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Coogans Fluch (German Edition)

Coogans Fluch (German Edition)

Titel: Coogans Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar Nietsch
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Ausbruch von ihr, wahrscheinlich waren auch die Stollen der Mine verschüttet. Niemand würde je etwas von ihnen zu Gesicht bekommen.      
      „Du hast mir noch immer nicht erzählt, wer du bist und von welchem Stamm“, begann Jonathan nach einer Weile.
      Der Alte grinste: „Würde es etwas ändern, wenn du es wüsstest, weißer Jäger?“
      Jonathan schüttelte den Kopf und lachte.
      „Na, vielleicht wird aus dir einmal ein weiser Mann“, schmunzelte der Schamane, dann nahm er die Trage mit dem Kind vom Rücken und reichte sie dem Jäger. „Hüte dieses Menschenkind, wie deinen Augapfel, weißer Mann. Es ist etwas besonderes, so wie du. Bis zum Morgengrauen solltet ihr hier bleiben.“ Anschließend gab er Jonathan noch ein kleines Bündel. „Hier ist Nahrung und Wasser für dich und den Knaben. Der Gang wird euch in der Nacht schützen. Es wird Schnee geben und die heiße Asche soweit abkühlen, dass du bei Morgengrauen aufbrechen kannst. Doch bleibe nicht zu lange. Der Geist des Berges ist noch nicht verloschen.“
      Jonathan nahm die Trage und das Kind entgegen. Ohne Furcht sah es ihm ins Gesicht. Es schien, als wisse der Knabe um sein Schicksal und als habe er sich schon längst damit abgefunden.
      „Wie soll ich ihn rufen? Ich meine, der Knabe hat doch einen Namen, oder?“
      „Nein. Such dir selbst einen aus, später wird er sich einen Namen schon verdienen.“
      „In Ordnung, doch würde mich eine Sache wirklich interessieren.“ Auffordernd sah der Alte Jonathan ins Gesicht und so fuhr der Jäger fort: „Erinnerst du dich daran, als wir uns über meine Schwester unterhalten haben?“
      Der Alte nickte.
      „Ich habe danach gefragt, warum du die Tiere der Farmer getötet hast. Damit hast du mehr Aufmerksamkeit erregt, als dir lieb sein konnte. Du bist ein weiser Mann. Warum also, hast du sinnlos getötet und dabei das Geheimnis dieser Stadt gefährdet?“
      „Eine gute Frage, wenn auch die Antwort darauf nicht von belang ist. Jedenfalls nicht mehr.“ Er verstummte lächelnd, dann sagte er: „Aber ich will deine Neugier befriedigen. Lange schon durstreife ich in Form des Wolfes das Land meines Volkes und ihrer Ahnen, seit vielen, vielen Sommern. Der Wolf ist ein Teil von mir, ein Teil den ich ständig kontrollieren muss. Denn sonst kontrolliert er mich. Ich bin alt geworden, an Menschenjahren gemessen, dürfte ich seit zweihundert Sommern nicht mehr leben. Und nicht nur alt, auch schwach bin ich geworden, nicht mehr fähig, wirklich große Dinge zu bewegen oder lange zu kontrollieren. Der Wolf ist eine große Sache und er ist ein eigenständiges Wesen, wenn ich ihm erlaube seine Gestalt anzunehmen.“
      Lächelnd verstummte er und nachdem Jonathan ebenfalls nichts sagte, fuhr er breiter lächelnd fort: „Nicht ich habe die Tiere der Farmer gerissen, sondern der Wolf. Oftmals schwanden meine Kräfte, wenn ich in seiner Gestalt das Land durchstreifte und er erhob sich über mich und handelte wie ein Wolf. So einfach ist das und kein großer Zauber. Meine Zeit ist abgelaufen und die Mächte duldeten mein Dasein nur wegen des Kindes solange auf dieser Welt. Jetzt, da sich sein Schicksal in deinen Händen befindet, ist mein Werk getan. Auch das des Wolfes. Glück auf all deinen Wegen – Freund. Und vergiss das Gesicht deiner Schwester nicht.“
      Im nächsten Augenblick war der Alte verschwunden, löste sich vor Jonathans Augen auf.

 
    Rauchschwaden trieben durch die Luft, verhüllten die zerstörte Landschaft oder gaben Teileinblicke von ihr frei. Die ungeheure Staublawine des explodierenden Berges hatte eine zwei Meilen breite Schneise durch die Hochebene geschlagen und unter einer meterdicken, unpassierbaren Ascheschicht begraben. Qualmende Risse und Spalten durchzogen die restliche Hochebene an Stellen, die tags zuvor von einer makellosen Schneedecke überzogen waren. Erkaltete Asche bedeckte knöcheltief die Landschaft. Hin und wieder ertönte leises Grummeln aus den Tiefen der Erde und es klang, als wenn sich ein müder Riese nach vollbrachtem Tagewerk zur Ruhe begebe. Stob Wind in die Rauchfetzen, teilten sie sich und gaben für kurze Momente den Blick auf den geborstenen Berg frei, dessen Nordflanke verschwunden war und der wie der klägliche Stumpf eines abgebrochenen Zahnes emporragte.
      Zwei Männer bewegten sich vom Rand des Plateaus darauf zu. Zischend entwich Dampf einem Spalt und der ältere der beiden Männer deutete nach vorn: „War dort nicht

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