Crescendo
lächelte.
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TEIL VIER
Wenn eine Frau nicht fähig ist, zum Schutze des Mannes, den sie liebt, eine gute Lüge zu erfinden, hat siedie Bezeichnung Ehefrau nicht verdient.
Elbert Hubbard
Rachsucht erfüllt mein Herz, Tod meine Faust, Blut und Verderben toben mir im Haupt.
William Shakespeare
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Kapitel neunundzwanzig
»Weiß sie denn, dass wir kommen?« Fenwick fühlte sich eigenartig. Trotz der Hitze fröstelte ihn; vielleicht bekam er eine Erkältung.
»Ja. Ich habe klipp und klar drei Uhr gesagt.« MacIntyre blickte Fenwick finster an und bereute schon, dass er dem Commander versprochen hatte, wegen des Drucks vom Innenministerium Profilerin Ball persönlich aufzusuchen.
Sie traf um fünf Minuten nach drei ein und überging den ärgerlichen Blick des Superintendent mit einem Lächeln. In ihrem Büro vergaß MacIntyre alle Diplomatie und fragte sie eindringlich, für wie wahrscheinlich sie es hielt, dass Täter A und B sich persönlich kannten.
»Ich halte es für möglich, Superintendent, wie auch schon in meinem Bericht erwähnt, aber mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen. Es könnte ein Zufall sein, dass zwei Täter ihren Opfern einen Finger abschneiden, dass sie exakt denselben Frauentyp wählen – Aussehen, Alter, Körperbau –, und in denselben Städten Frauen überfallen. Aber ich glaube eher nicht an einen Zufall.«
MacIntyre sah eindeutig verärgert aus. Fenwick wusste nicht, ob er sich über Professor Balls Meinung freuen oder verstimmt sein sollte, weil MacIntyre noch immer so skeptisch war.
»Ich hätte da ein paar neuere Informationen für Sie.«
Er erzählte Ball, was er über Griffiths’ Kindheit und seine 482
Zeit in Heimen herausgefunden hatte, von seinen Pflegeeltern, den Smiths, die irgendwann spurlos verschwunden waren, und er erwähnte das von Robyn entdeckte Verbrechens-muster aus der Schulzeit von Griffiths und David Smith junior. MacIntyre hörte auf, hin und her zu tigern, und fing an, sich Notizen zu machen.
»Faszinierend! Das lässt auf eine starke Bindung zwischen den Jugendlichen schließen, noch verstärkt durch diese kleineren Delikte. Erzählen Sie mir mehr über die Kusine, Wendy Smith.«
»Mehr weiß ich nicht, Professor Ball. Meine Theorie ist, dass sie von Smith junior vergewaltigt wurde oder so eingeschüchtert und psychisch abhängig war, dass sie sich vermeintlich freiwillig darauf eingelassen hat. Ich denke, es ist passiert, als sie noch minderjährig war, und ihr Vater ist dahinter gekommen. Frederick Smith ist ein Verlierertyp, dem durchaus zuzutrauen wäre, dass er seinen Bruder erpresst hat.
Das würde die regelmäßigen Barabhebungen erklären. Als die Lehrerin Wallace Smith senior das Verhalten seines Sohnes schilderte, hat er gesagt, etwas Ähnliches sei schon mal vorgekommen.«
»Und wo ist Wendy jetzt?«
»Wir suchen noch nach ihr.«
»Seien Sie vorsichtig. Möglicherweise ist sie noch immer mit ihm zusammen.«
»Könnte B denn überhaupt eine dauerhafte Beziehung führen? Ich meine, falls er ein Serienvergewaltiger und Mörder ist, müsste doch eine eventuelle Partnerin längst Verdacht geschöpft und ihn verlassen haben.« MacIntyre schien nicht gewillt, seine Skepsis hinsichtlich der Identität von Täter B
aufzugeben.
»Leider Gottes ergibt sich das eine nicht automatisch aus 483
dem anderen. Ich könnte Ihnen ein Dutzend der schlimmsten Sexualmörder aufzählen, die eine Ehefrau oder feste Freundin hatten. Das ist nicht ungewöhnlich, vor allem nicht bei jemandem, der so überzeugend und charmant auftritt wie Täter B. Man sieht nur, was man auch sehen will, Gentlemen.«
Fenwick schüttelte angewidert den Kopf.
»Und Griffiths? Hatten die ein Dreiecksverhältnis?«
»Wohl kaum. Täter B, also Smith in Ihrer Theorie, ist das dominante Element der Gruppe. Vielleicht hat er Wendy gelegentlich Griffiths überlassen, gewissermaßen zur Belohnung, aber eine Beziehung dürften die beiden nicht geführt haben.«
»Wir müssen los.« MacIntyre drängte plötzlich zum Auf-bruch.
»Noch eine Frage.« Fenwick sah Professor Ball an, während MacIntyre wieder anfing, auf und ab zu gehen.
»Täter B hat bei den letzten beiden Überfällen versagt. Ein Opfer hat überlebt, weil er es zum Ertrinken in einer Höhle am Meer zurückließ und die Flut wider Erwarten nicht hoch genug stieg. Das zweite – und ich bin mir darüber im Klaren, dass nur ich denke, B ist der Täter – wurde von einem Taxifahrer gerettet, der seinen Mut
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