Coogans Fluch (German Edition)
auf mich alleine aufpassen.“
Jonathan kam nicht umhin zu lächeln. Diese Frau hatte seine Empfindungen für den Spieler absolut richtig eingeschätzt. Eine bemerkenswerte Frau, dachte Jonathan erneut, dann sagte er: „Verzeihen Sie, Ma'am. Ich werde daran denken. Was bin ich Ihnen schuldig?“
„Acht Dollar, einschließlich Essen und Bad. Wenn ich Ihre Sachen zum Reinigen bringen soll und Sie morgen frühstücken möchten, bekomme ich zehn Dollar.“
Jonathan kramte in seinem Mantel, zog eine abgegriffene Geldbörse hervor und reichte Sally ein Zehndollarstück. „Ich lege mich nach dem Bad schlafen. Vielen Dank, Miss Dickins.“
Sally nickte und steckte die Münze ein. „Die Sachen, die gereinigt werden sollen, legen Sie vor die Tür, ich gebe sie nachher beim Chinesen ab. Frühstück gibt's um acht. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mister McLeary?“
„Nein danke, Ma'am“, sagte Jonathan und begann damit, sich zu entkleiden.
Sally nickte und schickte sich an zu gehen. Bevor sie jedoch die Tür öffnete, sagte Jonathan leise, ihr den Rücken zuwendend: „Sie erinnern mich an Miriam, Ma'am. Miriam war meine Schwester.“ Sally verhielt kurz im Türrahmen, aber der Jäger beachtete sie nicht weiter. Bevor er sich die Hosen auszog, verließ sie das Bad.
Eine Stunde später lag Jonathan auf dem ungewohnt weichen Bett in seinem Zimmer. Brummend streckte er sich und genoss die angenehme Schläfrigkeit, die er nach Essen und Bad empfand. Wie lange hatte er auf solche Annehmlichkeiten verzichtet? Wenigstens eine Ewigkeit, so schien ihm.
Trotz seiner Mattheit, dem weichen Federbett, lag er lange wach. Seine Gedanken kreisten um Sally Dickins, ihren beruhigenden Einfluss, den sie auf ihn ausgeübt hatte. Unter normalen Umständen hätte er sich niemals zu einem Wortwechsel mit Maloy hinreißen lassen. Wie schon so oft in den vergangenen Monaten wurde ihm bewusst, wie alleine er war. Diese Einsamkeit befiel ihn immer häufiger, je länger Miriam nicht mit ihm sprach und seitdem sehnte er sich nach einem anderen Menschen. Einem Menschen, der sein Leben mit ihm teilte, ihm gab, was ihm selbst fehlte, und nicht zum ersten Mal in den Jahren seiner Wanderschaft stellte er deren Sinn in Frage.
Seine Gedanken wanderten zu Miriam. Vor langer Zeit aus dem Leben gerissen, geschändet und erschlagen wie eine räudige Katze. Jäh trat die Fratze des Narbigen vor Jonathans geistiges Auge, hörte er dessen tierisches Lachen, sah die boshafte Kälte in dessen Blick. Seelischer Schmerz, sowie das unbändige Verlangen nach Rache krampften Jonathans Eingeweide, so wie jedes Mal, wenn er den Erinnerungen erlaubte, aus den Tiefen seines Unterbewusstseins empor zu tauchen. Und immer seltener vermochte der Jäger sich dieser Pein zu verschließen, diese Gedanken zu blockieren. Warum nur, warum redete Miriam nicht mehr mit ihm?
All die Jahre nach ihrem Tod hatte sie mit ihm gesprochen, war wie ein Gedanke in seinem Kopf erschienen, hatte mit ihrer sanften Stimme seine aufbrausende, ungestüme Seele beruhigt, seine unmenschlichen Kräfte gezügelt, hatte ihm stets den Weg aufgezeigt.
Warum also war sie verstummt? Das Ziel war nach wie vor das Gleiche: der Narbige. Der Wolf, nichts weiter als ein Vorwand. Niemanden verwunderte es, wenn er auf der Suche nach dem Wolf die Gegend durchstreifte.
Aber Miriam blieb stumm. Jonathan quälte der Gedanke, seine Schwester endgültig verloren zu haben und ruhelos warf er sich von einer Seite auf die andere.
Als Jonathans Blick irgendwann auf den harten Bretterboden fiel, kam ihm ein Gedanke. Ein säuerliches Grinsen huschte über seine verbitterten Züge. „Weiche Betten“, murmelte er. „Verführen nur zum Grübeln.“
Müde bereitete er sich ein Nachtlager auf dem Boden und kaum hatte er sich in die Decke gewickelt, fiel er auch schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Der Sturm hatte nachgelassen, als Pete Townshead in sein Büro zurückkehrte. Die vielen Saloons und Nachtclubs waren um diese Zeit noch gut besucht, doch lag der größte Teil Fairbanks’ bereits im tiefsten Schlummer.
„Was sagst du? Jonathan McLeary ist in Fairbanks?“, war es Frank Buteau entfahren, nachdem ihm Pete von dem Fremden erzählt hatte.
„Du kennst diesen Mann also“, hatte Pete nachgehakt.
„Na und ob ich ihn kenne. Niemand vergisst diesen Mann, wenn er einmal das Vergnügen hatte. Und deine Beschreibung erlaubt keinen Zweifel. Mann,
Weitere Kostenlose Bücher