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Coogans Fluch (German Edition)

Coogans Fluch (German Edition)

Titel: Coogans Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar Nietsch
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ich fass' es nicht. Nach dem Goldrausch von Nome ist es ziemlich still um Big Iron John geworden“, kopfschüttelnd holte der alte Frank eine Flasche Whisky aus dem Schrank und bot dem Marshall ein Glas an.
      „Danke. Big Iron John, sagst du? Hab' den Namen nie gehört. Was ist das für ein Mann, Frank?“
      „Du bist noch nicht lange genug im Land, Pete. Um die Jahrhundertwende war McLeary im ganzen Nordland so berühmt wie des Teufels Großmutter. Die verrücktesten Geschichten um diesen Riesen machten die Runde. Gold interessierte ihn, so weit ich sagen kann, nie sonderlich. Hatte nur Augen und Ohren für Dinge, die einen narbigen Typ betrafen. Zeigte ständig so 'n alten Steckbrief mit dem Kerl 'rum. Meiner Meinung nach verdanken wir McLearys Erscheinen in Alaska ausschließlich der Fährte dieses Narbigen. Mich wundert nur, dass er sich plötzlich für den Wolf interessiert. Hat sich früher nichts aus Geld gemacht und in die Angelegenheit anderer mischte er sich schon gar nicht ein. Sagte er dir, wo er herkommt?“
      „Ja – von Dawson. Doch bin ich mir nicht sicher, ob ich ihm glaube.“
      „Ha, Dawson! Glaub 's ruhig, Pete, glaub 's ruhig. Das sieht diesem Draufgänger ähnlich. Sei froh, dass diese Stadt keine streitsüchtigen Rowdys beherbergt, sonst hätte der Leichenbestatter alle Hände voll zu tun“, ereiferte sich Frank, trank einen kräftigen Schluck Whisky und grinste dem Marshall ins Gesicht.
      „Deswegen kam ich zu dir. Er behauptete, dich zu kennen und das stimmt, doch sonst werde ich aus dem Kerl nicht schlau. Den Steckbrief hat er mir auch gezeigt. Sieht also danach aus, als hätte er das Ende der Fährte noch nicht erreicht.“
      „Sicherlich ist der Typ längst irgendwo in der Wildnis gestorben“, entgegnete Frank Buteau achselzuckend.
      „Möglich. Erzähl’ mal Frank. Wie lerntet ihr euch kennen? Du und dieser McLeary. Sonst muss man dir deine Geschichten doch auch nicht aus der Nase ziehen.“
      „Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Außer, dass ich tot wäre, hätte mich John nicht gefunden“, der Prospektor brach ab, kratzte sich nachdenklich am Kinn, so, als überlegte er sich die richtigen Worte. Dann hellten sich seine Züge plötzlich auf und mit triumphierender Miene kramte er aus der untersten Schublade einer Kommode ein Photo heraus. „Hat mal 'n Reporter gemacht. Mit dem Schlitten hängte ich seinerzeit jedes Hundegespann ab“, stolz reichte Frank dem Marshall das Bild. Es zeigte Buteau auf einem Hundeschlitten, den er mit einem Mast und Segel versehen hatte, um auf den zugefrorenen Flüssen und Seen besser voranzukommen. Pete kannte diese Geschichte längst. Jeder in Fairbanks kannte sie, auch den Grund für Franks Erfindungsreichtum. Er konnte sich schlichtweg weder Hunde noch ein Pferd leisten. Außer seiner Tochter, die als Lehrerin in Fairbanks für sich und den Vater sorgte, und seinen Geschichten aus alten Tagen, besaß Frank Buteau nicht viel.
      „Hat der Schlitten was mit McLeary zu tun?“
      „Aber sicher. Ich segelte g'rad in voller Fahrt den Yukon runter, wollte nach Nome, mir den goldenen Strand ansehen. Der Wind blies kräftig und aus der richtigen Richtung. Ich war schnell, schneller als je zuvor und wie im Rausch. Muss dann ein hochstehendes Eisstück übersehen haben. Jedenfalls flog ich hoch in die Luft und landete direkt unter meinem Vehikel. Brach mir dabei das verdammte Bein. Ohne Hilfe wäre ich unter dem Schlitten nicht mehr hervorgekommen. So lag ich also da, machte meinen Frieden mit dem Schöpfer, als ich plötzlich auf das größte Paar Schuhe blickte, das ich je gesehen habe. McLeary. Kam gerade von der Jagd und war auf dem Weg zu seiner Hütte, in der er überwinterte. Er nahm mich mit, pflegte mein Bein und ich blieb einige Monate bei ihm. Ist ein seltsamer Kauz, der mir anfangs überhaupt nicht geheuer war. Spricht kaum, lacht noch weniger und Whisky, ich hatte natürlich etwas dabei, rührte er die ganzen Monate nicht an. Er zeigte mir den Steckbrief, doch kannte ich den Kerl nicht. Kurz vor Frühlingsanfang war mein Bein soweit in Ordnung, dass ich aufbrechen konnte und gemeinsam sind wir dann nach Nome.
      Mit der Zeit mochte ich ihn sogar irgendwie. Schließlich war er immer anständig zu mir, unheimlich war er mir bisweilen dennoch. Manchmal sprach er im Schlaf, einmal schrie er sogar. Doch als er aufwachte und ich ihn danach fragte, brummte er, dass mich das nichts angehe und so hielt ich es dann auch.

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