Crashkurs
und dafür Rubel erhalten, die dann wieder in US-Dollar getauscht und nach Amerika überwiesen wurden. Dort wurden sie dringend benötigt, um die übergroßen Löcher zu stopfen.
Aktien in Schwellenländern sind in Boomzeiten eine prima Alternative und bringen oft außergewöhnlich hohe Chancen. Aber in Krisenzeiten erwischt es diese Märkte meist am brutalsten und vor allem: als Erste. Da spielt es nicht einmal eine Rolle, ob deren Wirtschaft gut oder sehr gut läuft. Wenn die US-Investoren Geld brauchen, ziehen sie es zuerst in Übersee ab. Dann kommen zuerst die dortigen Aktienmärkte unter Druck und durch das abfließende Kapital auch deren Wirtschaft, denn da diese Schwellenländer nun dringend Kapital brauchen, müssen sie ihre Zinsen deutlich anheben, um überhaupt wieder Kapital anzulocken. Diese Zinsanhebungen bringen wiederum die einheimische Wirtschaft in Probleme. Schon wieder ein Teufelskreis – und schon wieder haben wir eine neue Asienkrise wie zuletzt 1998.
Da die Ausländer immer mehr Geld abziehen, besteht sogar die Gefahr, dass die Banken vor Ort in Zahlungsschwierigkeiten kommen und auch die Einheimischen ihre Bank stürmen, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen. All das spielte sich bereits 1997/1998 in Ostasien ab. Damals lag der Auslöser für den Kapitalabzug aber in hausgemachten Problemen der asiatischen Volkswirtschaften: Sie hatten zu leichtfertig Immobilienkredite vergeben. Kommt Ihnen das bekannt vor? Es kam zu einem Zusammenbruch des ostasiatischen Wirtschaftsraums. Dieser konnte aber abgedämpft und durch die stabile Wirtschaft in Europa und Nordamerika aufgefangen werden. Doch just die sind ja die Verursacher der Probleme und fallen heute als Retter aus. Wer soll Asien also diesmal retten?
Wohlgemerkt: Das gilt für asiatische Staaten wie etwa Indonesien oder Vietnam. Für China sehe ich diese Entwicklung im Augenblick explizit nicht. China verfügt über 1,6 Billionen US-Dollar Währungsreserven und über eine mittlerweile starke Binnennachfrage. Das Reich der Mitte ist nicht unverwundbar und wird auch wirtschaftlich unter der Entwicklung leiden, jedoch erwarte ich ein deutlich weniger großes Krisenszenario für die nächsten Monate.
Staatsanleihen
Wenn in der Finanzkrise überhaupt etwas als relativ sicher gelten kann, dann sind es Staatsanleihen. Vorausgesetzt, sie sind vom richtigen Staat ausgegeben worden. Anleihen der Bundesrepublik sind wohl kaum in Gefahr, da müsste schon wirklich die Welt untergehen, und selbst dann könnte man noch bei den ersten Anzeichen reagieren. Das klammern wir also aus. Allerdings kann das bei Staatsanleihen einiger asiatischer oder südamerikanischer Länder durchaus anders ausgehen, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Ein Staat kann sehr wohl Bankrott machen oder seinen Zahlungsverpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen.
Wer in Anleihen investieren möchte, muss sich auch über die zu erwartende Zinsentwicklung Gedanken machen. Wichtig ist dabei, den Zusammenhang zwischen dem Kurs einer Anleihe und der Zinsentwicklung zu verstehen. Das bringen viele durcheinander. Bei einer Staatsanleihe »leihen« Sie dem Staat Geld, und der Staat zahlt Ihnen dafür Zinsen. Warum sollten Sie es auch sonst tun. Dieser Zinssatz ist fest mit der jeweiligen Anleihe verbunden und steht für die ganze Laufzeit der Anleihe fest (Sonderformen lassen wir hier außen vor). Sie können diese Anleihe jederzeit an der Börse kaufen und verkaufen. Aber wieso ändert sich der Preis für diese Anleihe immer wieder? Nehmen wir an, Sie bekommen auf eine Anleihe 5 Prozent Zinsen. Da die Zentralbank aber die Wirtschaft ankurbeln will, senkt sie die Zinssätze auf 4 Prozent, damit wieder mehr Menschen Kredit aufnehmen, investieren und konsumieren.
Jetzt freuen Sie sich wie ein Schnitzel, denn Sie haben ja eine Anleihe gekauft, für die Sie fest vereinbarte 5 Prozent Zinsen bekommen. Da kommt ein anderer und sagt: »Hey, wenn ich jetzt eine Staatsanleihe kaufe, bekomme ich ja nur 4 Prozent Zinsen. Ich mache dir einen Vorschlag: Ich kaufe dir deine 5-Prozent-Anleihe ab. Dafür zahle ich dir auch mehr, als du damals bezahlt hast.« Also steigt der Kurs Ihrer Anleihe, wenn die Zinsen sinken. So einfach ist das. Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso. Wenn die Zinsen auf 7 Prozent steigen, haben Sie mächtig schlechte Laune und lassen den Goldfisch hungern, weil Sie für Ihr Geld nur mickrige 5 Prozent bekommen. Wenn Sie diese Anleihe jetzt verkaufen wollen, wird man sie
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