Corbins 02 - Wer ein Laecheln des Gluecks einfaengt...
ein schlimmeres Schimpfwort zu kennen.
Eine knappe halbe Stunde später
hatte sie ihre spärliche Habe zusammengepackt und machte sich nach einem
kurzen Abschied von Phineas auf den Weg nach Colterville. Er hatte kein Geld
von ihr angenommen und auch nicht versucht, sie zurückzuhalten, wofür sie ihm
sehr dankbar war.
Der Weg nach Colterville war länger
und anstrengender, als sie erwartet hatte, und ihre Füße schmerzten, als sie
endlich den Stadtrand erreichte.
Seufzend näherte Fancy sich einem
großen Haus, vor dem ein Schild verkündete: >Zimmer zu vermieten<. Die
dicke Besitzerin verlangte fünfundzwanzig Cents für ein Zimmer und einen
Aufschlag von weiteren fünfzehn Cents für ein Bad und ein leichtes Abendessen.
Fancy dachte an ihre kleine
Barschaft von etwas über drei Dollar und beschloß, am nächsten Tag einen Zug in
Richtung Osten zu nehmen. Dort würde sie sich in einer großen Stadt eine
Stellung suchen, in einem Restaurant oder als Dienstmädchen bei einer vornehmen
Familie wie den Corbins...
Seufzend legte Fancy sich auf das
Bett, dessen Kissen Jeicht nach Haaröl roch, und weinte bitterlich, bis ihre
Kehle schmerzte und sie in einen unruhigen Schlaf versank.
Als sie erwachte, krochen die ersten
Schatten durch das Zimmer, und jemand klopfte ungeduldig an die Tür. In
Erwartung ihres Badewassers stand Fancy auf und öffnete.
Aber es war nicht die dicke
Besitzerin, die das Wasser brachte, sondern Jeff.
»Madame«, sagte er mit einer
angedeuteten Verbeugung und trat ein, bevor Fancy die Geistesgegenwart hatte,
die Tür zuzuschlagen.
»Verschwinde«, sagte sie hilflos,
als er die beiden dampfenden Wasserkessel absetzte und Fancy prüfend ansah.
»Sofort. Ich muß noch zwei Wasserkessel
und eine Badewanne holen«, sagte Jeff, als habe ihr Streit nie stattgefunden.
Oder als sei er nicht den ganzen Nachmittag mit Miss Stroble im Wald gewesen
...
»Danke, aber mir wäre lieber, wenn
du ganz verschwinden würdest«, erklärte Fancy kühl.
In diesem Augenblick erschien die
Besitzerin des heruntergekommenen kleinen Hotels mit einer großen runden
Wanne und einem Kessel Wasser. Sie bedachte Jeff mit einem strahlenden Lächeln
und erklärte freundlich, unter dem Waschtisch befänden sich saubere Handtücher
und ein gutes Stück Seife.
»Ich hätte nie gedacht, daß jemand
diese Frau zum Lächeln bringen könnte«, bemerkte Fancy verwirrt. »Nicht einmal
du.«
Jeff zuckte die Schultern. »Ich gebe
mir Mühe, bescheiden zu sein.«
»Du warst in deinem ganzen Leben
noch nicht bescheiden!« widersprach Fancy zornig. »Mach, daß du aus meinem
Zimmer kommst!«
Jeff rührte sich nicht. »Unser
Zimmer, meine Liebe.«
»Na schön.« Fancy wußte, daß es nur
einen Weg gab, ihn loszuwerden, und zögerte nicht, es zu versuchen. »Du weißt,
daß ich dich nur deines Geldes wegen geheiratet habe«, sagte sie.
Jeff zog eine Braue hoch. »Und ich
habe dir gesagt, daß ich beabsichtige, einen Gegenwert dafür zu erhalten«,
erwiderte er, drehte sich um und verriegelte die Tür, um dann die Wanne mit
einladend heißem Wasser zu füllen.
»Nimm dein Bad«, meinte er
schließlich und setzte sich erwartungsvoll auf die Bettkante.
»Nur, wenn du hinausgehst.«
»Lieber lasse ich das Wasser kalt
werden.«
»Schuft!«
Jeff streckte sich auf dem schmalen Bett
aus. »Ich könnte ein bißchen Schlaf gebrauchen, bevor wir zum Dinner
hinuntergehen.«
»Ich habe schon meine eigenen Pläne
für das Dinner, vielen Dank!« erwiderte Fancy erbost.
Jeff schloß die Augen und antwortete
nichts. Wenige Minuten später begann er laut zu schnarchen. Fancy traute ihm
nicht, aber das Wasser kühlte sich allmählich ab, und sie sehnte sich nach
einem warmen Bad. »Schläfst du?« flüsterte sie Jeff zu.
Seine tiefen, gleichmäßigen Atemzüge
schienen seine Antwort darauf zu sein. Und dann schnarchte er wie zur
Bestätigung.
Fancy zog sich hastig aus und stieg
in die Wanne. Als sie saß und sich zu Jeff umdrehte, stellte sie fest, daß er
sich aufgerichtet hatte und sie beobachtete.
»Wie schön du bist, Frances Corbin!«
sagte er leise. Fancy tauchte unter, so weit es ging. »Ich heiße nicht Frances,
du abscheulicher Mensch!«
Doch Jeff lachte nur.
»Was machst du überhaupt hier? Hat
Jewel keine Zeit für dich?«
»Ich glaube, sie muß ihre Kühe
melken.«
Fancy begann ihr Bein einzuseifen.
»Wie passend.« »Wie sollen wir in diesem Bett schlafen? Es ist viel zu kurz für
mich und zu schmal für uns
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