Corum 02 - Die Königin des Chaos
nach außen verliefen, und die, wie es das Chaos wahrhaben wollte, die gewaltigen Möglichkeiten darstellen sollten, die seiner Philosophie innewohnten. Prinz Gaynor nahm nicht an dem Gelage teil. Er aß nicht und er trank nicht. Er starrte vor sich hin, die metallbehandschuhte Rechte auf dem Knauf seines gewaltigen Schwertes, das wie seine Rüstung manchmal golden, manchmal wie Silber und manchmal wie blauer Stahl glitzerte.
Sie mußten ein paar der schnarchenden, sinnlos betrunkenen Barbaren umgehen, ehe sie sich in Gaynors Lager schleichen konnten, das ein wenig abseits des Haupthaufens lag, genau wie das des Hundes und des Bären auf der gegenüberliegenden Seite. Einige von Lyrs Mannen torkelten an ihnen vorbei, beachteten sie aber nicht, da Corum und Jhary Umhänge mit Kapuzen trugen, die ihr Gesicht verbargen. Wer würde auch schon vermuten, daß Lywm-an-Eshs Krieger paarweise ins Lager drangen?
Als sie den Lichtkreis des Lagerfeuers fast erreicht hatten und den hüpfenden und stampfenden Tiermenschen schon sehr nahe waren, schwangen sie sich auf ihre Pferde und beobachteten den mysteriösen Prinzen Gaynor eine lange Weile.
Er hatte sich nicht bewegt, seit sie ihn zum erstenmal aus der Ferne gesehen hatten. Immer noch saß er auf seinem kostbar verzierten hohen Sattel aus Ebenholz und Elfenbein, immer noch ruhte seine Rechte auf dem Knauf seines mächtigen Breitschwerts, und immer noch starrte er vor sich hin.
Sie ritten in den Schein der flackernden Flammen des Lagerfeuers. Corum Jhaelen Irsei, Fechter für die Ordnung, der den schwarzen Umhang abgelegt hatte, hielt vor Prinz Gaynor dem Verdammten, dem Diener des Chaos an.
Corum trug seine volle Vadhagh-Rüstung sein doppellagiges Kettenhemd, seinen konischen Helm, seinen scharlachroten Mantel. Die lange Lanze hielt er in seiner Rechten, und den runden Schild in der Linken.
Prinz Gaynor erhob sich und befahl den Tiermenschen das Gelage abzubrechen. Die Chaos-Meute wandte sich um, und als sie Corum erkannten, begannen sie zu knurren und zu geifern.
»Schweigt!« befahl Prinz Gaynor der Verdammte. »Und sattelt mir mein Pferd. Mir dünkt, Prinz Corum und sein Begleiter kamen, sich mir im Kampfe zu stellen.« Seine angenehme Stimme klang amüsiert, und doch verriet sie eine tiefe Trauer und Hoffnungslosigkeit.
»Stellt Ihr Euch mir im Zweikampf?« fragte ihn Prinz Corum.
Der Prinz des Chaos lachte. »Warum sollte ich das? Es ist lange her, daß mir die Gesetze der Ritterlichkeit etwas bedeuteten, Prinz Corum. Ich habe meiner Herrin, der Königin Xiombarg, geschworen, Euch mit allen Mitteln zu vernichten. Ich wußte nie, daß sie zu hassen fähig ist. Aber sie haßt Euch, Sir Vadhagh! Und wie sie Euch haßt!«
»Vielleicht, weil sie mich fürchtet«, gab Corum zu bedenken.
»Aye. Das könnte es sein.«
»Dann werdet Ihr also Eure ganze Meute auf uns hetzen?«
»Warum nicht? Wenn Ihr so töricht seid, Euch in meine Gewalt zu begeben - «
»Habt Ihr denn keinen Stolz?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Keine Ehre?«
»Nein. Keine Ehre.«
»Keinen Mut?«
»Ich habe überhaupt keine Tugenden, fürchte ich. Doch vielleicht kenne ich die Furcht.«
»Wenigstens seid Ihr ehrlich.«
Ein tiefes Lachen erscholl aus dem geschlossenen Visier. »Wenn Ihr es glauben wollt! Warum seid Ihr in mein Lager gedrungen, Prinz Corum?«
»Wißt Ihr es nicht?«
»Ihr hofft, mich zu töten, weil ich das Gehirn dieser Barbarenrotte bin? Eine gute Idee. Aber ich kann nicht getötet werden. Was gäbe ich nicht dafür, wenn es möglich wäre! Wie oft habe ich den Tod ersehnt! So oft! Ihr hofft, Zeit zu gewinnen, indem Ihr mich schlagt, um Eure Verteidigung aufzubauen. Vielleicht wäre das möglich, aber ich bedauere, daß ich Euch töten muß und dadurch Halwyg-nan-Vake seines Gehirns und einziger Hoffnung beraube.«
»Wenn Ihr nicht getötet werden könnt, warum stellt Ihr Euch mir dann nicht im Zweikampf?«
»Weil ich keine Lust habe, Zeit zu vergeuden. Krieger!«
Die mißgestalteten Tiermenschen reihten sich hinter ihrem Herrn auf. Er schwang sich auf seinen Schimmel, auf dem inzwischen der hohe Sattel aus Ebenholz und Elfenbein festgegurtet worden war. Er nahm seine Lanze in die Rechte und seinen Schild in die Linke.
Corum hob sein Augenschild und blickte über Prinz Gaynor und seine Mannen hinweg in die Unterwelthöhle, wo seine letzten Opfer wie erstarrt standen. Hier befanden sich die Gefallenen der ChaosMeute, nun noch mißgestalteter, nachdem der Ghanh sie mit
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