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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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ihr neuer Passagier über das Essen spottete, aber bevor der Holländer aufspringen und dem Belgier an die Kehle gehen konnte, hob Edmund de Ath die Augen zu dem roten Horizont, stocherte blind mit seinem Löffel herum und führte eine Mischung aus Bohnen und Insekten zum Mund. »Das ist eine bessere Kost, als ich sie den ganzen letzten Monat bekommen habe«, verkündete er. »Mein Kompliment, Kapitän van Hoek, für Euren logistischen Scharfsinn. Statt Euch auf irgendeinen Heiligen zu verlassen, wie es die spanischen Kapitäne tun, habt Ihr das Gehirn benutzt, das Gott Euch gegeben hat, und das Schiff verantwortungsbewusst mit Vorräten ausgestattet.«
    Das diplomatische Vorgehen de Aths schien van Hoek nur noch misstrauischer zu machen. »Was für eine Art Papist seid Ihr, dass Ihr Euch über Euren eigenen Glauben lustig macht?«
    »Mich über ihn lustig machen? Niemals, mein Herr. Ich bin Jansenist. Ich suche die Versöhnung mit bestimmten Protestanten, da ihr Glaube mir näher an der Wahrheit zu liegen scheint als die Sophisterei der Jesuiten. Ich möchte Euch aber nicht mit weitschweifigen theologischen Ausführungen langweilen...«
    »Was ist mit Juden?«, fragte Moseh ernst. »Wir könnten einen zusätzlichen Juden auf dem Schiff gebrauchen, falls Ihr Eure Prinzipien so weit strapazieren könntet.«
    »Ich werde nicht meine Prinzipien strapazieren, sondern meinen Verstand«, sagte Edmund de Ath, der den Köder nicht aufnehmen
wollte. »Wie finden denn die Rabbis das Essen von Larven? Koscher oder treif ?«
    »Ich habe daran gedacht, eine gelehrte Abhandlung über genau dieses Thema zu schreiben«, entgegnete Moseh, »aber dazu brauche ich Zugang zu bestimmten rabbinischen Schriften, die in Kapitän van Hoeks Bibliothek aus Seefahrtskunde und Abenteuerromanen nicht zu finden sind.«
    Alle lachten – sogar Monsieur Arlanc, der eifrig damit beschäftigt war, mit dem Griff seines Dolches ein Stückchen gekochtes Trockenrindfleisch auf der Tischplatte zu zerstoßen. Sein letzter noch verbliebener Zahn war ihm eine Woche zuvor ausgefallen, und so musste er seine Nahrung mit der Hand kauen.
    Sie hatten so viele Jahre miteinander verbracht, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten, und deshalb konnte dieser Neuankömmling – ob sie ihn nun mochten oder nicht – sich ihrer Aufmerksamkeit sicher sein, egal was er tat oder sagte. Selbst als er Vrej Esphahnians Fragen über die Haltung der Jansenisten gegenüber der armenischen orthodoxen Kirche beantwortete, konnten sie sich mit nichts anderem beschäftigen.
    Nach dem Abendessen wurde heißes Zuckerwasser serviert. Dappa schnitt schließlich das Thema an, das sie alle interessierte. »Monsieur de Ath, Ihr schient mit der Führung der Manila-Galeone gar nicht einverstanden gewesen zu sein. Bei allem Respekt vor den gerade Dahingeschiedenen würde ich gerne wissen, wie das Unglück sich ereignet hat.«
    Edmund de Ath brütete eine Weile vor sich hin. Die Sonne war untergegangen und man hatte Kerzen angezündet; sein blasses Gesicht hob sich deutlich ab, so als schwebte es in der Dunkelheit über dem Tisch. »Dieses Schiff war so spanisch wie das hier holländisch ist«, sagte er. »Die gesamte Situation war verzweifelter, da das Schiff langsam zerfiel und die Passagiere aufsässig waren. Aber die Stimmung war heiter und unbekümmert, hatte sich doch jeder an Bord in die Hand des Schicksals gegeben. Der Hauptunterschied zwischen jenem Schiff und diesem hier besteht darin, dass das hier ein einziges, einheitliches Unternehmen ist, während die Manila-Galeone dem König von Spanien gehörte und eine Art schwimmenden Basar darstellte – eine Kaufmannsarche, die verschiedene Geschäftsinteressen vertrat, von denen natürlich viele einander zuwiderliefen. So wie Noah sicher alle Hände voll damit zu tun hatte, die Tiger von den Ziegen fernzuhalten,
so versuchte der Kapitän der Galeone ständig, zwischen den sich streitenden und intrigierenden Commerçants , die die Schiffskajüten bevölkerten, zu schlichten.
    Ihr werdet Euch erinnern, dass wir vor kurzem zwei Tage lang Hagel hatten. Einige der Kaufleute, die für die Überfahrt auf der Galeone bezahlt hatten, waren mit Dienern aus Ländern mit mildem Klima gekommen, wo man Kälte und Hagelstürme nicht kannte. Diese armen Kerle waren von dem Hagel so zermürbt, dass sie unter Deck flohen, sich ganz hinten im Laderaum versteckten und durch nichts herausgelockt werden konnten. Im Laufe der Zeit klarte der Himmel auf, und

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