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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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nörgelnder alter Mann und in mehr als einer Hinsicht zahnlos war.
    Ihr Weg zurück über die Berge war durch mehrere sorgfältig geplante Kämpfe gekennzeichnet, bei denen die im Hinterhalt liegenden Straßenräuber feststellen mussten, dass sie selbst aus dem Hinterhalt überfallen wurden, und der Kopf manch eines Desperados fiel dem hell klingenden Streich eines Katana zum Opfer. Sie kamen zurück, um zu entdecken, dass sie sich zu einer Legende entwickelten, was, wie Jack inzwischen glaubte, eine gute Sache war, wenn man sie hinter sich ließ, aber eine schlechte, wenn man gerade mittendrinsteckte.
    In dem Wirtshaus, das sie gewöhnlich als Hauptquartier benutzten, wartete ein Brief; der Wirt sagte, der Kurier, der ihn abgegeben habe, sei aus dem Süden gekommen, und der Brief sei an Moseh oder Jack adressiert. Da Moseh oder Edmund nicht mehr da waren, blieb als einziger des Lesens mächtiger Mensch in der Stadt der Pfarrer übrig. Aber der würde Jack der Inquisition überstellen, sobald er seine Identität preisgab, denn Jack hatte weder sein Sanbenito getragen noch die Messe besucht. Jack warf den Brief zur sicheren Verwahrung in die kalfaterte Truhe, die van Hoeks Bücher enthielt, und dichtete sie wieder ab.
    Nun bestand ihr Vermögen aus einer Tonne Quecksilber (das an verschiedene Bergwerke geliefert und gegen Silbermasseln eingetauscht werden musste) und mehreren Tonnen Silbermasseln, die auf ein Dutzend vergrabene Verstecke verteilt waren. Das alles musste nach Veracruz gebracht werden. Dennoch wäre es eine Torheit gewesen, es in einem gigantischen Wagenzug zu konzentrieren, und so
mussten die Verstecke aufgegraben und ihr Inhalt einzeln befördert werden, wobei die Züge einander überholten, je näher sie Veracruz kamen. Es war ein kompliziertes Geschäft, das eigentlich die Fähigkeiten eines Moseh oder Vrej Esphahnian erfordert hätte und Jack, der die Dinge lieber einfach hatte, auf eine harte Probe stellte. Mehr als einmal fuhr er mitten in der Nacht hoch und fragte sich, ob sie nicht doch ein Versteck in den Bergen vergessen hatten.
    Die ein oder zwei einfachen Belange in Jacks frühen Lebensjahren waren, wie die hellen und dunklen Abschnitte eines Wootz -Barrens, so oft gehämmert und gefaltet, gehämmert und gefaltet worden, dass sie gleichsam in einen Strudel aus Strudeln hineingezogen und verwickelt worden waren, in etwas, was zu verschlungen war, um es zu durchschauen oder ihm die Bezeichnung »Muster« oder »Ornament« zu geben. Dem Verstand prägte es sich als ein dumpfer Eindruck ein, den man nur beschreiben konnte, indem man ihn mit einem farblosen Begriff wie »kompliziert« verwischte. Aber als er Jimmy und Danny und Tomba erzählte, dass es kompliziert war, hatten sie nicht die geringste Ahnung, was er damit meinte. Jack konnte nur beten, dass seine Kompliziertheit es so fest und scharf wie eine Klinge aus Damaszenerstahl machte. Viel später würde er vielleicht imstande sein festzustellen, ob auch Schönheit dabei war.
    Einen Monat lang sah es nicht so aus, als kämen die Züge überhaupt vorwärts, aber dann konnte Jack doch nicht mehr leugnen, dass sie immer weniger Zeit in hochgelegenen Wüsten und immer mehr auf Straßen verbrachten. Während sie das Silber transportierten, gaben sie einen Teil davon aus, verloren aber nichts davon. Das leuchtete Jack zunächst nicht ein, bis er darüber nachdachte, wie arm ihre Gegner dran waren. Während sie selbst fast die ganze Welt umrundet hatten, waren sie durchaus zu einer gewissen Weisheit gelangt, und wenn der Besitz des Silbers sie auch zu einer Zielscheibe machte, so gab er ihnen doch die Möglichkeit, sich die Lösung bestimmter Probleme zu erkaufen. Die einzigen Menschen, die Jack wirklich fürchtete, waren die Indianer, die die Flussübergänge kontrollierten; sie hatten einen abwesenden Blick, der Jack irgendwie an Gabriel Goto erinnerte, wenn er in Erinnerungen über Japan schwelgte. Nach allem, was die Spanier ihnen angetan hatten, hatten sie nichts mehr zu verlieren. Der Versuch einer Bestechung machte sie nur noch zorniger.
    Gegen Ende April war jedoch ihr ganzes Silber in acht verschiedenen Erdlöchern eine halbe Tagesreise von Veracruz entfernt versteckt,
und Jack, Danny, Jimmy und Tomba hatten sich in einem Haus niedergelassen, das Edmund de Ath für sie gemietet hatte, und warteten.
     
    »Wo sind meine verfluchten Bücher?«, fragte Otto van Hoek, beugte sich dabei über die Reling der Minerva und spähte in die Barke

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