Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Millimeter für Millimeter, angehoben.
»Diese Geräte sind klein, aber sehr effektiv«, sagte Michener. »Sie können sogar Häuser anheben.«
Der Deckel hatte sich mittlerweile zwei Zentimeter gehoben, doch das Innere des Sarkophags lag noch im Schatten. Zovastina sah unter dem Baldachin hervor auf ein Goldmosaik Jesu in der hell erleuchteten Kuppel.
Die vier Männer stoppten die Maschine.
Der Deckel des Sarkophags hing nicht einmal einen halben Meter über dem unteren Teil, doch die Eisenstangen berührten schon fast die Unterseite der Altarplatte.
Der Spielraum nach oben war nun voll ausgeschöpft.
Michener forderte Zovastina mit einem Wink auf, sich mit ihm zur Ikonostasis zurückzuziehen, wo er ihr zuflüsterte: »Der Heilige Vater kommt Ihrem Wunsch in der Hoffnung nach, dass Sie auch seinen Wunsch erfüllen. Aber seien wir realistisch. Sie werden Ihr Versprechen nicht halten.«
»Ich bin es nicht gewohnt, beleidigt zu werden.«
»Und der Heilige Vater ist es nicht gewohnt, dass man ihn betrügt.«
Michener hatte seine diplomatische Höflichkeit abgelegt. »Sie erhalten Zugang zur Föderation, wie ich es Ihnen zugesichert habe.«
»Wir wollen mehr.«
Da verstand sie. Er hatte gewartet, bis der Sarg geöffnet war. Sie ärgerte sich über sich selbst, doch ihr blieb keine Wahl. Um Karyn, Alexanders und dessentwillen, was sie vielleicht finden würde.
»Was wollen Sie?«
Er griff in sein Jackett und zog ein gefaltetes Blatt Papier hervor. »Wir haben ein Konkordat zwischen der Föderation und der Kirche vorbereitet. Es handelt sich um die schriftliche Zusicherung, dass wir Zugang zu Ihrem Land erhalten. Im Sinne Ihrer gestrigen Bitte haben wir der Föderation das Recht vorbehalten, alle Kirchenbauten zu genehmigen.«
Sie entfaltete das Blatt und sah, dass der Text auf Kasachisch verfasst war.
»Wir dachten, es wäre einfacher für Sie, wenn Sie den Vertrag gleich in Ihrer Sprache lesen können.«
»Sie dachten, in meiner Sprache wäre der Text leichter zu verbreiten. Meine Unterschrift ist Ihre Absicherung. Danach könnte ich Ihnen den Zugang unmöglich verwehren.«
Sie überflog das Konkordat. Der Text führte aus, dass die Römische Kirche und die Zentralasiatische Föderation in gemeinsamer Anstrengung »durch die ungehinderte Zulassung missionarischer Arbeit die freie Ausübung der Religion fördern und ermutigen« wollten. Weitere Paragraphen hielten fest, dass Gewalttaten gegen die Kirche nicht geduldet und entsprechende Übertretungen geahndet würden. Außerdem war festgelegt, dass dem Kirchenpersonal problemlos Visa erteilt würden und Repressalien gegen Konvertierte nicht geduldet würden.
Zovastina blickte wieder zum Altar. Das Unterteil des Sarkophags lag weiter im Schatten, und sie konnte nicht erkennen, was sich im Innern des Sarges befand.
»Sie würden sich gut in meinem Team machen«, sagte Zovastina.
»Ich diene gerne der Kirche.«
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr: zwanzig Minuten nach Mitternacht! Viktor sollte längst hier sein. Sie sah durchs Kirchenschiff zu den oberen Bereichen der westlichen Säulenvorhalle, wo nur die goldenen Decken beleuchtet waren. Dort gab es mehr als genug dunkle Winkel für ein Versteck. Und sie fragte sich, ob sie um ein Uhr, wenn sie ihre dreißig Minuten bekam, wirklich allein sein würde.
»Falls die Unterzeichnung dieses Konkordats ein Problem für Sie darstellt, können wir die ganze Sache einfach vergessen«, sagte Michener.
Mit denselben Worten hatte sie ihn am Tag zuvor provoziert.
Sie würde es darauf ankommen lassen.
»Haben Sie einen Stift für mich?«
48
In etwa vierhundert Meter Entfernung entdeckte Malone zwei Bootslichter, die auf dem schwarzen Wasser tanzten, als ob das Boot führerlos dahintriebe.
»Siehst du das da vorn?«, fragte er Stephanie und zeigte auf die Lichter.
Sie stand auf der anderen Seite des Steuerrads. »Das Boot befindet sich außerhalb der markierten Fahrrinne.«
Das war ihm auch aufgefallen. Er fuhr weiter, und bald hatten sie sich dem dahintreibenden Fahrzeug auf wenige hundert Meter genähert. Das Boot, das dem ihren ähnelte, befand sich ohne Zweifel in der Nähe der Untiefen. Plötzlich sah Malone im schummrigen Licht der Armaturen, wie jemand ins Wasser stürzte.
Eine zweite Gestalt tauchte auf, und drei Schüsse hallten durch die Nacht.
»Cotton«, sagte Stephanie.
»Bin schon dran.«
Er riss das Ruder nach links und steuerte direkt auf die Lichter zu. Da schien das andere Boot zum Leben
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