Confusion
gegen französische Schuldverschreibungen.«
»Streng genommen ist das wohl so. Ein solcher Austausch bedeutet einen Verlust von Macht und Unabhängigkeit. Denn Gold kann überall und für alles ausgegeben werden. Papier mag denselben Nominalwert haben, aber seine Nützlichkeit hängt von hundert Faktoren ab, die größtenteils unmöglich zu verstehen sind, es sei denn, man lebt in Versailles. Aber das ist alles Unsinn.«
»Was heißt das, es ist alles Unsinn?«
»Diese Verschreibungen sind wertlos. Die Schulden werden niemals zurückgezahlt werden.«
»Wertlos!? Niemals!?«
» Vielleicht übertreibe ich. Ich will es so formulieren: Der Adelige, der die Befestigungen um den Hafen gebaut hat, weiß, dass er sein Geld vielleicht nie wiedersieht. Aber das kümmert ihn nicht, weil es bloß eine goldene Platte in seinem Keller war. Nun sind die Platten fort, aber er hat dafür in Versailles eine Währung anderer Art; und genau das wünscht er sich.«
»Ich bin versucht, Euren Zynismus zu teilen, denn ich möchte nicht als Närrin dastehen«, sagte Eliza langsam, »aber wenn die Schuld durch ein gesiegeltes Dokument des contrôleur-général abgesichert wird, dann, scheint mir, muss sie irgendeinen Wert haben.«
»Ich möchte nicht von Befestigungen sprechen«, sagte er. »Diese hier sind von Monsieur le Comte d’- – - – - erbaut worden«, wobei er einen Namen erwähnte, von dem Eliza noch nie gehört hatte. »Ihr mögt Euch bei ihm erkundigen, wenn Ihr neugierig seid. Aber Ihr und ich, wir dürfen uns nicht von der vorliegenden Angelegenheit ablenken lassen: Bauholz für die Werften Seiner Majestät.«
»Schön«, sagte Eliza. »Ich sehe dort unten welches. Woher kommt es?«
»Aus dem Baltikum«, gab er zurück, »und es wurde dieses Frühjahr, vor der Kriegserklärung, von einem holländischen Schiff gebracht.«
»In Dünkirchen könnte keine Werft existieren, die ihren Nachschub nicht über das Meer bezieht«, erklärte Eliza. »Darf ich also annehmen, dass das vor dem Krieg die übliche Verfahrensweise war?«
»Sie ist schon eine ganze Weile nicht mehr üblich. Als ich um 1670 von meinen Reisen im Osten zurückkehrte, ließ mich mein Vater in der Kompanie des Nordens in La Rochelle arbeiten. Das war ein Geistesprodukt von Colbert. Er hatte versucht, seine Flotte aus französischem Holz zu bauen, und war auf die gleichen Probleme gestoßen wie Ihr. Zweck dieser Compagnie du Nord war es deshalb, im Baltikum Holz aufzukaufen. Zwangsläufig wurde dieses Holz zum größten Teil mit holländischen Schiffen verfrachtet.«
»Warum hat er es bis nach La Rochelle befördern lassen? Warum nicht weiter nördlich – nach Dünkirchen oder Le Havre?«
»Weil in La Rochelle die Hugenotten saßen«, antwortete der Marquis, »und sie haben dafür gesorgt, dass das ganze Unternehmen erfolgreich war.«
»Und was habt Ihr getan, wenn ich fragen darf?«
»Ich bin in den Norden gereist. Habe die Augen offen gehalten. Meinen Vater informiert. Seine Position in der Marine ist weitgehend
repräsentativer Natur. Aber die Informationen, die er darüber bekommt, was die Marine tut, haben ihn in die Lage versetzt, Investitionen zu tätigen, die seine geistigen Fähigkeiten ansonsten übersteigen würden.«
Eliza schaute wohl etwas verdutzt drein.
»Ich bin ein Bastard«, sagte der Marquis.
»Ich wusste, dass er reich ist, habe jedoch angenommen, das sei alles geerbt«, sagte Eliza.
»Was er geerbt hat, ist unbarmherzig in weiches Geld umgewandelt worden, und zwar genau so, wie wir es vor ein paar Minuten besprochen haben«, sagte d’Ozoir. »Das heißt nichts anderes, als dass er im Laufe der Zeit langsam seine eigenständigen Mittel verloren hat und zu einem Pensionär der französischen Regierung geworden ist – genau so möchte es Le Roi haben. Um überhaupt noch irgendwelche eigenständigen Mittel zu behalten, musste er Geld anlegen. Dass Ihr nichts davon wisst, liegt daran, dass er im Mittelmeerraum – in der Levante und in Nordafrika – investiert hat, während Eure Aufmerksamkeit eher nach Norden und Westen gerichtet ist.« An dieser Stelle nahm er Eliza fest bei der Hand und schaute ihr in die Augen. » Und das sollte meiner Ansicht nach auch so bleiben - und nun wollen wir uns dem Thema baltisches Bauholz zuwenden, wenn es Euch recht ist.«
»Schön«, sagte Eliza. »Ihr sagt, Anfang der Siebziger hätten das Hugenotten mit holländischen Schiffen erledigt. Dann gab es einen langen Krieg gegen die Holländer,
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