Coogans Fluch (German Edition)
Überredungskunst konnte ich ihn einige Zeit davon abhalten, dem Ruf des Goldes zu folgen. Erst als bekannt wurde, dass es in der Tananaebene Gold gäbe und Ross & Raglan hier eine Niederlassung eröffnete, ließ er nicht mehr locker. Schließlich gab ich klein bei und wir zogen vor drei Jahren nach Fairbanks. Das Gold liegt hier tief in der Erde und der erforderliche Bergbau sichert für lange Zeit gut bezahlte Arbeitsplätze. Viele Minenarbeiter holten ihre Familien nach, vielleicht einer der Gründe, warum Fairbanks anders ist, als andere Goldgräberstädte. Rick arbeitete weiterhin für die Company, doch sein Wunsch nach Abenteuer wurde dadurch nicht gemildert. Ich kaufte dieses Haus, eröffnete die Pension und allmählich lebten wir uns ein. Dies ist eine nette Stadt, Mister McLeary. Selbst im so genannten zivilisierten Seattle gab es mehr Schießereien und Verbrechen als hier. Nur an die langen, dunklen Wintermonate konnte ich mich bisher nicht so recht gewöhnen“, Sally verstummte ein weiteres Mal, schluckte schwer und fuhr sich mit dem Handrücken über ihre Augen.
„Was wurde aus Rick, Ihrem Mann?“
„Nun, sein Wunsch nach Abenteuer nagte immer mehr in ihm und als die Sache mit dem Wolf begann, sprach er bald von nichts anderem, als ihn zu jagen. Er war ein guter Schütze, Mister McLeary. Solange keine Belohnung auf das Tier ausgesetzt war, konnte ich ihn von dieser Idee abhalten, schließlich brauchten wir das Geld, das er bei Ross & Raglan verdiente. Doch dann taten sich die Goldsucher und Farmer zusammen und setzten eine Belohnung aus. Zweitausend Dollar, sagte er immer wieder, und dass er nicht in dieses Land hätte kommen brauchen, wenn er wie in Seattle nur in staubigen Lagerhallen arbeite.
Zusammen mit zwei weiteren Männern aus Fairbanks, Familienväter, die in den Minen arbeiteten, zog er vor beinahe einem Jahr los, um Coogans Fluch zu jagen. Kurze Zeit später verlor sich ihre Spur in der Wildnis und seither hörten wir nie wieder etwas von ihnen. Nicht einmal eins der Pferde tauchte wieder auf. Ebenso spurlos verschwanden all die anderen Männer, die später auszogen, als hätte das Land sie verschluckt.“ Sally wischte sich Tränen aus dem Gesicht, dann sah sie dem Jäger zwingend in die Augen. „Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet Ihnen diese Geschichte erzähle. Wenn ich ehrlich bin, dann begleiteten bislang jeden weiteren Jäger meine Wünsche. Ich hasste den Wolf, den ich für mein Unglück verantwortlich machte und wünschte nichts sehnlicher, als dass ihn jemand tötet und sein Fell in die Stadt bringt.“
„Und jetzt?“, sagte Jonathan in die eingetretene Stille, „Hassen Sie ihn nicht mehr?“
„Nein“, kam es bestimmt. „Heute denke ich, dieser Wolf ist wie das Land, Mister McLeary. Mysteriös, faszinierend schön, geheimnisvoll, aber auch gefährlich und tödlich für den, der sich anmaßt, dies Land bezwingen zu wollen. Denjenigen belegen Land und Wolf mit ihrem Fluch. Coogan hätte gut daran getan, bei seinen Hunden und der Farmarbeit zu bleiben. Keiner sollte diesen Wolf jagen, auch Sie nicht, Mister McLeary. Obwohl Sie tatsächlich so aussehen, als könnten Sie ihm gewachsen sein“, Sally erhob sich und räumte den Tisch ab.
Jonathan nickte und starrte nachdenklich in seine Tasse. Nach einer Weile sagte er: „Wahrscheinlich haben Sie recht Ma'am. Trotzdem muss ich heute weiter. Darf ich Sie noch etwas fragen?“
„Nur zu.“
„Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?“ Jonathan hatte seinen Steckbrief auf dem Tisch ausgebreitet und verwundert betrachtete Sally den Jäger. „Sind Sie Kopfgeldjäger?“, murmelte sie, mit einem Hauch Geringschätzung in der Stimme.
„Nein, Ma'am“, erwiderte McLeary. Sallys Tonfall schnürte ihm die Kehle zu. Nicht zu fassen, aber die Meinung dieser Frau über ihn bedeutete ihm tatsächlich weit mehr, als er je für möglich gehalten hatte.
Sie schien eine Erklärung zu erwarten und nach kurzem inneren Ringen, sagte Jonathan: „Ma'am, es fällt mir verdammt schwer darüber zu reden. Sie sind der erste Mensch, dem ich dies sage und ich möchte Sie bitten, darüber mit keinem anderen zu sprechen.“
Zweifelnd betrachtete Sally den Jäger, doch schließlich nickte sie einvernehmlich.
Den Kopf gebeugt, seinen Blick auf die Tischplatte geheftet, fuhr er fort: „Seit 21 Jahren folge ich der Spur dieses Mannes. Für lange Zeit verlor sich seine Fährte in den Bergen Alaskas, jetzt
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