Coogans Fluch (German Edition)
„Und – gibt sie dir endlich Frieden deine Rache, weißer Mann?“, fragte plötzlich der Alte in seinem Rücken.
Jonathan fuhr herum, starrte in das Gesicht des Schamanen, der das Kind auf dem Rücken trug. Furchtlos und mit intelligenten Augen blickte es Jonathan ins Gesicht.
„Was zur Hölle war das? Sag mir, alter Mann, was habe ich all die Jahre verfolgt?“
Gackernd lachte der Alte. „Hast du das nicht erkannt? Ein Wesen der Macht, das seinen angestammten Platz verlassen hatte. Die Mächte haben dich dazu auserkoren, das Gleichgeweicht wieder herzustellen.“
Verständnislos starrte Jonathan den Alten an. „Du meinst den Teufel?“
Ausdruckslos erwiderte der Alte den Blick des Jägers. Endlich erwiderte er: „Ja, durchaus. Dieser Mann verkörperte das, was ihr Weißen den Teufel nennt.“ Dann verzog sich sein Gesicht zu einer gequälten Grimasse. „Wusstest du, dass vor dem weißen Mann kein Teufel in diesem Teil der Welt existiert hat? Ihr brachtet ihn mit und er vermachte euch dies Land. Das Land meiner Ahnen und meines Volkes“, dabei deutete er hinunter in die Schlucht, wo das Gestein kochte. „Willst du ihm folgen oder leben?“
Der Schamane grinste Jonathan ins Gesicht. Hitze und die schwefelhaltigen Dämpfe schienen ihm nicht im Geringsten zu beeindrucken. „Du hattest deine Rache und nun erinnere dich an dein Versprechen und deiner Schuldigkeit gegenüber den Mächten. Folge mir – rasch!“ Schon verschwand sein Gesicht aus der Öffnung und der Jäger folgte auf den Fuß. „Nimm das!“, rief der Alte über das ohrenbetäubende Rumpeln des Berges hinweg.
Jonathan spürte wie er ihm ein Stück Tuch in die Hand drückte, schon zog ihn der Indianer hinter sich her. Immer schneller hetzten die Männer durch die Dunkelheit. Qualm und Hitze umgaben sie, Jonathan röchelte nach Luft. Irgendwann glaubte er, bald keinen Fuß vor der anderen setzen zu können. Endlich ließ der Zug am Stoff nach und er taumelte noch drei oder vier Schritte, von seinem eigenen Schwung weiter getragen, bevor er kopfüber in kühlen Schnee plumpste. Dankbar sog er die frische Luft ein, füllte seine Lungen mit Sauerstoff.
Nur allmählich richtete er sich in sitzender Haltung auf und sah sich um. Der Alte stand einige Schritte von ihm entfernt und ließ seine Augen über das Inferno in der Ebene unter ihnen schweifen. Soweit es Jonathan beurteilen mochte, befanden sie sich auf der südwestlichen Bergflanke des Vulkans, zu ihrer Rechten erstreckte sich, tief unter ihrem Standpunkt, die Hochebene.
Eine mehrere hundert Meter hohe Staubwolke raste, von der ihnen abgewandten Seite des Berges ausgehenden, über die Hochebene hinweg. Wie ein wütendes Unwesen heißen Staubes und Asche, verschlang sie das Land in atemberaubender Geschwindigkeit. Schnee verdampfte, bevor die Aschemassen jede Spur von ihm vertilgten. Jonathan vermochte lange Zeit nicht, sich von dem Anblick loszureißen und erst als er in die Höhe blickte, sah er die meilenweit aufragende schwarze Wolke über dem verstümmelten Gipfel des Vulkans. Die Wucht des Ausbruchs hatte den halben Berg weggesprengt, nur auf der Seite, auf dem Jonathan und der Alte standen, zeigte sich nichts von der Zerstörung.
„Jetzt erkennst du, wie nahe alles beieinander liegt, weißer Jäger“, sagte der Alte plötzlich und deutete auf die todbringende Staubwolke. „Wir sind hier sicher, berauschen uns an dem unfassbaren Anblick, den uns der sterbende Berg bietet, doch alles was sich dort unten befindet, erfährt nichts als einen heißen schnellen Todes. Immer kommt es darauf an, wo wir stehen, nie gibt es ein rechts oder links, ein schwarz und weiß. Was ist Glück und was ist Pech, gut oder böse, weißer Jäger?“
Jonathan, der inzwischen neben dem Alten getreten war, erwiderte nichts, nickte stumm und starrte weiter auf das Schauspiel, das ihm die entfesselte Natur bot. Irgendwann riss er seine Augen davon los, wandte sich dem Schamanen zu: „Vieles wird mir ein Rätsel bleiben und ich bin nicht besonders neugierig, doch ich glaube zu verstehen, zumindest ein wenig.“
Stumm blickten die beiden Männer hinunter in die Ebene, die nun beinahe vollständig von der Aschenwolke verschlungen war, und die sich noch immer weiter ausdehnte, wenn auch nicht mehr in dem unfassbaren Tempo wie vorher. Der Alte hatte Recht behalten. Es machte nichts aus, wenn der Jäger von der unterirdischen Stadt wusste, nichts zeugte nach diesem
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