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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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rundliche Frau, die mit Anfang fünfzig Witwe geworden war und jetzt auf die Sechzig zuging. Sie hatte ohne Bedenken ihre Mietwohnung aufgegeben und war in das Apartment gezogen, das Fenwick für das damalige Kindermädchen hatte anbauen lassen, und es machte ihr sichtlich Spaß, einen größeren Haushalt zu führen.
    Er hatte versucht, sie davon zu überzeugen, kein wohlhabender Mann zu sein, obwohl er ein so großes Haus hatte, das er sich aber nur durch das Geld von der Versicherung leisten konnte, wie er ihr mehrfach erklärt hatte. Letztlich musste er sie förmlich zwingen, entsprechend bescheiden zu leben, und das ging nur durch eine Kürzung des wöchentlichen Haushaltsgeldes. Jetzt, so vermutete er, hielt sie ihn für wohlhabend, aber knickerig, was sie wahrscheinlich auf sein schottisches Blut mütterlicherseits zurückführte. Alice war eine Frau, die nichts dagegen hatte, in Klischees zu sprechen, um nur ja keine Zeit für einen vielleicht originellen Gedanken zu vergeuden. Davon und von ihrer gelegentlichen Verschwendungssucht abgesehen, passte sie gut zu seiner Familie. Sie war warmherzig, bestimmt, aber nicht streng, eine gute Köchin, und sie mochte Kinder.
    »Hier riecht’s aber lecker.«
    »Hackfleischauflauf mit Weißkohl. Aber keine Bange. Das Rindfleisch hab ich selbst durch den Fleischwolf gedreht, und es war ein gutes Stück. Ich dachte …«
    »Köstlich. Wann können wir essen?«
    »In einer halben Stunde. So früh hab ich nicht mit Ihnen gerechnet. Sie können noch was mit den Kindern spielen …«
    Er ging zurück und sah sich den Zeichentrickfilm an, dann noch einen, bis das Essen auf dem Tisch stand. Der Auflauf war ein Gedicht, der Kohl darin sicherlich gesund. Zwei Gläser von seinem besten Rotwein waren ein bisschen übertrieben, aber sie halfen ihm, zufrieden und entspannt ins Wochenende zu gleiten.
    Die Kinder machten ein wenig Theater, als sie ins Bett sollten, aber schließlich fügten sie sich. Um neun Uhr schaltete er den Fernseher ein, um sich einen Film anzusehen, füllte sein Weinglas erneut und machte es sich mit einem kleinen, behaglichen Seufzer bequem. Alice war oben und sah sich eine auf Video aufgenommene Serie an. Das Haus war still, endlich hatte er Zeit für sich. Er hätte zufrieden sein müssen, wurde aber im Laufe des Abends immer unruhiger.
    In seinem gemütlichen Sessel überlegte er, was mit ihm los sein könnte, und kam zu dem unangenehmen Schluss, dass er entweder einsam war oder sich langweilte, vielleicht beides. Monique war nun seit über drei Jahren im Krankenhaus. Die einzige Affäre, die er in dem Jahr nach ihrer Erkrankung gehabt hatte, war eine Katastrophe gewesen, die ihn Karriere und Familie hätte kosten können. Seitdem behielt er seine Gefühle und seine Leidenschaft fest unter Kontrolle.
    In derselben Nacht träumte er von Claire Keating, nur dass es gar nicht Claire war, als er in ihr Gesicht sah. Hinter ihren Augen verbarg sich eine andere Frau. Um drei Uhr morgens hatte Bess wieder einen Albtraum, und diesmal wurde sie wach. Er beruhigte sie, bis ihr Atem langsamer ging und sich ihre Finger, die fest die Bettdecke umklammerten, entspannten.
    Am nächsten Vormittag kaufte er mit Bess Leopardenschuhe unter der strikten Bedingung, dass sie nur auf Partys getragen würden. Sie waren neonlila und weiß gemustert, Farben, die ihn verblüfften und Bess gleichermaßen begeisterten. Christopher bekam einen Action-Man-Panzer, und für wenige Stunden war sein Vater wieder ein Held. Sein Sohn verteilte Wertschätzung nur zurückhaltend, in unregelmäßiger Dosierung, wobei er Fenwicks Allwissenheit und Zuneigung zwischendurch fast grausamen Tests unterzog. Er spürte bereits dunkel, wie provokant und aggressiv ihm sein Sohn in nicht mehr allzu ferner Zukunft begegnen würde, als wüsste er, nachdem er von der Mutter im Stich gelassen worden war, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, bis auch der Vater ihn enttäuschte. Fenwick hatte seinen eigenen Vater kaum gekannt und wollte auf keinen Fall, dass Chris so lieblos aufwuchs wie er damals.
    Trotz der gelegentlichen Regenschauer war es ein schöner Einkaufsbummel, den sie schließlich mit einem Besuch in ihrem Lieblingscafé krönten. An einem etwas abgeschiedenen Ecktisch tranken die Kinder zufrieden ihre Milchshakes und Fenwick seinen Kaffee, als Chris plötzlich sein Glas wegschob.
    »Daddy?«
    »Ja, Chris.«
    »Kommt Mummy je wieder?«
    Er sagte es ganz normal, ganz ruhig. Es war, als wollte

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