu Abend.«
»Das Abendessen war vorbei!«
»Gut, dann trank er eben Zuckerwasser.«
»Es war nicht diese Art von Schlucken«, sagte Monsieur Arlanc. »Ich meine, er war verstört. Irgendetwas stimmt da nicht.«
»Nun denkt doch
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