Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
Sie freute sich nicht im Mindesten darauf, ganz London auf einer albernen Abendgesellschaft vorgestellt zu werden. Außerdem bereitete ihr noch etwas Sorgen, etwas, das beide vermutlich tadelnswert fanden, was sie ihnen jedoch baldmöglichst mitteilen musste.
»Fahre fort, meine Liebe«, drängte Lady Penwyck.
Tessas Magen brannte. »Mrs. Montgomery will einen Maler beauftragen, der ein Wandgemälde von Kolumbus und seinen Schiffen anfertigen soll…«
»Weswegen wir Tessa und Deirdre schließlich doch einweihen mussten«, unterbrach Lady Penwyck. »Grace und ich konnten uns nicht auf die Namen der Schiffe besinnen, also ließen wir Tessa rufen. Wir waren sicher, dass sie es weiß, und so war es dann auch.«
Tessa glaubte, so etwas wie Respekt in Lord Penwycks dunklen Augen aufschimmern zu sehen, aber sie war nicht sicher.
»Nun, mir scheint, Miss Darbys Debüt ist in besten Händen. Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet?«
Er legte die Serviette neben seinen Teller und wollte aufstehen.
»Harrison, mein Lieber, du darfst noch nicht gehen!« rief seine Mutter. »Wir haben noch kein Datum für den Ball festgelegt. Ich wollte erst dich fragen, da du mit Tessa doch den ersten Tanz eröffnen sollst.«
Den ersten Tara?. Tessa sank der Mut. Anscheinend musste sie ihr Geheimnis früher enthüllen, als sie gedacht hatte.
»Was möchtest du tanzen, mein Kind?« erkundigte sich Lady Penwyck bei Tessa. »Eine Quadrille oder vielleicht etwas, das bei euch in Amerika gerade beliebt ist?«
Blindes Entsetzen überkam Tessa.
Wie sollte sie ihnen nur sagen, dass sie nicht tanzen konnte?
7. KAPITEL
»Stimmt etwas nicht, Miss Darby?« Tessa spürte Lord Penwycks eindringlichen Blick auf sich ruhen. »Sie wirken plötzlich so bleich.«
»Du siehst tatsächlich ein wenig blass aus«, schaltete sich Lady Penwyck ein. »Du wirst uns doch nicht krank werden?« Ihre Besorgnis war ebenso offensichtlich wie die völlige Unbekümmertheit ihres Sohnes. »O je«, klagte sie,
»hoffentlich müssen wir unseren Ball nicht…«
»Ich werde nicht krank, Tante Alice«, brachte Tessa mühsam hervor. »Ich… ich…« Sie musste es ihnen einfach sagen. »Ich kann nicht tanzen«, platzte sie schließlich heraus. Sie senkte die Lider, überzeugt, dass Lord Penwyck sie wegen dieser schockierenden Bildungslücke sogleich ernsthaft zur Rede stellen würde.
»Ach so.« Der Gentleman verzog die Lippen. »Das also ist es.«
»Na, und wenn schon?« rief Lady Penwyck aus. »Dann müssen wir eben einen Tanzlehrer engagieren.«
»Nein, das werden wir keinesfalls tun«, widersprach Lord Penwyck seiner Mutter.
»Aber warum denn nicht, mein lieber Harrison? Tessa muss tanzen lernen. Es ist doch unsinnig, ihr zu Ehren einen Ball zu geben, auf dem sie dann nicht tanzt. Was würden die Leute denken?«
»Genau das meine ich ja, Mutter. Sobald herauskommt, dass Miss Darby nicht tanzen kann, wird man sich fragen, an welchen anderen weiblichen Fertigkeiten es ihr noch gebricht, und das würde alle ihre Chancen auf eine vorteilhafte Eheschließung zerstören. Nein«, fuhr er energisch fort, »wir engagieren keinen Tanzlehrer.«
»Was dann?« fragte seine Mutter ratlos.
Lord Penwyck räusperte sich. »Ich werde Miss Darby tanzen lehren.«
Tessa hob erschrocken den Kopf, und ihre blauen Augen weiteten sich beunruhigt.
Lady Penwyck rief aus: »Was für eine ausgezeichnete Idee!« Entzückt klatschte sie in die Hände. »Niemand wird etwas mitbekommen, und Tessa wird ganz gewiss eine glänzende Partie machen. Harrison ist ein hervorragender Tänzer, meine Liebe.«
Tessa wand sich auf ihrem Stuhl. Sie zweifelte nicht daran, doch hieß das noch lange nicht, dass sie es sich von ihm beibringen lassen wollte.
»Sollen wir gleich heute Abend beginnen?« erkundigte sich Lady Penwyck munter.
Tessa wollte schon Einwände erheben, als Lord Penwyck ernst verkündete: »Ich bin bereits anderweitig verabredet, Mutter. Wir fangen morgen Abend nach dem Essen an.«
In dieser Nacht schlief Tessa gar nicht gut. Als ihr am folgenden Nachmittag immer noch nicht wohler war, spielte sie mit dem Gedanken, eine Migräne vorzuschützen, um Lady Penwyck nicht auf ihrer täglichen Besuchsrunde begleiten zu müssen. Doch da es nicht ihrer Art entsprach, einer Schwäche nachzugeben, tat sie es auch diesmal nicht. Wenn sie am Abend nicht zum Tanzunterricht erschien, hätte der Earl nur noch einen Grund, sie nicht zu mögen.
Als die Schreckensstunde dann jedoch nahte,
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