Cover
war Carol gespannt,
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waren ihre Geschmäcker seit jeher sehr un-
terschiedlich gewesen.
Als Carol das zweistöckige Haus ihrer
Freundin gefunden hatte, staunte sie nicht
schlecht, ein kleines, weißes Traumhaus
vorzufinden.
Beeindruckt stieg sie die Veranda hinauf
und klingelte. Deborah öffnete die Haustür,
und beide Freundinnen begrüßten sich über-
schwänglich und fröhlich. Carol wurde sofort hineingebeten und sollte im Wohnzimmer
Platz nehmen. Mit einem Drink in der Hand
erzählten sie sich die neuesten Ereignisse.
Carol versuchte Deborah über die an-
stehende Hochzeit mit Stanley auszu-
quetschen, doch darauf reagierte Deborah
nur sehr verhalten.
»Was ist denn mit dir? Willst du über die
Hochzeit nicht sprechen?«, fragte Carol.
»Ach meine Liebe, das ist kein gutes
Thema. Komm, lass uns shoppen gehen.«
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»Brauchst du noch etwas für deine
Hochzeit?«
»Nein, verdammt!«, rief Deborah, und
lenkte sofort wieder ein. »Tut mir leid. Aber ich bin, wie du merkst, darauf nicht so gut zu sprechen.«
»Willst du mir denn gar nichts darüber
erzählen?«
Deborah zögerte. »Es läuft im Moment
nicht allzu gut. Das ist alles. Stan ist so … wie soll ich sagen: leidenschaftslos. Eigentlich wollte ich nicht gleich am ersten Tag, wo wir uns seit einem halben Jahr nicht gesehen
haben, damit anfangen. Komm, ich zeige dir
meine neue Jacke!«
Carol war bestürzt über die Situation, in
der sich Deborah befand. Mit gemischten
Gefühlen ließ Carol sich erneut zum Shoppen
auffordern.
***
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Es war ein wunderschöner Tag, den beide
sehr genossen. Der Abend hielt allerdings
noch eine Überraschung für Carol bereit.
»Darling? Bin wieder da«, rief eine tiefe,
männliche Stimme, als beide Frauen gemüt-
lich im Wohnzimmer saßen. Jede war mit
einem Glas Melonenbowle bewaffnet und
schon ein wenig beschwipst. Doch mit dieser
sanften und melodischen Stimme schien
Carols Schwips augenblicklich wie weggeza-
ubert. Ihr Herz schlug hart gegen ihre Brust.
»Hallo, Schatz, wir sind im Wohnzim-
mer«, antwortete Deborah.
»Ihr?«, fragte er und blickte zur Tür
herein. »Ach richtig, deine Freundin aus
Seattle.«
»Typisch Mann, vergisst von einer
Minute zur anderen, was man ihm sagt.« De-
borah schüttelte den Kopf und nahm einen
Schluck Bowle.
»Ich habe eben noch andere Dinge im
Kopf. Hallo … Carol.« Er reichte ihr die
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Hand und blickte in ihre Augen. Einen Mo-
ment zu lange, wie Carol schien. Doch auch
sie konnte sich nicht von seinen warmen,
rauchblauen Augen losreißen.
»Na, wenigstens weiß er noch deinen
Namen.«
Stanley überhörte die Spitze und hielt
Carols Hand fest in der seinen. Carol konnte nicht verhindern, dass ihr die Röte ins
Gesicht
schoss
und
ihr
Atem
sich
beschleunigte. Dieser Mann hatte das
gewisse Etwas! Er sah auf seine Art unge-
mein gut aus. Seine dunkelbraunen Haare
waren mittellang, und eine dicke Strähne,
die ihm bis zum Kinn reichte, war ihm bei
der Begrüßung seitlich ins Gesicht gerutscht.
»So, Schatz, vielleicht kannst du dich
auch wieder loseisen. Mach dir keine
Hoffnungen, Carol, dieser Mann ist fasziniert von
allen
weiblichen
Geschöpfen,
Hauptsache, sie heißen nicht Deborah.«
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Die Magie verschwand sofort, und Stan-
ley ließ Carols Hand los. Verärgert warf er
Deborah einen vernichtenden Blick zu. Diese
hatte ihre Beine auf dem Sofa ausgestreckt
und den Kopf schiefgelegt. Mit einem
Schluck stürzte sie ihren Drink hinunter und erhob sich mit den Worten: »Ich hol mir
noch einen. Carol, du auch?«
»Nein, danke.«
Deborah verschwand in der Küche und
ließ die beiden alleine. Peinlich berührt von der Situation wusste Carol nicht, was sie
sagen sollte und blickte sich im Zimmer um,
dessen Bilder sie schon längst bewundert
hatte.
»Wie war deine Reise, Carol?«, fragte
Stanley, während er sich seinen Mantel aus-
zog, ihn über die Sofalehne legte und sich ihr gegenübersetzte.
»Gut.« Sie wurde wieder rot und ärgerte
sich darüber. Er blickte sie an. Sollte er wirklich jeder anderen Frau den Kopf verdrehen?
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Carol konnte nicht mehr denken. Sein Blick
verwirrte sie. »Wie laufen die Hochzeits-
vorbereitungen?«, rutschte ihr raus, obwohl
sie genau das nicht hatte fragen wollen. Nun war es an ihr, die Magie zu zerstören.
»Gut«, antwortete er genauso schlicht
wie Deborah es getan hatte. Wieder blickten
sie sich an. »Wie …«, begann
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