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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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hinab.
    »Nur ein paar Meilen vor Veracruz sind sie in einen Fluss gepurzelt«, sagte Jack leichthin, »sodass ich annehmen würde, dass sie irgendwo im Golf von Mexiko tänzeln – seid Ihr ihnen auf Eurem Weg hierher nicht begegnet?«
    Das war alles, was sie miteinander reden konnten, bevor sie durch das Hurrageschrei und Gejohle von den Matrosen der Minerva übertönt wurden, die alle an Deck gekommen waren, um zuzuschauen, wie die Barke näher kam, und zu sehen, wie viele von der »trockenen« Gruppe die anderthalb Jahre in Neu-Spanien überlebt hatten. Sie schienen im Großen und Ganzen froh und erstaunt zu sein, was Jack als Hinweis darauf wertete, dass niemand im »nassen« Kontingent je erwartet hätte, einen Shaftoe lebendig wiederzusehen. Als Jack ein vertrautes Gesicht nach dem anderen erkannte und nur wenige neue darunter erblickte, kam er sich seinerseits fast vor wie eine Glucke, die ihre Küken zählte. Die Minerva hatte noch nie besser ausgesehen. Jack schloss daraus, dass sie in Peru gute Gewinne erzielt hatten und dass alle Schäden, die das Schiff bei der Umrundung von Kap Hoorn erlitten hatte, bereits in irgendeinem karibischen Hafen behoben worden waren. Falls dem so war, zeigte das den hervorragenden Weitblick eines van Hoek, da Veracruz ebenso erbärmlich wie teuer war und alles in allem vermutlich der ungünstigste Ort, um ein Schiff für die Überquerung des Atlantik auszurüsten.
    »Lasst uns das Schiff beladen und Neuspanien ein für alle Mal den Rücken kehren«, sagte Jack, als er an Bord gegangen und von jedem Besatzungsmitglied mit einem Klaps auf den Rücken oder einer Umarmung gebührend begrüßt worden war. »Im Übrigen würde ich, wo wir schon hier sind, gerne Jeronimos Tradition fortsetzen...«
    »Was für eine Tradition ist das?«, fragte Vrej Esphahnian, der durch und durch wie ein erfolgreicher Geschäftsmann aussah.
    »Die, Veracruz bei jeder Gelegenheit niederzubrennen.«
    »Wir werden mehrere Monate lang den Golf nach den Büchern des Kapitäns durchkämmen«, sagte Dappa, als das Gelächter sich gelegt hatte. Er war der einzige Mann an Bord, der nicht um mehrere Jahre
gealtert war, und er hatte immer noch mehr Zähne im Mund als vier andere Matrosen zusammen.
    »Ich habe nur einen Witz gemacht. Wir haben die Bücher und außerdem auch noch einen Brief«, sagte Jack.
    »Einen Brief von wem?«, fragte Vrej.
    »Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Jack. »Edmund de Ath hätte ihn mir wahrscheinlich vorgelesen, aber...«
    »Du vertraust ihm nicht, das ist sehr klug«, sagte van Hoek.
    »Ganz im Gegenteil – im Gefängnis der Inquisition hatte ich keine andere Wahl, als ihm mein Leben anzuvertrauen, und er brachte mir dieselbe Achtung entgegen. Er ist sonderbar, aber harmlos.«
    »Warum hast du ihn dann nicht deinen Brief lesen lassen?«
    »Weil ich weiß, dass Ihr ihm nie trauen werdet.«
    »Ist er immer noch in Veracruz?«, fragte Vrej.
    »Wie ihr wahrscheinlich erfahren habt, sammelt sich die spanische Schatzflotte in der Bucht von Havanna und bereitet sich darauf vor, dreißig Millionen Pesos nach Cadiz zu bringen«, sagte Jack. »Mehrere Galeonen haben vor vier Tagen hier in diesem Hafen die Anker gelichtet und sind dorthin gesegelt, um sich dieser Flotte anzuschließen. Edmund de Ath hat sich auf einer davon eingeschifft – seine Provision als Cargador habe ich ihm bereits ausgezahlt.«
    »Ungeachtet deiner Zuneigung zu diesem Mann...«, hob Dappa an.
    »Ich habe nichts von Zuneigung gesagt«, gab Jack zurück.
    »Also gut – jedenfalls bin ich froh, dass er auf einem anderen Schiff nach Hause fährt.«
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte van Hoek. »Falls wir zur selben Zeit auslaufen können wie die Schatzflotte, werden wir eine viel einfachere Reise haben. Sämtliche Piraten in der Karibik werden Jagd auf spanische Galeonen machen.«
    »Ja, das werden sie, oder?«, sagte Jack nachdenklich.
    »Uns wird man für ein holländisches Kaperschiff halten«, sagte van Hoek voraus.
    »Oder eine schwer bewaffnete Zuckerbark mit Kurs auf London oder Amsterdam«, warf Dappa ein.
    »Jedenfalls wird kein Pirat, der seine fünf Sinne beisammen hat, seine Zeit mit uns vertrödeln, wenn dreißig Millionen Pesos im selben Gewässer schwimmen.«

    Und so zogen sie los und sammelten alle ihre vergrabenen Silbermasseln ein, brachten sie an Bord der Minerva und verstauten sie neben Silber aus Peru und Gold aus Brasilien. Zuallererst wurden natürlich van Hoeks Bücher an Bord

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