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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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Fluchtmöglichkeiten zu sichern. Die Leute an der Peri-pherie sind zu weit weg, wenn ein Überfall passiert.«
    Blite blickte sie erstaunt an, und nur seine Knollennase und die tränenden Augen milderten seine Verachtung.
    »Sergeant, wenn ich Ihre Meinung hören will, melde ich mich. So, jetzt keinen Ton mehr und alle auf ihre Posten, bevor wir noch die ganze Siedlung aufwecken.«
    Rike zog Nightingale am Ärmel, und sie folgte ihm.
    »Das war mutig«, sagte er mit einem Seitenblick zu ihr,
    »aber es bringt nichts, das hätte ich Ihnen gleich sagen können. Ich hab schon so oft mit ihm zusammengearbeitet, dass ich mir gar nicht mehr die Mühe mache. Uns passiert schon nichts, er hat meistens ein Teufelsglück. Ich schätze, er hat seine Seele verkauft.«
    »Hauptsache, er verkauft nicht auch noch unsere.«
    Rike öffnete eine fettfleckige Tüte und hielt sie ihr hin.
    »Schinkensandwich? Von Linda, meiner Frau. Sie ist extra früh aufgestanden, um mir welche zu machen.«
    Er sagte das mit Stolz, und sie nahm eins, um ihn nicht zu kränken.
    »Wieso betraut Superintendent Quinlan Blite mit so schwierigen Sachen?«
    »Und nicht Fenwick, meinen Sie?« Er musterte sie scharf, aber sie war eine gute Pokerspielerin. »Es wird gemunkelt, dass Harper-Brown möglichst bald ein paar Erfolge mehr auf Blites Konto sehen will. Er denkt, Quinlan hat ihn zu sehr im Hintergrund gehalten.«

    126

    Das konnte sein. Die Gerüchteküche, die sich nur selten irrte, hatte vermeldet, dass für eine Beförderung inzwischen wieder mehr »konkrete« Polizeierfahrung verlangt wurde.
    In dem stinkenden Versteck fröstelte Nightingale und unterdrückte wieder ein Niesen. Sie schimpfte innerlich auf Blites virenverseuchte Einsatzbesprechungen. Die erste Flasche Wasser war schnell leer, aber da sie so stark schwitzte, brauchte sie sich kein anderes Zimmer zu suchen, wo sie sich ungestört erleichtern konnte. Der Schüttelfrost fing vor acht Uhr an, und sie nahm zwei Nurofen. Rike schien wohlauf.
    »Ich bin nie erkältet. Hab die Konstitution eines Ochsen.
    Mein Großvater ist dreiundneunzig geworden, und zwei seiner Schwestern leben noch. In meiner Familie werden alle alt. Donut? Bei Erkältung soll man essen, sagt man.«
    Nightingale schüttelte den Kopf und rieb sich mit einer der eiskalten Flaschen die Stirn. Schweiß rann ihr zwischen den Brüsten und den Rücken hinab. Richard ging Kaffee holen, und diesmal merkte er sich ihre Bestellung. Sie trank die bittere, schwarze Flüssigkeit, und auf einmal war ihr nicht mehr heiß, sondern sie fror. Es fühlte sich eher nach einer Grippe an, und sie verfluchte ihren Körper wegen seiner Schwäche. Das spielt sich alles bloß im Kopf ab, redete sie sich ein und musste dreimal niesen. Ihr Funkgerät krächzte laut, und Richard eilte hin, um es leiser zu stellen. Detective Inspector Blite meldete sich aus der Einsatzzentrale und schickte Rike zu einem anderen Beobachtungsposten etwa dreißig Meter entfernt. Er schob sich das Funkgerät in die Tasche und wandte sich zum Gehen.
    »Hier, nicht vergessen.« Nightingale reichte ihm seine ku-gelsichere Weste, und er tippte sich zum Dank an die Stirn.
    Eine Stunde später sah sie ihn in seinen schmuddeligen Hemdsärmeln auf und ab gehen, um sich die Beine zu vertre-127

    ten. Ihre eigenen Muskeln verkrampften sich solidarisch, und der Rücken tat ihr weh. Irgendwo in ihrem Kopf sagte eine Stimme, dass es vernünftig wäre, sich krank zu melden, doch dann fiel ihr ein, dass es Blite um einiges schlimmer erwischt hatte, und sie schätzte, dass er ihr bestimmt nur sagen würde, sie solle auf ihrem Posten bleiben. Aber als sie sich dabei er-tappte, dass sie auf dem Weg war, die Wohnung zu verlassen, um frische Luft zu schnappen, ließ ihre Dummheit sie erschaudern. Jetzt hatte sie keinen Zweifel mehr, dass sie nach Hause musste. Ein Anruf bei der Einsatzleitung, und Ersatz wäre unterwegs.
    Sie sah sich nach ihrem Funkgerät um, doch es war nirgends zu sehen. Rike hatte es bestimmt aus Versehen eingesteckt, nachdem er es leise gedreht hatte. Aber sie hatte ja noch ihr Handy. Die Nummer des Präsidiums in Harlden war gespeichert, und sie wartete ungeduldig, dass sich die Zentrale meldete.

    Als D. I. Blite zusammenbrach, gab es im Einsatzraum einige Unruhe. Sergeant John Adams, der als Ersthelfer ausgebildet war, genoss es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, doch seine Freude ließ jäh nach, als er auf Blites korpulente Gestalt blickte und daran

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