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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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selbst auf diese Entfernung spüren konnte, wie zum Sprung bereite Katzen.
    Ein alter Mann kam aus einem Durchgang auf den Platz gelaufen und blickte ängstlich über die Schulter. Die Bande hatte sich anscheinend aufgeteilt – in Treiber und Fänger.
    Nightingale musste tatenlos zuschauen, wie die beiden Jungs ihrem Opfer auflauerten, sie konnte ohne Funkgerät keine Hilfe rufen. Der alte Mann hatte seine Angreifer fast erreicht, doch der Platz blieb leer. Nightingale musste sich entscheiden – zuschauen und warten, in der Hoffnung, dass Hilfe kam, oder ihr Versteck aufgeben, um den alten Mann vor Schaden zu bewahren, aber mit dem Risiko, dass die Angreifer das Weite suchten. Im Grunde hatte sie keine Wahl.
    Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi, aber sie bewegte sich, so schnell sie konnte, und legte dabei die Schutzweste an. Draußen war es, als würde sie durch Wasser laufen. Der 131

    Platz war riesig, der alte Mann viel zu weit entfernt. Einer der Jungs hatte schon einen Arm um seinen Hals.
    »Polizei.« Ihr Schrei war ein schwaches Krächzen. Sie räusperte sich und versuchte es erneut. »Polizei!«
    Schon besser. Ein weiterer Ruf erschallte, wie ein Echo,
    »Polizei«, aus dem Mund von Richard, der weit hinter ihr auf den Platz gelaufen kam. Auch er trug seine Schutzweste.
    Die Teenager ließen ihr Opfer einfach zu Boden fallen und rannten auf Nightingale zu. Sie hatte gedacht, sie würden abhauen, doch sie hatte ihr Aggressionspotenzial unterschätzt.
    Als sie schon ziemlich nah waren, erkannte sie an ihren Augen, dass sie unter Drogen standen. Dann sahen die beiden Richard. Sie zögerten, und der jüngere der beiden wich Richtung Durchgang zurück. Zu zweit gegen eine Frau hätten sie vielleicht eine Chance gehabt, aber Richard erweckte den Eindruck, dass er zu allem entschlossen war.
    Nightingale verlangsamte ihren Laufschritt, damit Richard sie einholen konnte.
    »Los, komm. Wir machen die Biege!« Der Jüngere wollte Reißaus nehmen, aber sein Kumpel achtete nicht auf ihn. Mit loderndem Blick ging er vor Richard in Angriffsstellung.
    »Verzieh dich, du Arschloch.«
    Richard blieb stehen, als er Nightingale erreicht hatte. Der Junge fuchtelte wie wild mit einem Messer herum, während Richard die Hände hochhielt, Handflächen nach außen, als Friedensgeste.
    »Ist ja gut, Junge. Lass das Messer fallen.« Er war außerhalb der Reichweite des durchgedrehten Burschen, aber nicht vor einem plötzlichen Angriff geschützt.
    Der Junge hörte gar nicht zu. Er schwang jetzt wieder aufgeregt das Messer und tanzte von einem Fuß auf den anderen.
    Der alte Mann lag reglos auf der Erde.

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    »Verzieh dich, du verdammtes Arschloch. Einen Schritt und ich mach dich kalt.«
    »Immer mit der Ruhe. Ich tu ja nichts, ich bleib einfach nur hier stehen.« Richard warf Nightingale einen Blick zu und flüsterte leise aus den Mundwinkeln.
    »Wo bleibt die Verstärkung? Ich hab sie angefordert. Die müssten längst da sein.«
    »Sie haben mein Funkgerät«, murmelte sie so leise wie möglich, damit der Junge nichts verstand. Der geriet allmählich in Panik. Seine Augen huschten von einer Seite zur anderen, als würde er krampfhaft überlegen, wie und wann er am besten angreifen sollte.
    »Schnauze, ihr Bullen.« Der Junge kam einen Schritt nä-
    her. Adrenalin rauschte Nightingale durch den Körper. Ob halbes Kind oder nicht, der Bursche war imstande, sie beide zu töten.
    Hinter ihnen ertönten Stimmen. Sechs Beamte kamen um die Ecke des Blocks gestürmt, der am weitesten entfernt war.
    Der Junge sah sie und drehte durch. Statt wegzulaufen, sprang er vor und stieß mit dem Messer nach Richard. Die Klinge rutschte von der Schutzweste ab, erwischte ihn aber am Unterarm. Augenblicklich wurde das Hemd rot. Beim Anblick des Blutes rastete der Junge vollends aus. Er stach wie wild drauf los und schnitt Richard, der den Angriff abwehren wollte, die Handflächen auf.
    Überall war Blut, pumpte hellrot aus der Schlagader. Nightingale versuchte, die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu lenken, indem sie ihn anschrie, zum Angriff herausforderte, doch der Junge hatte nur Augen für den Mann. Sie sah, wie Richard stolperte, das Gesicht kalkweiß, und sie griff nach ihm, um ihn zu stützen. Sie presste eine Hand mit aller Kraft auf die stark blutende Wunde, und sie wichen beide vor dem 133

    Jungen zurück, der prompt wieder aufschloss. Wie ein wildes Tier, dessen Killerinstinkt durch den Geruch und den Anblick von Blut geweckt worden

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