Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
Vom Netzwerk:
Rake­ten an Bord eines Atom-U-Boots.
    »Weißt du immer noch nicht, warum er ermordet wurde?«, kam ihre nervöse Stimme vom Sofa. »Möchtest du noch Tee?«
    »Ja, gern«, antwortete er und setzte sich ihr wieder gegenüber. »Tut mir leid, mir ist über die Hintergründe dieser tragischen Sache nichts bekannt.«
    Er wusste nicht nur, warum Alexej Mordawin umgebracht worden war, er wusste sogar, wer für den Mord verantwortlich war und wer ihn ausgeführt hatte. Aber abgesehen davon, dass all dies zu den empfindlichsten Militärgeheimnissen Russlands gehörte, würden diese Informationen Jelena Mordawina ganz und gar nicht erfreuen. Und sie waren alles andere als geeignet, ihre Bereitschaft zu erhöhen, sich für das Projekt anwerben zu lassen.
    Schweigend rührten sie in ihren Teegläsern.
    »Ich werde einfach nicht schlau aus dir, Carl«, sagte sie schließlich. »Vor langer Zeit bist du einmal in voller Paradeuniform zu mir gekommen. Nun bist du gekleidet wie an Bord. Man sieht kaum, dass du ein Vizeadmiral bist. Damals hast du mir schreckliche Nachrichten überbracht. War es nicht so?«
    »Stimmt. So war es, Jelena. Ich erinnere mich, wie sehr ich deinen Mut und deine Fähigkeit bewundert habe, dich zusammenzunehmen. Deswegen bin ich wiedergekommen. Aber diesmal bringe ich keine schlechten Nachrichten, keine Sorge.«
    »Keine Sorge?«
    »Korrekt.«
    »Versetz dich mal in meine damalige Situation. Witwe, zwei Söhne in der Ausbildung, mickriges Gehalt, mickrige Witwenrente und neunundvierzigtausend Dollar in einer Keksdose!«
    »Du hast doch getan, was ich dir geraten habe. Du bist vorsichtig mit dem Geld umgegangen und hast die Ausbildungen deiner beiden Söhne finanziert. Alles andere hätte mich übrigens gewundert. Und genau deswegen bin ich hier.«
    »Nun verstehe ich gar nichts mehr. Du sagtest doch, du seiest nicht wegen des Geldes gekommen!«
    »Nein, das bin ich auch nicht. Ich bin wiedergekommen, weil du so einen starken Eindruck auf mich gemacht hast, und möchte dir einen Job anbieten.«
    »Als Chirurgin?«
    »Genau. Aber nicht als irgendeine Chirurgin. Mein Angebot ist besser als das aus Boston.«
    »Ist es legal?«
    »Ja, zumindest hier in Russland. Lies!«
    Er reichte ihr das weiße Leinenkuvert mit dem Staatssymbol der Russischen Föderation. Bedächtig nahm sie es entgegen und griff nach ihrer Lesebrille.
    In dem Brief erklärte Präsident Putin umständlich und hochtrabend, jeder russische Bürger, ob in den Streitkräften oder anderswo beschäftigt, der das Angebot von Vizeadmiral Hamilton, Brigadegeneral Mouna al-Husseini oder Fregattenkapitän Alexander Owjetschin annehme, an einem bedeutenden Projekt mitzuwirken, habe seine Genehmigung und könne sich seiner Glückwünsche gewiss sein.
    Sie runzelte die Stirn, wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders und las den verworrenen Text noch einmal.
    »Weißt du, was mein Mann zu diesem Brief gesagt hätte?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Was soll diese gequirlte Kacke bedeuten?«
    »In normales Russisch übersetzt soll es bedeuten, dass ich befugt bin, dich als Chirurgin einzustellen, und dass er dir Glück wünscht.«
    »Und wo?«
    »Auf einem U-Boot.«
    »Wie bitte? Auf einem U-Boot?«, wiederholte sie zweifelnd, als hielte sie das Ganze für einen Witz.
    »Ganz genau, Jelena. An Bord des in mancher Hinsicht am höchsten entwickelten U-Boots der Welt. Wir werden ungefähr vierzig Mann sein.«
    »Und eine Frau! Ist dir bewusst, Carl, dass … entschuldige bitte, wenn ich darauf hinweise, aber ich bin eine Frau.«
    »Das ist mir durchaus bewusst.«
    »Auf einem U-Boot?«
    »Ihr werdet fünf bis zehn Frauen sein.«
    »Und was sollen wir deiner Meinung nach anziehen?«
    Beinahe hätte er angefangen zu lachen, so erleichtert war er, dass sie mit einer solchen Nebensächlichkeit kam, anstatt ihn hinauszuwerfen. Amüsiert erklärte er ihr, dass Frauen und Män­ner an Bord die gleiche Kleidung tragen würden. Sie würde also genauso aussehen wie er im Moment, dunkelblauer Wollpullover mit Achselklappen und Rangabzeichen, Uniformhose in der gleichen Farbe und schwarze Schuhe, allerdings mit einer dickeren und weicheren Sohle. Er habe sie übrigens zunächst zum Kapitänleutnant ernennen wollen, aber da er nun wisse, dass sie Professorin sei, würde sie Korvettenkapitän werden – witzigerweise derselbe Rang wie der ihres Sohnes Sascha.
    Im ersten Moment schien sie begeistert. Er fügte hinzu, der Monatslohn eines Offiziers betrage zehntausend

Weitere Kostenlose Bücher