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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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verlaufen, ein schreckliches Erlebnis, auch wenn es nur eineinhalb Stunden gedauert hat – eineinhalb Stunden Panik –, bis ihm aufgefallen ist, dass er die Autos auf der Straße hören konnte und er nur dem Lärm folgen musste, um wieder aus dem Dickicht herauszukommen. Doch es waren die längsten neunzig Minuten seines Lebens.
    Bereits jetzt, nach zwanzig Metern, sieht er die Straße nicht mehr, wenn er sich umdreht. Diego bewegt sich durch graue Schatten, nur hier und da gelingt es einem Sonnenstrahl, das Blätterdach zu durchbrechen. Die Luft ist deutlich kühler als draußen.
    Äste knacken unter seinen Stiefeln. Die Erde ist weich, das modrige Laub gibt unter seinen Füßen nach. Vorbei an Giftefeu und Gifteiche dringt er tiefer in den Wald vor.
    Noch vor zehn Minuten war er auf dem Weg zur Bücherei, um mit Georgia Simpson zu flirten, während sie Romane von Louis L’Amour und Zane Grey in die Regale sortiert. Jetzt sucht er eine Leiche. Das war nicht gerade eine glänzende Entwicklung. Was in zehn Minuten nicht alles passieren kann.
    Diego schluckt, sein Herz hämmert in der Brust. Er weiß, dass seine Angst irrational ist. Aber er weiß auch, dass das Herz sowieso macht, was es will.
    Reiß dich zusammen, sagt er sich. Da war nur noch der Knochen übrig. Also warum sollte der Mörder, sofern es sich überhaupt um einen Mord handelt, noch in der Nähe sein? Das ist völlig ausgeschlossen.
    Und trotzdem hört sein Herz nicht auf zu rasen.
    Ein Geräusch zu seiner Linken. Diego wirbelt herum und zieht seine SIG.
    Und das Eichhörnchen verschwindet hinter einem Baum.
    Mit einem Lachen steckt er die Waffe zurück ins Halfter. Was bist du nur für ein Idiot. Also weiter.
    Knapp fünfzig Meter von der Straße entfernt hält er erneut inne. Er hat etwas gesehen. Auf dem Boden. Als er genauer hinschaut, muss er schlucken. Dort im Laub liegt ein Büschel Haare. Verdreckte Haare voller Blatt- und Erdkrümel, zusammengehalten von einer blauen Haarspange mit einem kleinen künstlichen Brillanten in der Mitte, einem Stückchen geschliffenes Glas, das schief aufs Plastik geklebt wurde. Und der Anblick dieser Haarspange ist schlimmer als alles andere. Das gibt ihm den Rest. Das Haar ist eben nur Haar, aber die Spange – Diego kann es vor sich sehen, das kleine Mädchen, wie es vor dem Spiegel steht und sich die Spange ins Haar klemmt, wie es sich anlächelt und denkt, jetzt bin ich aber hübsch.
    Das Haar ist blond. Könnte es zumindest mal gewesen sein.
    Diego bindet ein Stück Klebeband an einen losen Zweig und rammt den Zweig neben dem Haarbüschel in die Erde. Dann geht er weiter.
    Etwa fünfzehn Meter dahinter stolpert er über einen schwarzen Schuh mit silberner Schnalle, aus dem eine weiße Socke mit einem rosa Schleifchen ragt. In der Socke klafft ein Loch mit dunklem Rand, wahrscheinlich altes Blut; vermutlich hat ein Insekt den vollgesogenen Stoff weggefressen. Erst als Diego den Schuh aufhebt, sieht er, dass der Fuß noch drinsteckt. Zumindest die Überreste: ein bisschen trockener Knochen. Alles andere haben sich längst die Fliegen und Käfer und dergleichen geholt. Der Schuh passt locker auf seine Handfläche, ohne am Rand überzustehen. Höchstens zwei Jahre, älter kann das Mädchen nicht gewesen sein, dem dieser Schuh gehört hat. Also auf jeden Fall jünger als das Kind, dessen Arm nun in seinem Streifenwagen liegt.
    Kein Zweifel, hier gibt es mehr als eine Leiche.
    Er legt den Schuh zurück auf den Boden und klebt einen Streifen gelbes Band auf einen großen Stein in der Nähe.
    Er geht weiter.
    Etwa hundert Meter vom Waldrand entfernt entdeckt er ein Stück ausgefransten, vermoderten Stoff.
    Einige Meter weiter ist die Erde ungewöhnlich aufgewühlt. Überall sonst bedeckt eine Schicht aus halb zersetztem Laub den Boden, durch die hindurch Unkraut, geschwürartige Pilze, junge Bäume und andere kleine Pflanzen sprießen. Aber hier wurde gegraben, hier wurden die Blätter zur Seite gescharrt, und hier sieht er …
    »Oh mein Gott.«
    Diego hat keine Ahnung, wie viele Leichen hier liegen mögen. Wie auch, schließlich sind sie großteils von Erde bedeckt. Er geht zum nächsten Baum, lehnt den Kopf gegen den Stamm und blickt auf den Boden. Auf den Boden, der sich immer schneller dreht.
    Als er sich wieder gefangen hat, sperrt er das Gebiet weiträumig ab. Eine Sache von ein, zwei Minuten. Danach folgt er der Spur aus gelben Klebestreifen zur Straße, raus aus diesem Albtraum aus Knochen und Tod. Er wird

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