Coogans Fluch (German Edition)
als es der düstere Jäger jemals vermocht hätte. Nicht zu fassen, aber sie musste sich eine Sympathie für McLeary eingestehen, die über das gewöhnliche Maß hinausreichte. Ausgerechnet für einen Menschen, der die Aura eines griesgrämigen Vielfraßes verströmte. Dennoch glaubte sie, eine sich nach Liebe sehnende Seele unter McLearys rauer Schale zu spüren, jene verzweifelte Leere in seinem Herzen, ähnlich ihrer eigenen, seit dem Tod ihres Mannes.
„Wahrscheinlich gefällt mir deshalb seine Nähe“, murmelte sie. Innerlich beschloss sie, McLeary in den wenigen Stunden, die er sich noch in Fairbanks aufhielt, aus dem Wege zu gehen.
Entschlossen erhob sie sich, erledigte den Abwasch, deckte abermals den Tisch für die anderen Gäste und stellte eine frische Kanne Kaffee auf den Herd. Lange bevor Maloy und Du Fresne für gewöhnlich erschienen, verließ sie die Pension und widmete sich betont gemächlich ihren Einkäufen.
Trotzdem hatte sie alles weit schneller besorgt als ihr lieb gewesen wäre. Sie überlegte, was sie womöglich vergessen hatte, oder ob sie etwas für kommende Woche vorbestellen musste, als sie eine plötzliche Eingebung überfiel. Diesem unverhofften Impuls folgend, schritt sie die Straße zum Hafen hinunter. Dabei behielt sie ihre Umgebung stets im Auge, wollte sie doch auf keinen Fall Jonathan McLeary über den Weg laufen.
Vor den Hundezwingern zögerte sie kurz, setzte dann ihren Weg umso beherzter fort. Sie traf Sam beschäftigt hinter seiner Hütte, der gerade ein Hundegespann vor den Schlitten anschirrte. Am liebsten wäre sie gleich wieder weggegangen, da wurde sie von Sam entdeckt. „Oh, Hallo Miss Dickins. Kann ich etwas für Sie tun?“
Das Ganze ist doch lächerlich, schalt sie sich im Stillen. Dennoch sagte sie, weshalb sie hergekommen war. Verlegen und deutlich fühlend, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, bat Sally den verwundert dreinblickenden Taylor darum, Jonathan McLeary ihre Grüße auszurichten. Ohne weitere Erklärung hatte sie Sam dann stehen lassen und war zurück zur Hauptstraße gelaufen.
Dabei überlegte sie, wie sie verhindern konnte, dass sie McLeary doch noch begegnete, schließlich besuchte sie die Witwe Lara Johnson, die schon häufig Sally eingeladen hatte, auf eine Tasse Tee bei ihr vorbeizuschauen.
Erleichtert, aber nicht ohne eine gewisse Schwermut, registrierte Sally bei ihrer Rückkehr in die Pension, die Abreise McLearys.
Halbherzig folgte sie beim Abendessen der Unterhaltung Maloys und Du Fresnes. Wenigstens erfuhr sie aus den Worten der beiden, dass sie McLeary seit gestern Abend nicht gesehen hatten. Offenbar hatte der Jäger in Ed’s Saloon erfahren, was er wissen wollte.
Maloy riss Sally aus den Gedanken, als er sagte, dass er diesen Abend in seinem Zimmer verbringen werde und sich für den Abend verabschiedete. Du Fresne hingegen, begab sich wie üblich zu einem Spielchen in Ed's Saloon.
Wenige Meilen genügten um Jonathan davon zu überzeugen, dass Sam Taylor keineswegs übertrieben hatte, als er Ausdauer und Kraft des Gespanns beschrieben hatte. Geradezu euphorisch stemmten sich die Hunde ins Geschirr, rissen mit ganzer Kraft den schweren Schlitten mitsamt dem Jäger vorwärts. Ganz so, als wollten sie auf ihre Art zeigen, dass ihr neuer Herr kein besseres Gespann hätte kriegen können.
Nur selten zwangen tiefe Schneeverwehungen Jonathan dazu, vor den Hunden eine Spur zu stapfen und sie bewältigten mehr Meilen, als er gehofft hatte. Bald rückten erste verstreute Hügel, den Bergen der Alaska Range vorgelagert, in greifbare Nähe. Der Denali, die höchste Erhebung des Gebirges, ragte weithin sichtbar über die vereisten Gipfel der anderen Berge hinweg. Der stetige, aber milde Wind trieb letzte Wolkenfetzen über den gleißend blauen Himmel vor sich her. Jonathan war guter Dinge, die Berge noch vor Einsetzen des Tauwetters zu erreichen.
Kurz vor Sonnenuntergang kreuzte eine frische Schlittenfährte seinen Weg. Es mochten etwa drei Stunden vergangen sein seit ein Schlitten mit Sechsergespann hier vorbeigekommen war. Die Sonne hatte die Ränder der Fährte bereits eingeschmolzen und außer, dass der Schlittenführer in großer Eile und die Tiere völlig erschöpft gewesen sein mussten, ließ sich nichts weiter erkennen.
Es konnte sich ebenso um die Fährte des Narbigen handeln, als auch von jedem anderen, der hier draußen lebte. Beinahe jeder der vielen Fallensteller und Goldsucher, die während
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