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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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erkennen. Kein Laut, nur das heftige Atmen der Kämpfer, die mit
schußbereiten Waffen auf eine Regung des Gegners warten. Rhomega gibt zwei
Männern ein Zeichen. Die nicken und schleichen sich von beiden Seiten, dicht an
die Tunnelwand gepreßt, zum Ausgang. Schließlich stehen sie mit vorgestreckten
Handlasern links und rechts des viereckigen Lochs. Dann plötzlich springt der
eine mit einem gewaltigen Satz durch die Tür. Hyazinth schließt unbewußt die
Augen in Erwartung eines Infernos von Laserblitzen und Feuerstrahlen, und er
zuckt schon zusammen, bevor es knattert und rummst.
    Aber nichts geschieht. Der Mann
taucht nach einigen Sekunden wieder auf und meldet lakonisch: “Alles ruhig.
Niemand da.”
    Nacheinander verlassen sie den
Kabelschacht und gelangen in einen größeren, beleuchteten Korridor, der
anscheinend zum System konzentrischer Ringgänge gehört, das die Infrastruktur
des Bunkers bildet. Er ist so stark gekrümmt, daß er in beide Richtungen keine
Dutzend Schritte weit eingesehen werden kann.
    Rhomega studiert den
Festungsplan.
    “Wir sind hier. Und hinter dieser
Wand –” er pocht mit dem Knöchel gegen den Stahl “ – ist eine Omegahalle.
Der Eingang befindet sich fast gegenüber unserer Position in diesem Gangtorus.
Also los!”
    Sie eilen im Laufschritt durch
den Bunker, kommen an Türen und Abzweigungen vorbei. Wo ein anderer Gang ihren
Weg kreuzt, schickt Rhomega wieder die beiden Späher vor. Aber bisher bleibt
alles ruhig. Der Bunker scheint menschenleer.
    Nein, menschenleer ganz gewiß
nicht! weist Hyazinth den absurden Gedanken von sich. Das ist ja gerade der
Grund, weshalb er sich den Antisteinisten anschloß. Menschenleer ist dieser
Bunker wahrlich nicht, wenn Rhomega und Tremakut die Wahrheit sagten.
    Auf einmal hört er hinter sich
ein Geräusch. Gedankenschnell wirbelt er herum und reißt die Nadelpistole hoch.
Eine der Türen ist geöffnet worden. Ein Ochs in einer seltsamen roten Uniform,
wie sie Hyazinth noch nie gesehen hat, ist herausgetreten und hebt die rechte
Hand, in der er ein Gerät hält.
    Alles geschieht wie von selbst,
ohne daß Hyazinth sich seiner Handlungen bewußt wird. In dem Augenblick, als
der Gegner sich bewegt, reißt Hyazinths rechter Zeigefinger den Abzug durch.
Eine endloses Folge von Schüssen knallt durch den Bunker, die Nadelwolken
zerfetzend den Kreatiden förmlich – doch Hyazinths Finger sind wie im Krampf um
die Waffe geschlossen. Er starrt verständnislos auf den grausigen Vorgang und
läßt die Pistole erst sinken, als die ganze Magazinfüllung verschossen ist.
    “Teufel noch mal, spinnst du?”
Rhomegas wütende Stimme bringt ihn wieder zu sich. “Erst bringst du das
Abendessen raus, weil du über ein paar Leichen steigen mußt, und jetzt
veranstaltest du ein wahres Schlachtefest! Was ist in dich gefahren?”
    Hyazinth stiert fassungslos auf
den blutigen Klumpen. Jetzt erkennt er auch das Gerät in der Hand des toten
Ochsen. Es ist ein Telekom, keine Waffe. Vermutlich wollte das Geschöpf die
Eindringlinge melden. Also war es doch richtig, ihn zu töten.
    Hyazinths Gedanken kreisen in
einem mächtigen Strudel, dessen Sog sie von der Oberfläche seines Bewußtseins
bis hinab in die finstersten Winkel der Seele zieht.
    “Laß ihn”, hört er Tauphi. “Denk
lieber daran, wie du gebrüllt hast wie ein Wahnsinniger, als du das erste Mal
einen Mann getötet hast…”
    Hyazinth fühlt sich energisch am
Arm genommen und fortgezogen. Langsam klart sein Bewußtsein auf.
    So ist es also, denkt er, wenn
man es selbst tut. Ganz leicht. Einfach nur abdrücken. Es war ganz anders, als
der Abschuß der Kampfspider. Bei einem Spider ist das Verhältnis zwischen toter
und lebender Materie derart, daß man sich des Mordes kaum bewußt wird. Das ist
mehr vernichten statt töten. Aber das gerade – das war entsetzlich und
berauschend. Ich wußte gar nicht, daß Töten so aufregend ist… Mein Gott! Bin
ich überhaupt noch bei Verstand?
    “Hier haben sie mit uns offenbar
überhaupt nicht gerechnet.”
    “Hoffentlich bleibt das auch so”,
antwortet er auf Tauphis Bemerkung. Er hat noch einen säuerlichen Geschmack im
Mund und fühlt sich körperlich geschwächt. In der linken Faust hält er immer
noch Komponente Beta. Einige Sekunden überlegt er, ob er das Zeug schlucken
soll. Der Rausch, der ihn gepackt hatte, als er den Kreatiden zu einer
unförmigen, blutigen Masse zusammenschoß, ist verflogen, und jetzt fühlt er
sich hundeelend.
    Mit

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