Coogans Fluch (German Edition)
Jonathan seine Füße in den sandigen Untergrund bohren, sonst wäre er zurück gerutscht. Dann traten die Seitenwände zurück und nach wenigen Metern spürte der Jäger nackten Fels unter sich. Er tastete nach oben, ohne die Decke zu erreichen und erleichtert setzte er sich auf. Nachdem er ein Streichholz entzündet hatte, sah er, dass er sich in einem quadratischen Raum befand. Die Spuren menschlichen Schaffens waren hier nicht länger zu leugnen und in einigen Metern Entfernung führte ein kunstvoll gefertigter Torbogen in einen weiteren Raum. Die Wände schienen regelrecht poliert, Absätze und Nischen waren kunstvoll herausgearbeitet, und den gleichmäßigen Schwung des Torbogens verzierten Tiergestalten und ihm unbekannte Schriftzeichen. Dem zweiten Raum schloss sich ein Saal an, der sich, nachdem Jonathan einige hundert Schritt weit gegangen war, als geräumiger Gang entpuppte. Und in dessen Wänden sich ebenfalls kunstvoll verzierte Tore und runde Öffnungen, im Abstand von ungefähr fünfzig Schritt zueinander, befanden. Mit steigender Wachsamkeit schritt der Jäger weiter, leuchtete in die Torbögen, ohne dahinter etwas Aufschlussreiches zu entdecken. Nirgends fand er Anzeichen eines Ausgangs, oder ein Zeichen von der Anwesenheit seiner Erbauer. Nackte, verlassene Räume und dieser nicht enden wollende Gang. Irgendwann entzündete er seine letzte Fackel. Schon seit längerem durchdrang die Erschöpfung jede Zelle seines Körpers.
Grimmig verfolgte Jonathan das letzte Aufflackern seiner Fackel, dann verschluckte ihn Finsternis. Er hatte sich die letzten Minuten nur aufs Vorwärtsschreiten konzentriert, doch jetzt schien er am Ende seines Weges angelangt zu sein. Ohne Licht gab es in dieser absoluten Schwärze nicht viel Hoffnung.
Dennoch tastete er sich im Dunkeln weiter. Nach einiger Zeit bemerkte er, dass die Beschaffenheit des Untergrunds und die der Wände rauer wurden, mehrmals stieß er sich Kopf oder Schultern an vorstehenden Felskanten oder er stolperte über herumliegendes Geröll. Zeitweise glaubte er, beobachtet zu werden und lauschend hielt er inne. Doch außer seinen eigenen Atemzügen, durchdrang nicht das leiseste Geräusch die Stille und der Jäger tat sein Gefühl als Hirngespinst ab.
Auch als er plötzlich meinte, der Boden unter seinen Füßen schwanke, dachte Jonathan zunächst seine Wahrnehmung spiele ihm einen Streich, doch dumpfes, anschwellendes Grollen belehrten ihn eines Besseren. Heftig erzitterte der Berg, Staub und kleinere Steine rieselten von der Decke, irgendwo krachten schwere Brocken aus den Wänden, dann folgten heftige Erdstöße, die den Jäger von den Beinen rissen. So unvermittelt wie es begonnen hatte, verebbte das Beben.
Vom Staub prustend, kämpfte sich Jonathan auf die Beine und schwankend arbeitete er sich über das verstreute Geröll voran. Risse durchzogen den Boden, doch solange Jonathan die gegenüberliegende Kante ertasten konnte, setzte er darüber hinweg.
Es schienen ihm Stunden vergangen zu sein, als er unvermittelt auf eine raue Wand stieß, die den Gang offenbar abschloss. Tastend suchte Jonathan nach einem Durchgang, schließlich gelangte er zu dem Schluss, in einer Sackgasse gelandet zu sein. Erschöpft setzte er sich, flimmernde Punkte tanzten vor seinen Augen, plötzliche Übelkeit befiel ihn und würgend erbrach er sich. Sowie er sich einigermaßen besser fühlte, versuchte er sich aufzurichten, doch fehlte ihm selbst dazu die Kraft. Matt plumpste er zurück, lehnte den Oberkörper an die Felswand und murmelte: „Das war's also, mein Alter. Ist auch kein schlechterer Platz zum Sterben, als anderswo.“
„Gibt Big Iron John so schnell auf?“, echote plötzlich eine sanft klingende Stimme von den Wänden. Jonathan blinzelte und ein zweites Mal sah er sich dem Geist seiner Schwester gegenüber. Miriam schien von innen heraus zu leuchten. In ihrem milchigen, pulsierenden Schein bemerkte Jonathan, dass er keineswegs in eine Sackgasse geraten war. Eine grobe, halbrunde Öffnung in der die Wand befand sich nur wenige Meter neben ihm.
„Aufgeben?“, murmelte Jonathan. „Aufgeben! Niemals gebe ich auf – wenn es Sinn macht. Was ist los mit uns, Miriam? Warum sprichst du nicht mehr mit mir?“ Obwohl er es nicht wollte, war der vorwurfsvolle Klang seiner Stimme deutlich zu hören. Vor vielen Jahren hatte sie seinem Leben wieder einen Sinn gegeben und ihn seither unzählige Male vor dem Tod bewahrt. Immer wieder hatte sie ihn
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