Corum 02 - Die Königin des Chaos
Viele.«
Jhary hielt die Zügel mit einer Hand und klopfte sich mit der anderen den Staub aus seinen Kleidern. Sie waren an vielen Stellen zerrissen und blutbefleckt von den vielen Wunden, die er sich im Kampf gegen die Chaos-Meute zugezogen hatte. »Ich gäbe viel für neue Kleidung«, murmelte er. »Ich würde darum sogar mit Xiombarg persönlich handeln.«
»Wir nennen ihren Namen zu oft«, brummte Noreg-Dan nervös. »Wir werden sie noch selbst herbeirufen, wenn wir nicht vorsichtiger sind.«
Da begann der Himmel zu lachen.
Goldenes Licht schickte Streifen über die Wolken, und ein grelles oranges Leuchten erhob sich am fernen Horizont und warf gewaltige Schatten über die erstarrten Krieger.
Jhary hielt mit einem heftigen Ruck den Streitwagen an. Sein Gesicht war kalkweiß.
Purpurnes Glühen sprühte nun über den Himmel.
Das Gelächter wurde dröhnender.
»Was ist das?« rief Rhalina und umfaßte den Schwertknauf.
Der König ohne Land bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen und ließ die Schultern hängen. »Sie ist es. Ich warnte Euch.«
»Xiombarg?« Corum zog sein Schwert. »Ist es Xiombarg, König?«
»Aye. Es ist Xiombarg.«
Die Erde erbebte unter dem Gelächter. Einige der erstarrten Krieger polterten zu Boden, doch nichts änderte sich an ihrer Haltung. Corum blickte sich um, suchte nach der Quelle des Lachens. War es das orange Leuchten? Oder das goldene Licht? Oder das purpurne Glühen?
»Wo seid Ihr, Königin Xiombarg?« Er zog sein Schwert. Sein linkes Auge funkelte. »Wo seid Ihr, Kreatur der Hölle?« »ICH BIN ÜBERALL!« antwortete eine gewaltige Stimme. »ICH BIN DIESES REICH, UND DIESES REICH IST XIOMBARG VOM CHAOS!«
»Das ist unser Ende«, wimmerte der König ohne Land.
»Ihr sagtet doch, daß sie uns nicht angreifen kann«, wandte Corum sich an Jhary.
»Ich sagte, sie kann es nicht selbst. Doch seht.«
Corum blickte sich um. Über das Tal hopsten Wesen mit vielen Beinen. Aus ihren Körpern wanden sich Dutzend und mehr Tentakel. Sie rollten ihre großen Augen und fletschten ihre gewaltigen Zähne.
»Die Karmanal von Zert!« rief Jhary erschrocken. Er ließ die Zügel fallen und bewaffnete sich mit Säbel und Dolch. »Ich bin ihnen schon einmal begegnet.«
»Wie besiegtet Ihr sie?« fragte Rhalina.
»Ich war zu jener Zeit der Gefährte eines Helden, der die Macht hatte, sie zu vernichten.«
»Auch ich bin nicht ohne Macht«, entgegnete Corum grimmig und griff nach seinem Augenschild. Aber Jhary schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht.
»Ich fürchte, das hilft diesmal nicht. Die Karmanal von Zert sind unzerstörbar. Sowohl die Ordnung als auch das Chaos haben bereits versucht, sie auszurotten. Sie sind unberechenbar und kämpfen einmal für diese, dann für die andere Seite, völlig willkürlich. Sie haben keine Seelen, kein echtes Leben.«
»Dann dürften sie uns doch auch nichts anhaben können.«
Das Gelächter schwoll an:
»Aller Logik nach dürfte das auch nicht der Fall sein«, pflichtete Jhary ihm bei. »Aber ich fürchte, sie können es sehr wohl.«
Etwa zehn der hopsenden Kreaturen näherten sich durch die Reihen der statuengleichen Krieger ihrem Streitwagen.
Und sie sangen dabei.
»Die Karmanal von Zert singen immer, ehe sie sich über ihren Schmaus stürzen«, erklärte Jhary. »Immer!«
Corum fragte sich insgeheim, ob Jhary-a-Conel bereits dem Irrsinn verfallen war. Die Tentakelmonster hatten sie nun schon fast erreicht, und immer noch plauderte der Heldengefährte ungerührt weiter, sich der Gefahr scheinbar nicht bewußt.
Ihr Gesang war harmonisch und melodiös und machte diese Kreaturen nur noch schrecklicher.
Königin Xiombargs Gelächter brach nicht ab.
Als die hopsenden Wesen schon ganz nahe heran waren, hob Jha-ry beide Hände, den Säbel in einer Faust, den Dolch in der anderen, und rief: »Königin Xiombarg! Königin Xiombarg! Wen glaubt Ihr zu vernichten?«
Die Karmanal von Zert hielten plötzlich an und standen erstarrt wie die Armee um sie herum.
»Ich vernichte ein paar Sterbliche, die sich gegen mich auflehnen und die den Tod einiger meiner treuen Geschöpfe auf dem Gewissen haben«, erwiderte eine Stimme hinter ihnen.
Corum wandte sich um und sah die schönste Frau, die seine Augen je erblickt hatten. Haar von dunklem Gold mit roten und schwarzen Strähnen umrahmte ein Gesicht von unvorstellbarer Perfektion. Ihre Augen und Lippen versprachen tausendmal mehr als je eine Frau einem Mann in der Geschichte aller Zeiten gegeben
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