Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
Vom Netzwerk:
Unternehmen bin ich verpflichtet, gewissen Diskussionen Raum zu geben.«
    »Sophie besitzt mehr Anteile als jeder von uns, und Eliza scheint für sie zu sprechen«, sagte Jack.
    »Sie hat es aber nicht ausdrücklich gesagt. Solange wir nicht einen Brief mit dem Wappen von Hannover vor Augen haben, wissen wir nicht, was Sophie denkt«, entgegnete Vrej.
    »Du stimmst also für London?«, fragte Dappa.
    Vrej zuckte die Achseln. »Das würde uns direkt zur Münze beim Tower von London bringen. Besser können wir es doch gar nicht haben. Wofür stimmst du, Dappa?«
    Dappas Blick schweifte für einen Moment zu seiner Kajüte. »Ich stimme für Qwghlm.«
    »Stimmst du als Anteilseigner an dieser Unternehmung oder als Chronist des Sklavenhandels?«, fragte van Hoek. Während nämlich
die Minerva die Küste von Brasilien hinaufgesegelt war, hatte Dappa geduldig die persönlichen Geschichten vieler afrikanischer Sklaven gesammelt und aufgeschrieben, und es war kein Geheimnis, dass er sie gerne drucken lassen wollte.
    »Richtig, ich gehe davon aus, dass Eliza – die Jack zufolge eine ehemalige Sklavin und leidenschaftliche Gegnerin dieser Institution ist – gerne mein Buch fördern und dessen Veröffentlichung unterstützen würde«, gab Dappa zu. »Daneben habe ich allerdings noch andere Gründe, Qwghlm vorzuziehen. Um nach London oder Amsterdam zu gelangen, müssten wir, praktisch unter den Geschützen von St. Malo, Dünkirchen und verschiedenen anderen Freibeuterhäfen, den Kanal hinaufsegeln. Das wäre unklug, selbst wenn Frankreich und England nicht in einen großen Krieg verwickelt wären.«
    »Es wäre durchaus denkbar, dass wir Großbritannien im Norden umführen«, murmelte Vrej, »und London durch die Nordsee anliefen, die ein holländisch-englischer See sein müsste.«
    »Aber wenn wir sowieso diese Route nehmen, können wir genauso gut nach Qwghlm fahren.«
    »Ich drehe auf deinen Kurs bei«, sagte Vrej nach einer Weile.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte van Hoek.

Qwghlm
    AUGUST 1702
    Als die Seeleute heimkehrten, waren sie um die Beute nicht nur von Schiffen, sondern von ganzen Flotten, die mit Silber beladen waren, reicher; als Bettler waren sie hinausgefahren und als Ehrenmänner kehrten sie zurück; nein, die Schätze, die sie mitbrachten, bereicherten nicht nur sie selbst, sondern die ganze Nation.
    Daniel Defoe, A Plan of the English Commerce
     
     
    Zwei Monate später, als die Minerva sich im Nebel vor dem Äußeren Qwghlm verirrt hatte, drang ein lautes Geräusch vom Laderaum herauf, und sie hörte auf, sich zu bewegen.

    Van Hoek zog sein Entermesser und machte Jagd auf den Lotsen, James Hh, den er schließlich am Bug entdeckte. Er hockte auf dem Bugspriet. »Willkommen in Qwghlm«, verkündete er, »Ihr sitzt auf dem Felsen fest, den wir den Holländer-Hammer nennen.« Dann sprang er.
    Da war van Hoek bereits von mehreren anderen Männern mit Pistolen umgeben, und alle stürzten vorwärts in der Hoffnung, einen Schuss auf Hh abgeben zu können. In diesem eisigen Wasser (das ihn ohnehin bald umgebracht hätte) konnten sie ihn jedoch nicht sehen; alles was sie wahrnahmen, war ein vager Eindruck, einem mit verdünnter Tinte gedruckten Holzschnitt gleich, von einer im Nebel davonrudernden Pinasse. Diese Pinasse feuerte ein Signal aus ihren Drehgeschützen ab, und als das Echo dieses Knalls zwischen den Drei Sghrs verhallte, konnten die Männer auf der Minerva in der Ferne Rufe von Männern auf anderen Schiffen hören – einem ganzen Geschwader, das, in sicherer Entfernung von dem Felsenriff vor Anker liegend, um sie herum angeordnet war. All diese Stimmen sprachen Französisch, bis auf eine oder zwei, die durch Sprachrohre riefen: »Willkommen daheim, Jaaack!«
    Die Männer auf der Minerva verharrten schweigend. Nicht dass sie versucht hätten, besonders verstohlen zu sein – sich zu verstecken, hatte jetzt nicht mehr viel Sinn. Es war eine feierliche Stille wie bei einer Beerdigung. Dabei ging in den Köpfen der Schiffsoffiziere ein Prozess geistiger Umorientierung vor sich, in dessen Verlauf sie ihre Erinnerung nach allem durchforsteten, was in den letzten paar Monaten passiert war, und zu verstehen begannen, dass das alles eine ausgeklügelte Täuschung, eine von den Franzosen gelegte Falle war.
    Als der Nebel sich langsam lichtete und die Umrisse französischer Fregatten um sie herum allmählich klar und deutlich hervortraten, schlenderte van Hoek zurück zum Poopdeck, legte seinen rechten Arm

Weitere Kostenlose Bücher