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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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deponiert.
    Am fünften Januar 1702 zogen dann Moseh und zwanzig andere ihre Sanbenitos an, setzten ihre Spotthüte auf, stellten am Rand dieser kleinen, aus Adobeziegeln gebauten Stadt einen Maultierzug auf und machten sich auf den Weg nach Neu-Mexiko. Jack begleitete sie, bis sie deutlich außer Sichtweite des Glockenturms neben der Kirche der Stadt waren. Dort rissen sich alle bis auf Jack ihre Sanbenitos und Hüte vom Leib und machten am Wegesrand ein Freudenfeuer daraus. Jack schüttelte jedem einzelnen der Männer die Hand, nur Moseh umarmte er und gab unter Tränen, die den Staub in seinem Gesicht verschmierten, mehrere absurde Versprechungen von sich, zum Beispiel, dass er, wenn er sich in England eine Grafschaft gekauft hätte, zu einem Privatbesuch nach Neu-Mexiko käme. Der Abschied dauerte lang, was es nur noch schwerer machte, als Moseh sich schließlich auf sein Maultier schwang, den Zügel aufnahm und Richtung Norden wendete. Jack stand ungefähr noch eine Stunde lang da, überzeugte sich davon, dass die Sanbenitos vollständig zu Asche verbrannt waren, und sah zu, wie die Staubwolke hinter dem Maultierzug in den blauen Himmel emporwirbelte: Asche zu Asche, Staub zu Staub, und...

    »Quecksilber zu Silber«, sagte er und wandte sich der Stadt zu. »Und dann Jack nach London.«
     
    »Soweit ich feststellen kann, gibt es hier nichts anderes mehr zu tun als die letzten Reste dessen, was um das Cabo Corrientes versteckt war, einzusammeln, bestimmte Lieferungen durchzuführen und die Masseln nach Veracruz hinunterzubefördern, wo wir auf die Minerva warten werden«, sagte Edmund de Ath an diesem Abend, als sie vor der Cantina saßen und sich den Maguey -Likör schmecken ließen.
    »So einfach, wie Ihr es hinstellt, ist es nicht«, knurrte Jack.
    »Ganz im Gegenteil, ich glaube, für einen Mann von meinen begrenzten Fähigkeiten ist es viel zu schwierig«, sagte de Ath. »Hier werde ich eher ein Hindernis sein. In Veracruz dagegen könnte ich viel tun, um uns den Weg für den Moment zu bahnen, wo die Minerva , so Gott will, einläuft.«
    »Dann begebt Euch nach Veracruz«, schlug Jack vor.
    »Mich interessiert diese Stadt«, sagte de Ath. »Genau genommen heißt sie Neu-Veracruz. Die alte Stadt wurde vor fast zwanzig Jahren von dem berüchtigten und schrecklichen Verbrecher El Desamparado bis auf die Grundmauern niedergebrannt...«
    »Diese Geschichte kenne ich bereits«, sagte Jack.
     
    Die Geschäfte der Minerva in Neu-Spanien abzuwickeln, nahm mehrere Monate in Anspruch. Jack, Jimmy, Danny und Tomba ritten nach Norden in eine Grenzstadt in Zacatecas, wo niemand sich darum scherte, ob Jack sein Sanbenito trug – oder falls doch, waren die Leute zu ängstlich, um irgendetwas zu sagen, denn es war eine Stadt der Desperados und alle waren ständig bewaffnet. Als Jack noch in Europa lebte, hatte er es genossen, ein Gauner in einer Welt von Lords, Ladys und Mitgliedern der Handelskammer zu sein, und sogar davon profitiert. In einer ganzen Gesellschaft von Gaunern zu leben, fand er jedoch ermüdend, wenn nicht sogar gefährlich. Deshalb hielt er sich gar nicht lange in dieser Grenzstadt auf, sondern zog mit einem Maultierzug weiter nach Westen über die westliche Sierra Madre, um die letzten der noch um das Cabo Corrientes versteckten Schätze zu holen: eine Tonne Quecksilber und van Hoeks sämtliche Bücher – die er in den Bergen zurückgelassen hatte, um zu verhindern, dass sie bei der Ankunft der Minerva in Acapulco oder Lima von der Inquisition beschlagnahmt und verbrannt würden.

    Der Weg zurück nach Zacatecas war überaus gefährlich, da nicht weniger als drei Desperado -Banden ihnen an den Engpässen auflauerten. Aber Jimmy und Danny waren als Folge ihrer Reise um die halbe Welt und ihrer Abenteuer mit der Kriegerkaste von Malabar Experten im Reisen durch bergiges Feindesland geworden. Und Tomba, ein Mann, der von einer Zuckerrohrplantage in Jamaika entflohen und seitdem weit herumgekommen war, unter anderem durch Orte, die schwarzen Landstreichern gegenüber ziemlich unfreundlich waren, hatte eine Art von List und Raffinesse entwickelt, die Jack für typisch orientalisch hielt. Es gab nichts, was er diesen drei Jungs sagen konnte, außer der gelegentlichen Mahnung, dass das hier nicht Hindustan war und jeder von ihnen deshalb nur mit einem Leben rechnen konnte. Das wurde nur mit einem Grinsen quittiert oder aber als Beweis dafür gewertet, dass Jack im Alter von einundvierzig Jahren bereits ein

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