Coolman und ich - Auf die harte Tour (German Edition)
an der Haustür.
Vielleicht ist das ja mein Koffer!
Ich höre, wie die nette alte Dame nach dem dritten Läuten endlich zur Tür geht. Kurz darauf kommt sie mit einem jungen Mann ins Wohnzimmer. Der Mann trägt einen Anzug mit einer schrecklichen Dagobert-Duck-Krawatte und streicht sich mit der linken Hand immer wieder durch seine gegelten Haare. Mit der rechten hält er einen Aktenkoffer aus schwarzem Leder umklammert.
Das ist definitiv nicht mein Koffer.
Der Anzugträger stutzt einen Moment, als er mich in dem rosa Morgenmantel auf dem Stuhl sitzen sieht. Dann grinst er mich an, auf so eine schmierige Art, wie man sie von Kioskbesitzern kennt, die einem noch ein paar Fußballbilder mehr aufzuschwatzen versuchen, als man eigentlich kaufen wollte.
»Ich habe noch in der Küche zu tun, aber der freundliche Junge aus dem Camp wird Ihnen in der Zwischenzeit Gesellschaft leisten. Ich bin gleich bei Ihnen«, erklärt die nette alte Dame und verschwindet wieder.
Der Mann sieht sich neugierig im Wohnzimmer um und setzt sich dann auf das Sofa neben Nero.
Das ist sein erster großer Fehler.
Sein zweiter ist, dass er so tut, als wenn ich gar nicht da wäre. Er holt ein Diktiergerät aus seinem Aktenkoffer und fängt an, ein paar Notizen draufzusprechen.
»Das Haus ist die totale Bruchbude, komplett veraltetes Gemäuer aus dem vorletzten Jahrhundert. Mindestens. Das reißen wir alles ab, und dann kommt hier oben ein Fünf-Sterne-Tophotel hin. Aus dem Tal mit dem Zeltlager machen wir einen Vergnügungspark mit einer Skilanglaufhalle, in der man das ganze Jahr Ski laufen kann. Da kippen wir erst mal ein paar Hundert Lastwagenladungen Zement rein, dann wird das schon. Und der Fluss kommt natürlich auch weg. Den legen wir einfach trocken.«
»’tschuldigung«, unterbreche ich ihn. »Aber das gehört Ihnen doch alles gar nicht!«
Der Mann nimmt sein Diktiergerät vom Mund und sieht mich mitleidig an.
»Noch nicht, du kleiner Klugscheißer. Aber bald. Du hast die Alte doch gesehen. Völlig durchgeknallt und außerdem total überschuldet. Wenn die bis Ende der Woche keine 20 000 Euro auf den Tisch legt, hat sie hier die längste Zeit gewohnt. Dann übernimmt das alles meine Bank. So sieht’s aus.«
Ganz meine Meinung. Der dicke Kater scheint das Gleiche zu denken. Aus seinen grünen Augen funkelt Nero den Anzugträger böse an und stößt dabei ein ziemlich beängstigendes Fauchen aus.
»Sie müssen ihn streicheln«, erkläre ich geduldig. »Dann beruhigt er sich wieder. Das Fauchen ist seine Art, Ihnen zu sagen, dass er Sie mag.«
»Wirklich?«, fragt der Mann skeptisch.
»Wirklich«, antworte ich hilfsbereit und mache dabei ein möglichst unschuldiges Gesicht. Okay, das ist jetzt vielleicht nicht ganz fair, aber ich finde, er hat es auch nicht anders verdient. »Machen Sie schon, sonst gibt Nero keine Ruhe und faucht Sie die ganze Zeit weiter an. Sie müssen sein Freund werden. Dann können Sie auch viel besser mit der alten Dame verhandeln. Die freut sich doch, wenn sie sieht, dass Sie und ihr Kater sich so gut verstehen.«
Das scheint den Anzugträger zu überzeugen. Vorsichtig streckt er seine Hand aus, um Nero über den Kopf zu streicheln.
Das ist sein dritter großer Fehler.
Noch ehe seine Finger das Fell berühren, hechtet ihm der dicke Kater mit ausgefahrenen Krallen direkt ins Gesicht.
Das Geschrei ist so laut, dass es sogar die nette alte Dame aus der Küche lockt, obwohl sie doch kaum noch was hören kann. Als sie das Wohnzimmer betritt, sitzt Nero längst wieder brav auf dem Sofa und tut so, als wäre er das harmloseste Miezekätzchen auf der ganzen Welt. Nur die vier tiefen Kratzer auf der rechten Wange des Krawattenträgers verraten, was hier gerade geschehen ist. Der hat sich seine Aktentasche geschnappt und stürmt an der netten alten Dame zur Tür hinaus.
»Wollen Sie etwa schon wieder gehen?«, fragt sie. »Es dauert nur noch ein paar Minuten, dann sind die Hühnchensandwiches fertig.«
»Ich gehe! Aber ich komme wieder! Und dann bin ich nicht allein! Dann komme ich mit Abrissbirnen, Baggern und Planierraupen. Hunderten von Planierraupen!«, kreischt er wütend, während er sich ein weißes Taschentuch auf seine blutende Wunde legt. »Dann machen wir hier alles platt!«
»Ach, Sie sind schon satt«, erwidert die nette alte Dame unbeeindruckt. »Dann verstehe ich natürlich, warum Sie nicht zum Essen bleiben wollen.«
Aber das hört er schon nicht mehr. Der ist längst aus der
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