Corbins 02 - Wer ein Laecheln des Gluecks einfaengt...
nicht, sich umzudrehen. »Willst du es nicht lieber Jewel
Stroble geben?« entgegnete sie mit leiser Stimme.
Jeff lachte vergnügt. »Wenn ich das
wollte, hätte ich es längst getan.«
Fancy wischte rasch ihre Tränen ab,
bevor Jeff sie sehen konnte. Wie konnte er jetzt so brutal und gefühllos sein,
wenn er sie nachts so zärtlich liebte? »Dankeschön, aber ich brauche nichts von
dir.«
»Aha. Willst du nichts essen?«
Essen! Fancy schloß die Augen und
hoffte inständig, Jeff möge gehen, während sie ihn gleichzeitig stumm anflehte,
bei ihr zu bleiben. »Ich habe keinen Hunger«, erwiderte sie.
Zweige knackten unter seinen
Stiefeln, als er näherkam. Als Fancy die Augen öffnete, hockte er vor ihr und
reichte ihr das Paket.
Fancy nahm es — wenn auch
widerstrebend — an, löste mit bebenden Fingern den Bindfaden und entfernte das
Papier.
»Es tut mir leid, Frances«, sagte
Jeff gedämpft.
Fancy zuckte mit den Schultern und
konzentrierte sich auf den Inhalt der großen Schachtel. Ein elfenbeinfarbenes
Nachthemd aus glänzender, bestickter Seide befand sich darin, ein kleiner
Flakon Parfüm und ein Kleid aus zartem blauem Batist. Solch feine, elegante
Sachen hatte Fancy noch nie besessen, und sie war so überwältigt vor Freude,
daß ihr die Worte fehlten.
Jeff hob ihr Gesicht zu sich empor
und sah, daß ihre Augen vom Weinen geschwollen waren. »Gefällt es dir nicht?«
Das war zuviel; ihre Tränen begannen
von neuem zu fließen. »Es ist alles wunderschön!« schluchzte sie.
Jeff schüttelte verwirrt den Kopf.
»Warum weinst du dann?«
Das konnte Fancy nicht beantworten,
darum stand sie rasch auf und hielt sich das entzückende blaue Kleid vor.
»Meinst du, es paßt?« fragte sie.
»Ganz bestimmt«, antwortete er
zärtlich.
Fancy mußte es wissen, und zwar
sofort. Sie zog ihr altes Kleid aus, das neue an, und Jeff half ihr, die winzigen
Knöpfe am Rücken zu schließen.
»Du siehst bezaubernd aus«, stellte
er fest, als sie sich zu ihm umdrehte.
Fancy wußte, daß sie gut aussah. Das
Kleid paßte phantastisch, es war wunderschön, und mit ihm brauchte sie keine
Bauerntrampel wie Jewel Stroble zu fürchten ...
Jeff lächelte und legte beide Hände
um Fancys Gesicht. Sie sah, wie heftig die Ader an seinem Hals pulsierte, und
dann sagte er verhalten: »Fancy ...« Es klang wie eine Liebeserklärung.
Sie war so glücklich, daß sie sich
ein paarmal in ihrem neuen Kleid um sich selbst drehte. Er zog sie lachend an
sich und küßte sie auf den Mund.
Fancys Herz klopfte schneller.
»Warst du gestern nacht mit Jewel Stroble zusammen?« flüsterte sie gespannt.
»Nein«, entgegnete Jeff.
Fancy schaute ihm prüfend in die
Augen und wußte, daß er die Wahrheit sagte. Er war ein ehrlicher Mann,
manchmal sogar kränkend offenherzig,
und wenn er die Nacht mit Jewel verbracht hätte, hätte er es zugegeben. »Du
wirst dir keine Geliebte nehmen?«
»Das kann ich dir nicht versprechen,
Fancy. Im Augenblick jedoch brauche ich keine andere Frau als dich.« »Nicht
einmal Banner?«
»Banner ist die Frau meines
Bruders!« versetzte er schroff.
»Aber du verstehst dich nicht gut
mit deinem Bruder, oder? Keith sagte, es bestünde eine Kluft zwischen dir und ...«
»Adam«, unterbrach Jeff scharf. »Er
heißt Adam.« Dann schaute er zum fernen Horizont hinüber, und Fancy
sah, wie sein Kinn hart wurde. »Mein
Bruder hat etwas vor mir verborgen, das er mir hätte sagen müssen«, meinte er
schließlich. »Das hat mich sehr gekränkt. Aber Adam ist immer noch mein Bruder,
und ich liebe ihn sehr.«
»Was hat er dir verschwiegen, Jeff?«
Jeff schüttelte langsam den Kopf.
»Das kann ich dir nicht erzählen. Nicht jetzt.«
»Hat es etwas mit Banner zu tun?«
»Nein. Es betraf meinen Vater. Aber
laß uns jetzt zum Lagerfeuer zurückgehen und etwas essen. Ich habe Hunger.«
»Geh schon vor«, bat Fancy. »Ich
möchte mich ein bißchen zurechtmachen. Wenn ich schon eine Dame werden soll,
muß ich mich auch wie eine solche verhalten.«
Jeff lachte gutmütig und wandte sich
zum Gehen. »Na schön, ich setze mich solange zu Phineas.«
Als Fancy sich frisiert und mit dem
teuren Parfum betupft hatte, machte sie sich auf den Weg zum Lager. Aber da
trat ihr ganz unvermittelt ein großer, kräftiger Mann in den Weg, und sie
schnappte erschrocken nach Luft, als sie Rafe erkannte, den Farmer, den Jeff am
Tag zuvor niedergeschlagen hatte.
»Wie elegant!« murmelte Rafe
spöttisch und starrte Fancy an, als sei sie eine
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